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06.10.2021 | TU Graz screenshots | TU Graz news | Forschung | Studium

Von Beate Mosing

Am Dach arbeitet die Photovoltaikanlage, in der Garage lädt das E-Auto oder zumindest hängt das E-Bike am Strom. Alltag in vielen Haushalten. Und der Trend zur Nachhaltigkeit lässt die Bedeutung der Stromversorgung noch weiterwachsen. An der TU Graz sind die Expertinnen und Experten für Elektrotechnik deshalb bei Übungen für Blackout-Szenarien im Einsatz und wissen, was die große Kunst beim „Wiederhochfahren“ des Stromsystems ist.

Für Robert Schürhuber, Leiter des Instituts für Elektrische Anlagen und Netze an der TU Graz ist das europäische Verbundnetz, das vom Nordkap bis nach Malta reicht, eines der größten und komplexesten technischen Netze, die je geschaffen wurden.

Vom Griff zum Lichtschalter frühmorgens bis zum Einstecken des Ladekabel fürs Smartphone spätnachts ist unser Alltag ohne Strom undenkbar. Der kurzeitige Stromausfall im Büro macht uns bewusst, dass wir ohne „Saft“ mittlerweile gezwungenermaßen ziemlich unproduktiv sind. Das ganze Leben spielt sich rund um die Stromversorgung ab, die wir aber so nicht wahrnehmen.

1886 wurde laut Wikipedia in Scheibbs in Niederösterreich das Zeitalter der öffentlichen Stromversorgung in Österreich eröffnet. Der Strom, der heute aus der Leitung fließt, ist im Wesentlichen der gleiche geblieben. Moment, nein, eigentlich nicht. Denn während man ganz zu Beginn der Stromversorgung auf Gleichstrom setzte, wird heute – und zwar schon lange – Wechselstrom verwendet. Das Stromnetz wurde im Laufe der Jahrzehnte allerdings in völlig andere Dimensionen katapultiert.

Großes Stromnetz als großer Sicherheitsfaktor

Könnten wir einen Blick durch die Steckdose werfen, quasi zum Ursprung unseres Stroms, würden wir heute am anderen Ende das europäische Verbundnetz sehen. „Unser bestehendes Stromnetz vom Nordkap bis nach Malta ist eines der größten und komplexesten technischen Netze, die wir geschaffen haben“, betont Universitätsprofessor Robert Schürhuber. Aber es ist nicht nur groß, sondern vor allem auch robust und zuverlässig, betont der Experte für Elektrotechnik. Stabilisierend wirke sich auf unser Netz vor allem aus, dass 60 Prozent der elektrischen Energie in Österreich aus der Wasserkraft kommen. Elektrische Energie aus Wasserkraftanlagen ist nämlich flexibel und hochdynamisch einsetzbar, um Schwankungen anderer erneuerbarer Energien auszugleichen. Gleichzeitig unterstützen die einspeisenden Maschinen der hydraulischen Kraftwerke auch bei der Frequenz- und Spannungshaltung und wirken so stabilisierend auf diese beiden wichtigsten Parameter des Netzes. Nicht nur in Sachen Nachhaltigkeit ein Pluspunkt, sondern auch von Vorteil, wenn das Netz nach einem Stromausfall wieder hochgefahren werden soll.

Zukunftsthema Elektrotechnik

„Die Herausforderungen dieses gesamteuropäischen Netzes liegen vor allem in der Netzplanung. Und sie sind aktuell größer als in den letzten Jahrzehnten“, ergänzt Universitätsprofessor Herwig Renner. Die Anforderungen ändern sich nämlich schneller als ein Ausbau erfolgen kann – „und langfristig kommt man da an der Physik beziehungsweise den Grenzen der Physik nicht vorbei“. Durch Fortschritte in der IT könne man vieles optimieren, aber eben nicht alles. „Die Technik der Einspeisung ist daher ein Hauptforschungsthema. Wie bekommen wir den durch unterschiedliche Quellen erzeugten Strom ins gemeinsame Netz? Durch einige 1.000 Windräder in Österreicher sowie die Photovoltaikanlagen ist das heute extrem komplex geworden. Durch diese Formen der Energiegewinnung gibt es mehr Schwankungen im Netz. Ohne Speicher wird es in Zukunft nicht funktionieren“, sagt Schürhuber. Die Physik spielt eine große Rolle, aber auch die Teamarbeit, denn die Fachthemen werden stärker verknüpft. Das zeigt sich übrigens bereits im Studium an der TU Graz.

