Ciao, mi chiamo Marvin! Ich studiere Wirtschaftsingenieurwesen-Maschinenbau an der TU Graz und bin sozusagen der „Grazer Pionier“ für Erasmus an der Politecnico di Torino (PoliTo). Umso mehr freue ich mich, meine Erfahrungen mit zukünftigen Interessierten teilen zu können. In meinem ersten Blogbeitrag möchte ich vor allem auf meine bisherigen Erlebnisse und die positiven Seiten meines Aufenthalts eingehen.
Warum habe ich mich für ein Erasmus-Semester entschieden – und warum gerade in Turin?
Wie bei vielen anderen war es der Wunsch, etwas Neues zu erleben und persönlich zu wachsen. Mit fünfundzwanzig hatte ich das Gefühl, dass genau jetzt der richtige Zeitpunkt dafür ist, irgendwo zwischen dem Ende der „Jugend“ und dem Beginn des „Ernst des Lebens“. Eine Auszeit von meinem Alltag als Studierender, aber auch, da ich seit über drei Jahren arbeite, eine Auszeit von meinem Arbeitsalltag. Anstelle von Meetings und Terminen hatte ich die Möglichkeit, neue Erfahrungen zu sammeln und das Leben selbst zu genießen. Ich kann mit voller Überzeugung sagen, dass ich mich bereits jetzt, wie unzählige andere nach einem Auslandsaufenthalt, persönlich deutlich weiter fühle. Deshalb kann ich jedem nur gratulieren, der sich ebenfalls für ein Erasmus-Semester entschieden hat!
Für mich war von Anfang an klar: Wenn Erasmus, dann Italien. Damit erfülle ich mir einen Kindheitstraum, einmal Teil dieses großartigen Landes und seiner faszinierenden Kultur zu sein und gleichzeitig die Möglichkeit zu haben, diese schöne Sprache zu lernen. Darüber hinaus war es für mich eine Gelegenheit, herauszufinden, ob Italien auch langfristig ein Ort zum Leben für mich sein könnte. Bei Turin hatte ich von Anfang an ein richtig gutes Bauchgefühl, deshalb fiel mir die Entscheidung leicht, und ich habe sie bis heute nicht eine Sekunde bereut.
Turin, du hast mein Herz erobert
Turin liegt im Nordwesten Italiens, in der Region Piemont und ist mit neunhunderttausend Einwohnern die viertgrößte Stadt Italiens. Die Stadt wird vom Fluss Po durchquert und ist von den Alpen umgeben. Torino war einst die erste Hauptstadt des vereinten Italiens und diese royale Vergangenheit spiegelt sich noch heute in den prachtvollen Palästen wie dem Palazzo Reale, dem Palazzo Madama oder der Reggia di Venaria Reale wider.
Besonders bekannt ist Turin für die Mole Antonelliana, dem eindrucksvollen Wahrzeichen der Stadt! Daneben ist sie die Heimat einiger bekannter Museen, wie das Museo Egizio, das zweitgrößte ägyptische Museum der Welt, und man ist eng mit der Automobilindustrie (FIAT) verbunden. Auch sportlich spielt Turin eine bedeutende Rolle: Der Fußballklub Juventus Turin, der größte Fußballclub Italiens und einer der erfolgreichsten Vereine Europas, hat hier ebenso seine Heimat wie der traditionsreiche Torino FC. Zudem war Turin Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2006. Die elegante Architektur, die historischen Arkadengänge, die großzügigen Plätze und die grünen Parkanlagen machen Turin zu einem Reiseziel, das man unbedingt erlebt haben sollte.
Studieren am Politecnico di Torino
Das Studieren an der PoliTo hat seinen ganz eigenen Charme. Die Vorlesungen beginnen frühestens um neun Uhr, im Herzen der Universität gibt es eine Cafeteria und sämtliche Wege durch den Campus werden von entspannter Klaviermusik begleitet. Das Studierendenleben ist eine Mischung aus typisch italienischer Gelassenheit gemischt mit etwas Chaos. Der Unterricht selbst ist jedoch sehr gut aufbereitet und wird auf Englisch abgehalten. Ich besuchte die Lehrveranstaltungen gerne und die Qualität ist durchaus vergleichbar mit jener an der TU Graz (auch die Schwierigkeit der Klausuren). Ein wesentlicher Unterschied zur TU Graz ist die ECTS-Struktur: An der PoliTo macht die Vergabe der Credits viel mehr Sinn (alle Lehrveranstaltungen haben zwischen sechs und zehn ECTS). Außerdem ist die Prüfungsphase klar vom restlichen Semester abgegrenzt und findet immer nach den Vorlesungen statt. Zwischenprüfungen sind hier unüblich.
