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TU Graz/

Übertriebene Hygiene fördert Antibiotikaresistenz


von Christoph Pelzl veröffentlicht am 07.03.2019,
aktualisiert am 08.11.2019

Übertriebene Hygiene fördert Antibiotikaresistenz

Grazer Forschende präsentieren in Nature Communications erste Ansätze, wie die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen in Krankenhäusern verhindert werden kann.
Eine Laborsituation, eine Hand mit einer Forschungspipette, die an einen kleinen gelben Messzylinder andockt. Am Tisch ist weiteres Labormaterial zu sehen, die Person trägt einen weißen Kittel
Untersuchungsgegenstand war unter anderem die Intensivstation der Universitätsklinik für Innere Medizin am LKH-Universitätsklinikum Graz; © Med Uni Graz

Weiteres Bildmaterial zum Download am Ende der Meldung

Weltweit steigt die Zahl der Menschen, die an antibiotikaresistenten Keimen erkranken und sterben. Die Weltgesundheitsorganisation WHO sieht eine der wichtigsten globalen Herausforderungen darin, die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen zu verstehen und Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Hierzu initiierte Gabriele Berg, Leiterin des Instituts für Umweltbiotechnologie der TU Graz, eine interdisziplinäre Zusammenarbeit im Rahmen ihres durch den FWF geförderten Forschungsprojektes Plant-associated microbial communities in indoor environment. Dabei wurde untersucht, wie die mikrobielle Kontrolle – das Ausmaß der Reinigungs- und Hygienemaßnahmen – die Entwicklung von Resistenzen beeinflusst. Die Forschung erfolgte gemeinsam mit nationalen Partnern der Medizinischen Universität Graz im Rahmen der interuniversitären Kooperation von BioTechMed-Graz sowie mit internationalen Partnern. Die Ergebnisse der Forschungsarbeit wurden jetzt in Nature Communications publiziert.

Vergleich von mikrobiell stark und mikrobiell kaum kontrollierten Räumen

Die Forschenden verglichen das Mikrobiom sowie das Resistom – also alle vorhandenen Mikroorganismen und Antibiotikaresistenzen – an der Intensivstation der Universitätsklinik für Innere Medizin am LKH-Universitätsklinikum Graz mit mikrobiell stark kontrollierten Reinräumen der Luft- und Raumfahrtindustrie sowie mit öffentlichen und privaten Gebäuden, die mikrobiell kaum kontrolliert werden. Die Analysen zeigen, dass in Räumen mit hohem Hygieneniveau die mikrobielle Vielfalt abnimmt, sich aber die Diversität der Resistenzen erhöht. „In stark mikrobiell kontrollierten Umgebungen der Intensivstation und der industriell genutzten Reinräume finden sich vermehrt Antibiotikaresistenzen, die ein hohes Potential aufweisen, sich mit Krankheitserregern zu verbinden“, erklärt Studienleiter Alexander Mahnert vom Institut für Umweltbiotechnologie der TU Graz, der jetzt an der Medizinische Universität Graz forscht.

Erste Maßnahmen zur Verhinderung von Resistenzen

Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass eine stabile mikrobielle Vielfalt in klinischen Bereichen der Ausbreitung von Resistenzen entgegenwirkt. „Die mikrobielle Kontrolle von Krankheitserregern wird schon bei Kulturpflanzen und auch am Menschen im Rahmen der Stuhltransplantation erfolgreich angewendet. Unsere Studie ist eine erste Basis dafür, solche Ideen zukünftig auch in Innenräumen zu verfolgen“, so Berg. Regelmäßiges Lüften, Zimmerpflanzen, der gezielte Einsatz von nützlichen Mikroorganismen oder die Reduktion von antibakteriellen Reinigungsmitteln könnten erste Strategien sein, um die mikrobielle Vielfalt zu erhalten oder zu verbessern.  

In einem nächsten Schritt möchte das Forschungsteam an der TU Graz nun biotechnologische Lösungen für eine maßgeschneiderte mikrobielle Vielfalt entwickeln und implementieren.   

Wenn Sie mehr über die Mikrobiomforschung an der TU Graz erfahren möchten, lesen Sie jetzt den Planet research-Artikel "Mikrobiom: Der winzige Motor unseres Planeten". 

Kooperationspartner

Institut für Umweltbiotechnologie der TU Graz; Universitätsklinik für Innere Medizin der Medizinischen Universität Graz; BioTechMed Graz; Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft, Universität Wien; Department of Life Sciences, Ben-Gurion University of the Negev Israel; Centro Nacional de Biotecnologia, CSIC, Madrid, Spanien

Das Forschungsprojekt Plant-associated microbial communities in indoor environment ist im Field of ExpertiseHuman & Biotechnology“ verankert, einem von fünf Forschungsschwerpunkten der TU Graz.

Kontakt

Gabriele BERG
Univ.-Prof. Dipl.-Biol. Dr.rer.nat.
TU Graz | Institut für Umweltbiotechnologie
Petersgasse 10-12/I, 8010 Graz
Tel: +43 316 873 8310
gabriele.bergnoSpam@tugraz.at

Alexander MAHNERT
Dr. techn. Msc. Bakk. rer. nat.
Interactive Microbiome Research
Medizinische Universität Graz, Auenbruggerplatz 15, 8036 Graz
Tel: +43 316 385 72815
alexander.mahnertnoSpam@medunigraz.at