Und droht uns nun der große Blackout?

„Man kann es natürlich nie ausschließen“, meint Herwig Renner. Doch sei dieser viel zitierte totale Blackout, also der Zusammenbruch des gesamten Stromnetzes, sehr unwahrscheinlich. „Dafür müssten schon mehrere Faktoren zusammenkommen. Also ein Unwetter, besondere Kälte und noch dazu Revisionsarbeiten zum Beispiel“, beschreibt er. Einen Faktor allein könnte man schließlich relativ rasch beheben oder überbrücken.
Die Größe des Stromnetzes gebe Sicherheit. Andererseits sei es dadurch auch schwieriger geworden, vorauszusehen, wie alles im Fall eines großflächigen Stromausfalls ablaufen würde. „Wie reagiert eine einzelne Station oder ein Windrad auf eine Störung im Netz?“, erklärt Renner, mit welchen Fragen die Technikerinnen und Techniker sich beschäftigen. Vom Strom-netz ist man also schnell beim Stichwort „Sicherheitsnetz“. Und das ist in diesem Fall sehr engmaschig geknüpft. Wesentlich ist es bei einem Blackout, die Versorgung möglichst schnell wieder hochzufahren. Und dafür gibt es zahlreiche Pläne – viele auf Basis der Expertise der Forschenden im Bereich Elektrotechnik an der TU Graz. „Österreich hat den riesigen Vorteil, dass die Wiederherstellung des Stromnetzes durch den großen Anteil an Wasserkraft leichter umsetzbar ist. Sogar noch besser als in Deutschland“, so Schürhuber.

Blackout-Szenarien werden „geübt“

„Wir führen Berechnungen für verschiedenste Szenarien durch und werden dazu auch konkret von Netzbetreibern beauftragt. Aber die Theorie ersetzt nie die Praxis. Deshalb finden unter unserer Mitwirkung bei den Netzbetreibern in Österreich immer wieder Übungen statt, bei denen Szenarien geprobt werden“, beschreibt Renner. Mit der Holding Graz hat man sich zum Beispiel damit auseinandergesetzt, wie man die Kläranlage in Graz bei einem Blackout weiter versorgen kann, schließlich wird eine Anlage wie diese sonst für Monate nicht verwendbar, wenn sie länger als 12 Stunden steht. Und weil jene, die Elektrotechnik in Graz studieren, sich gerne mit ihrer Heimat beschäftigen, kann der Universitätsprofessor auch auf die eine oder andere Masterarbeit von Studierenden verweisen, in der vom Blackout bis zur Wiederherstellung des Stromnetzes Szenarien für kleine österreichische Gemeinden berechnet wurden.

Robert Schürhuber und Herwig Renner (v.l.) sind überzeugt, dass in der Stromversorgung und Netzplanung zukünftig Expertinnen und Experten stark nachgefragt sein werden.

Elektrotechnik: Studium mit Jobgarantie

„Im Bereich der Stromversorgung und der Netzplanung tut sich aktuell so viel. Das ist eine unheimlich gefragte Branche und da wird es weiterhin noch viele Expertinnen und Experten brauchen“, betonen die Professoren.

Studieren an der TU Graz: Die Bachelorstudien Elektrotechnik und Digital Engineering in Graz bilden die Basis für spannende Masterstudien wie Elektrotechnik und Elektrotechnik-Wirtschaft, aber auch Advanced Material Sciences und Space Science and Earth from Space.
 

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Kontakt

Herwig RENNER
Ao.Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn.
TU Graz | Institut für Elektrische Anlagen und Netze
Inffeldgasse 18/I, 8010 Graz
Tel.: +43 316 873 7557
herwig.rennernoSpam@tugraz.at

Robert SCHÜRHUBER
Univ.-Prof. DDipl.-Ing. Dr.techn
TU Graz | Institut für Elektrische Anlagen und Netze
Inffeldgasse 18/I, 8010 Graz
Tel.: +43 316 873 7550
robert.schuerhubernoSpam@tugraz.at