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TU Graz/

Am Weg zu einer wirklich intelligenten KI


von Birgit Baustädter veröffentlicht am 05.09.2025 Forschung

Am Weg zu einer wirklich intelligenten KI

Ozan Özdenizci ist seit Mai an der TU Graz im Projekt Bilateral AI tätig und Teil eines großen Ganzen, das künstliche Intelligenz auf eine breitere Basis stellen will.
ein Portrait von Ozan Özdenizci
Ozan Özdenizci beschäftigt sich mit der Weiterentwicklung von künstlicher Intelligenz. Bildquelle: Baustädter - TU Graz

KI-Modelle werden häufig mit frei verfügbaren Daten aus dem Internet trainiert, die ursprünglich aber gar nicht dafür gedacht waren“, erklärt Ozan Özdenizci. „Die Trainingsdaten sollten eigentlich gar nicht sichtbar sein, aber mit gezielten Fragen oder einfachem Herumspielen mit einer KI haben Nutzer*innen sogar schon Telefonnummern oder Adressen von anderen Personen finden können.“ Das ist ein Sicherheitsproblem, dem sich der Forscher unter anderem widmet. Seit Mai ist Ozan Özdenizci als Assistant Professor an der TU Graz und im Projekt Bilateral AI tätig, wo er gerade seine Forschungsaktivitäten aufsetzte. Sein Spezialgebiet sind Sicherheit und Datenschutz in kleinen und effizienten KI-Modellen, die zum Beispiel auf einem Mobiltelefon laufen könnten. Im Gegensatz dazu stehen die großen und bekannten Large Language Models, die auf Cloud-Servern trainiert werden und arbeiten. „Bei den kleinen Modellen können wir die  Datenschutzmaßnahmen der großen Modelle nicht nutzen, weil sie völlig anders funktionieren.“ Die Lösung liegt, so der Forscher, vor allem im Design der Algorithmen, also ganz an der Basis der KI-Modelle. Im Projekt plant er vor allem Kooperationen mit Forschenden aus der symbolischen KI und möchte Methoden aus diesem Bereich integrieren, die allgemein für verbesserte Sicherheit sorgen könnten. „Ziel ist es, maßgeschneiderte Algorithmen für kleine KIs zu entwickeln.“

Der vom Wissenschaftsfonds FWF geförderte Cluster of Excellence Bilateral AI ist ein gemeinsames Forschungsprojekt von TU Graz, JKU Linz, Universität Klagenfurt, WU Wien, TU Wien und dem Institute of Science and Technology Austria. Ziel ist es, künstliche Intelligenz auf das nächste Level zu heben und einen weiteren Schritt hin zu einer breiten künstlichen Intelligenz zu tun. Im Zentrum stehen die derzeit verbreitetsten Ansätze symbolische und subsymbolische KI. Die symbolische KI arbeitet mit logischen Regeln, die sub-symbolische trainiert Modelle (wie neuronale Netzwerke) mit Hilfe großer Datensätze (dazu zählen zum Beispiel Large Language Models wie ChatGPT). Diese beiden Ansätze sollen im Projekt zusammengeführt werden, um eine künstliche Intelligenz zu schaffen, die kognitiv arbeiten kann und menschenähnliche Argumentationsfähigkeiten besitzt.

Vom Meer an die Mur

Der Forscher ist in Istanbul in der Türkei aufgewachsen, wo er im Bachelor und Master Elektrotechnik studiert hat. Im PhD verlagerten sich seine Interessen immer stärker zum Neural Engineering und er erforschte die Signalverarbeitung in biomedizinischen Anwendungen. Zu dieser Zeit machte die KI-Forschung erste große Schritte – etwa die KI Alpha Go, die sich selbst das komplexe Spiel Go beibrachte und anschließend die menschliche Profi-Spieler besiegen konnte. „Ich fand das unglaublich spannend“, erzählt Ozan. Auch in seiner Forschung wurde Machine Learning ein immer größerer Faktor. „Es war eine sehr natürliche Entwicklung. Ich habe immer an den Themen gearbeitet, die mich gerade am meisten interessiert haben. Und ein künstliches neuronales Netzwerk ist ein sehr einfaches Abbild eines komplizierten Systems.“ Ein einfaches Abbild nämlich des menschlichen Gehirns, das viele Forschende als Vorbild und Inspiration für ihre KI-Modelle nutzen. „Wir versuchen, das biologische Verhalten mit Code nachzubauen. Das System besteht nur aus Zahlen und Metriken, aber ich kann eine flüssige Unterhaltung damit führen.“

Nach Graz kam der Forscher 2020 – nach Stationen in den USA und Deutschland. Noch heute ist er gerne in der Welt unterwegs, reist mit seiner Frau sehr viel. Vor allem in Gebiete, die an Meere grenzen. „Dort bin ich aufgewachsen und ich liebe die Kraft des Wassers, den Geruch und vor allem auch das Essen.“ Ist er nicht auf Reisen, verbringt er seine Zeit primär mit seiner Arbeit – seinem zweiten großen Hobby, wie er selbst sagt. „Es tut sich so unglaublich viel in meinem Forschungsgebiet und ich lese mit, um informiert zu sein.“

Wann wird künstliche Intelligenz wirklich intelligent?

Zu einer wirklich breiten und allgemeinen künstlichen Intelligenz möchte er keine Prognosen abgeben, glaubt aber nicht, dass sie in großer Nähe ist. „Derzeitige Modelle sind dafür auch gar nicht gebaut. Man stellt sich oft vor, dass die Modelle einfach noch viel mehr lernen müssen und dann tatsächlich intelligent sind. Aber so funktioniert das leider nicht. Sie können nicht logisch schlussfolgern oder neu gelerntes Wissen verarbeiten wie es Menschen können.“

Viel eher glaubt er, dass die derzeitigen Deep-Learning-Methoden weiterentwickelt werden, bis es irgendwann zu einer Sättigung kommen wird. „Mit unserem Projekt wollen wir aber einen Schritt weiterkommen und schauen, ob dieser bilaterale Ansatz uns näher an eine wirklich intelligente Intelligenz bringt.“