Mein persönliches Lieblingsfach ist der kostenlose Italienischkurs, der zusätzlich sechs ECTS bringt. Mit viereinhalb Stunden Unterricht pro Woche auf A2-Niveau merkt man schnell Fortschritte und insbesondere im Alltag wird man von Woche zu Woche sicherer und mutiger im Umgang mit der Sprache. Außerdem durfte ich das kostenlose PLIDA-Zertifikat absolvieren, das italienische Pendant zum Cambridge Certificate!
Auch bei den Mensen gibt es Unterschiede. Als Erasmus-Studierender erhält man für zwei Euro fünfzig ein vollwertiges Mittagessen und kann zwischen verschiedenen italienischen Gerichten wählen. Wenn man etwas Zeit mitbringt, sollte man unbedingt die Mensa „Dubai“ am Stadtrand ausprobieren, denn dort gibt es regelmäßig Meeresfrüchte und sogar Tiramisu als Nachspeise.
Insgesamt kann ich den Uni-Alltag an der PoliTo nur positiv bewerten. Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle das International Office! Gerade zu Beginn des Semesters, als viele Fragen aufkamen, war das Team stets hilfsbereit und unterstützend zur Stelle. Auch die Willkommensveranstaltung war sehr informativ und hat mir den Einstieg deutlich erleichtert.
Wusstest du, dass das Politecnico di Torino nur eine der acht Partneruniversitäten ist, die zusammen mit der TU Graz in der Universitätenallianz Unite! ist? Welche weiteren Möglichkeiten sich dir über Unite! neben einem klassischen Auslandssemester oder -jahr bieten, erfährst du im Blogbeitrag „5 spannende Möglichkeiten, dein Studium mit Unite! zu bereichern“.
Von Vorlesung zu Aperitivo: Mein Leben in Turin
Ich hatte keine Schwierigkeiten damit, Anschluss zu finden, und habe schnell Freundschaften mit Menschen aus ganz unterschiedlichen Ländern, und natürlich auch aus Italien, geschlossen. Besonders hilfreich war dabei das Erasmus Student Network (ESN), das mit einer Vielzahl großartiger Veranstaltungen den Kontakt unter Studierenden fördert. ESN organisiert tolle Aktivitäten wie Weinverkostungen, Gelato-Workshops oder Reisen durch ganz Italien, bei denen man nicht nur viel erlebt, sondern auch leicht ins Gespräch mit anderen Studierenden kommt.
Was das alltägliche Leben betrifft, so wirkt in Turin alles ein Stück weit entspannter, mal abgesehen vom Straßenverkehr. Es entsteht der Eindruck, dass man hier fürs Leben arbeitet und nicht für die Arbeit lebt. Selbst in hektischen Momenten bleibt immer Zeit für einen kurzen Café oder ein Gespräch. Und ja, Italiener*innen reden viel und gerne, also genauso wie ich. Wenn man die Sprache ein bisschen beherrscht, ist es wirklich einfach, mit den unterschiedlichsten Menschen ins Gespräch zu kommen, egal ob mit der freundlichen älteren Dame im Aufzug oder dem durchtrainierten Fitnesscoach im Gym.
Kulinarisch hat Turin ebenfalls einiges zu bieten - und ja, das Klischee stimmt: In Italien gibt es keine schlechte Pizza. Neben zahlreichen Varianten davon sind auch Pasta-Gerichte oder eine klassische italienische Jause absolut empfehlenswert. Gerade der klassische Aperitivo hat hier eine große Tradition. Für sechs bis acht Euro bekommt man ein Getränk und dazu verschiedene Snacks wie Pizzabrot, Schinken, Käse und Gebäck.
