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TU Graz/

Mysteriöse Temperatur am Rand eines Quantensystems


von Birgit Baustädter veröffentlicht am 04.12.2025 Forschung

Mysteriöse Temperatur am Rand eines Quantensystems

Viktor Eisler befasst sich mit der Verschränkung von Quanten-Vielteilchensystemen und damit, wie sie sich besser beschreiben lässt.
zwei Kugeln, die mit einem hellen Strich verbunden sind.
Verschränkung in der Quantenphysik. Bildquelle: KI, Adobe Stock

„Wir haben schon viele Vorhersagen der Quantentheorie experimentell bestätigen können“, erklärt Viktor Eisler, der als Physiker gerade von der TU Graz an die Uni Graz wechselt. Über den großen NAWI-Graz-Physik-Verbund bleibt er aber weiterhin mit der Technischen Universität Graz verbunden. Die Quantenphysik ist sein Forschungsgebiet: „Es sind natürlich immer noch viele Fragen offen. Zum Beispiel zum Kollaps der Wellenfunktion oder auch zur Verschränkung.“

Einfache Quantensysteme

Letzteres ist Teil seiner wissenschaftlichen Forschung. Er untersucht, wie sich die Verschränkung in einfachen Quantensystemen beschreiben lässt. Verschränkung bedeutet, dass in Quantensystemen zwei Teilchen auch über große Distanzen miteinander verbunden sind. Teilchen können in der Quantenphysik mehrere Zustände gleichzeitig einnehmen: die sogenannte Superposition. Jeder Zustand trifft nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit ein. Und erst bei einer Messung „entscheidet“ sich das Teilchen instantan, welchen Zustand es aktuell hat. Quantensysteme werden mathematisch mit der Wellenfunktion beschrieben. Wird ein System gemessen und nimmt einen eindeutigen Zustand an, dann spricht man vom „Kollaps der Wellenfunktion“. Sind zwei Teilchen verschränkt und nur eines davon wird gemessen, dann nimmt auch das zweite Teilchen sofort den eindeutigen Zustand an. Die Quantenebene betrifft die kleinsten Teile, aus denen unsere Welt besteht. Sie bewegt sich also im mikroskopischen Bereich. Im Gegensatz dazu beschäftigt sich die klassische Physik mit der makroskopischen Ebene, also der Welt, die wir sehen können.

Vielteilchen-Systeme

In seiner Arbeit erforscht Viktor Eisler quantenmechanische Vielteilchen-Systeme und möchte deren Eigenschaften auf die Spur kommen. In diesen quantenmechanischen Systemen lassen sich nämlich Effekte beobachten, die wir aus der Welt der klassischen Physik nicht kennen. Eisler versucht, mathematische Beschreibungen dafür zu finden und nutzt etwa eine Analogie zur Thermodynamik aus der klassischen Physik. Ein klassisches System hat immer auch eine Temperatur, dessen Temperatur durch die Umgebung festgelegt wird – ein sogenanntes Wärmebad. Die Energieschwankungen im System werden durch die Boltzmann-Verteilung beschrieben, in die die Temperatur einfließt. Kühlt man ein System auf den absoluten Nullpunkt herunter, dann verschwinden diese Energieschwankungen. Trotzdem gibt es weiterhin Quantenschwankungen. Diese ergeben sich aus der Ungewissheit, die sich durch die Wahrscheinlichkeit in der Wellenfunktion bildet. Das liegt eben daran, dass Quantenteilchen in der sogenannten Superposition mehrere Zustände einnehmen können und jeder Zustand nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit bei einer Messung eintritt. Entferne ich einen Teil aus einem verschränkten Quantensystem, dann bleibt die Ungewissheit über den Zustand des anderen Teilchens.

„Die termische Beschreibung eines klassischen Systems kann in einem Quantensystem mit einem Verschränkungsoperator beschrieben werden, einem mathematischen Ausdruck, der das Verhältnis von Energie zu Temperatur ersetzt. Und unsere Forschungsfrage ist, welche Rolle dieser Operator spielt“, so Eisler.

Temperatur am Untersystem-Rand

In einem Untersystem ist der Verschränkungsoperator und damit auch die effektive Temperatur auf einen Ort begrenzt. Wenn das Gesamtsystem auf Temperatur 0 gekühlt ist, dann sollte die Temperatur auch in allen Untersystemen 0 sein. In der quantenmechanischen Beschreibung sieht es aber wegen der Teilchenverschränkung so aus, als gäbe es am Rand der Untersysteme doch eine Temperatur. Je weiter weg vom Rand man das Untersystem betrachtet, desto weiter geht die vermeintliche Temperatur gegen 0. „Wir konnten so also zeigen, welche Struktur die Verschränkung hat und dass sie tatsächlich vom Rand des Systems ausgeht.“

Die Ergebnisse wurden bereits mittels Experimenten in Innsbruck überprüft und bestätigt. „Unsere Kolleg*innen haben den Verschränkungsoperator bereits genutzt, um den Zustand ihrer Experimente offenzulegen. So wird das Problem tatsächlich experimentell behandelbar.“

In Zukunft möchte sich Eisler weiterhin dem Thema der Verschränkungsoperatoren widmen, aber noch stärker in komplizierte, topologische Systeme gehen, die in weiterer Folge für Quantencomputer relevant sein können.

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TU Graz-Professor Martin Schultze erklärt die Quantenphysik.

Kontakt

Viktor EISLER
Priv.-Doz. Dr.
Institut für Theoretische Physik - Computational Physics
Petersgasse 16/II
8010 Graz
Tel.: +43 316 873 8176
viktor.eislernoSpam@tugraz.at