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Liebe geht durch das Mikrobiom

09.02.2024 | TU Graz news

Von Falko Schoklitsch

Wenn wir uns verlieben, spielen die Mikroorganismen, die unseren Körper besiedeln, eine entscheidende Rolle. Der Grund dafür liegt in der Evolutionsgeschichte.

Wenn uns ein Mensch gefällt, hat auch das Mikrobiom seine Finger im Spiel. Bildquelle: Adobe Stock - metamorworks

Ob Liebe auf den ersten Blick oder eine Bekanntschaft, aus der erst mit der Zeit mehr wird – am Beginn jeder Beziehung gibt es den einen Punkt, an dem es „Klick“ zwischen zwei Menschen macht. Dass es dazu kommt, liegt an unserer Evolutionsgeschichte und hat nicht nur mit offensichtlichen Gründen wie optischer Attraktivität oder gemeinsamen Interessen zu tun. Vielmehr hat es die Natur so eingerichtet, dass die Partner*innenwahl auch von unserem Mikrobiom, also der Gesamtheit der Mikroorganismen, die auf und in uns leben, beeinflusst wird.

Je unterschiedlicher, desto besser

„Die Wahl der Partnerin oder des Partners funktioniert nicht nur über Schönheit, sondern ganz besonders über volatile Substanzen, über körpereigene Duftstoffe, und die werden vom Mikrobiom produziert. Und je unterschiedlicher das Gegenüber hier im Vergleich zu uns selbst besiedelt ist, desto attraktiver finden wir die Person“, erklärt Gabriele Berg, Leiterin des Instituts für Umweltbiotechnologie der TU Graz. Die Evolution hatte hier insofern ihre Finger im Spiel, weil das Immunsystem sich im Laufe ihrer Geschichte ständig anpassen musste und nach wie vor muss, um sich gegen neue Erreger und Umwelteinflüsse zu rüsten. Die besten Chancen für eine derartige Anpassung haben Nachkommen mit einem möglichst diversen Immunsystem.

„Daher ist es aus evolutionärer Perspektive sinnvoll, sich mit jemandem fortzupflanzen, die oder der ein ganz anderes Immunsystem hat als man selbst“, sagt Berg. Da die Zusammensetzung des Mikrobioms stark vom Immunsystem getrieben wird, schließt sich in Nachkommen dann der Kreis, der seinen Ausgang bei der mikrobiombedingten Wahl der Partnerin oder des Partners genommen hat.

Wir bremsen die Natur selbst aus

Dass dieser natürliche Mechanismus des Verliebens nicht immer funktioniert, liegt übrigens an uns Menschen selbst: Wir verdecken unsere eigenen Duftstoffe nur allzu gerne mit Parfums oder Deodorants, und medikamentös bedingte Veränderungen des Hormonspiegels, etwa durch die Antibabypille, beeinflussen die körpereigene „Ausstrahlung“ ebenfalls. „Es gibt viele Studien, die das zeigen. Wobei man natürlich dazu sagen muss, dass letztendlich andere Faktoren schon auch eine Rolle spielen.“

Der Einfluss anderer Faktoren betrifft die Langzeitaussichten einer Beziehung noch mehr. Denn nur weil die Natur zwei Menschen zusammenbringt, die Nachkommen mit einem möglichst diversen Immunsystem zeugen könnten, heißt das nicht, dass sie sich an einem langen Liebesglück beteiligt. „Die Evolution ist in dem Fall so egoistisch, dass sie Menschen nur wegen der guten Fortpflanzungsaussichten zusammenbringt, auch wenn diese Menschen vielleicht nicht so viele gemeinsame Interessen haben. Für eine Langzeitpartnerschaft würden sich manche wohl lieber andere Partnerinnen oder Partner suchen“, meint Gabriele Berg.

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