Mein persönliches neues italienisches Lieblingsgericht? Gnocchi al pistacchio. Erstmals in Padua probiert und seitdem davon begeistert. Außerdem habe ich meine Liebe zu den unterschiedlichsten Focaccia-Varianten entdeckt.
Und wer gerne ausgeht, findet in Turin eine große Auswahl an Bars: von Sportbars über historische Cafés in der Altstadt bis hin zu Locations direkt am Po, aber auch Studierenden-Hotspots für ein Euro fünfzig für einen Aperol. Einige Unterschiede zu Österreich sind ebenfalls nicht zu übersehen, etwa die späte Uhrzeit fürs Abendessen (meist gegen 20 Uhr), der sehr hohe Kaffeekonsum oder das recht süße Frühstück (Brioche).
Auch in der Freizeit wird es hier nie langweilig. Ich hatte die Gelegenheit, mehrmals Juventus Turin und einmal Torino FC live im Stadion zu erleben, ein echtes Highlight für mich als Fan. Darüber hinaus finden regelmäßig kleinere Events und Großveranstaltungen statt. Das Marco Mengoni Konzert und das Stadtfest waren persönliche Highlights für mich, die Stimmung war einfach magisch und das hatte ich in dieser verbindenden Art noch nicht erlebt.
Dank der Nähe zu den Alpen bietet Turin auch ideale Möglichkeiten für Wanderungen und man fühlt sich direkt wie daheim. Besonders empfehlenswert: ein Ausflug zur Basilika di Superga, von der aus man einen beeindruckenden Blick über die gesamte Stadt hat.
Ebenfalls vorhanden ist ein gutes Netz an Fitnessstudios, aus Kostengründen kann ich raten, den Vertrag bereits in Österreich abzuschließen.
Das größte Highlight meines Erasmus-Semesters waren jedoch die zahlreichen Reisen, von denen ich sogar noch meinen Kindern und Enkelkindern erzählen werde. Turin ist der perfekte Ausgangspunkt: die Berge und die Schweiz, die oberitalienischen Seen (zum Beispiel Como und Garda), das Meer bei Genua oder Städte wie Mailand und Florenz sind gut und schnell erreichbar. Unverzichtbar wurde für mich während dieser Zeit war die Trenitalia-App – mehr zu meinen Reisen in einem späteren Blog!
Sicherheit in Italien
Auch dieses Thema möchte ich ganz bewusst ansprechen, da Italien in dieser Hinsicht nicht immer den besten Ruf hat. Grundsätzlich fühle ich mich in Norditalien aber sehr sicher, aktuell sogar ein Stück weit sicherer als in Österreich. Großveranstaltungen werden durch Ganzkörperscanner streng kontrolliert, und an wichtigen Orten wie Universitäten oder Bahnhöfen fällt die deutlich stärkere Präsenz von Polizei und Militär im Vergleich zu Österreich auf. Regelmäßige Stichprobenkontrollen gehören hier zum Alltag, und selbst kleinere Supermärkte verfügen über eigenes Sicherheitspersonal.
Fazit meines Auslandsaufenthalts in Turin
Wer, so wie ich, offen und emotional ist, die italienische Kultur liebt, das echte Italien erleben möchte und eine große Reiselust mitbringt, für den ist Turin der perfekte nächste Schritt. Von Woche zu Woche ist mir die Stadt mehr ans Herz gewachsen - ein Ort, zu dem ich immer wieder gerne zurückkehren werde. Auch die Menschen und ihre Mentalität habe ich sehr zu schätzen gelernt und vieles davon werde ich mit nach Hause nehmen. Gleichzeitig freue ich mich für jeden, der ähnliche Erfahrungen machen darf. Und wer weiß, vielleicht liegt ja meine Zukunft ebenfalls in Italien!
Lust auf ein Auslandssemester in Turin bekommen? Im Intranet TU4U auf der Seite "Erasmus+ Partneruniversitäten" findest du einen Überblick aller italienischen Universitäten verfügbar für das Erasmus+ Programm. Im TU4U findest du außerdem auch die allgemeinen Informationen zu Erasmus+ Studienaufenthalten in Europa. Starte noch heute mit der Planung deines eigenen Auslandssemesters!