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#8: Rudolf Pichler

22.12.2022 |

Von Birgit Baustädter

Rudolf Pichler leitet an der TU Graz die smartfactory@tugraz - eine Pilotfabrik, die sich auf smarte Produktion spezialisiert hat.

Rudolf Pichler in der smartfactory@tugraz. Quelle: Lunghammer - TU Graz

Der folgende Text ist ein wörtliches Transkript der Podcastfolge.

Talk Science to Me – der Wissenschaftspodcast der TU Graz

Hallo und herzlich Willkommen beim Wissenschaftspodcast Talk Science to Me. Mein Name ist Birgit Baustädter und ich spreche heute mit Rudolf Pichler, der die Lernfabrik smartfactory@tugraz leitet, in der neue Methoden der Produktion ausgetestet werden können.

Talk Science To Me ist der neugierigste Wissenschaftspodcast der Podcastwelt – aber vor allem der TU Graz. Wir stellen Fragen – unsere Forschenden antworten. Von künstlicher Intelligenz über Nachhaltiges Bauen bis hin zu Mikroorganismen, die sich von CO2 ernähren und so Proteine erzeugen. Hört rein und lasst euch begeistern.
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Talk Science to Me: Herr Pichler, herzlich Willkommen und vielen Dank, dass Sie heute meine Fragen beantworten. Sie beschäftigen sich mit Advanced Manufacturing und speziell mit der additiven Fertigung. Können Sie uns erklären, woran genau Sie forschen und was Ihre Themenschwerpunkte sind?

Rudolf Pichler: Ja, danke auch von meiner Seite für die Einladung. Ich freue mich sehr, dass ich hier heute meine Erfahrungen darlegen kann. Additive Fertigung ist eine neue, disruptive Technologie und wir vom Institut für Fertigungstechnik haben rasch erkannt und auch die Mittel dafür aufgetrieben, dass wir uns dieser Technologie widmen. Es ist eine komplett neue Dimension Produkte zu gestalten. Es ist zwar eine etwas teurere Technologie, die Produkte sind teurer, aber sie bieten eine Vielfalt an Möglichkeiten, was mit konventionellen Fertigungstechnologien nicht möglich war. Das war der Anziehungspunkt für uns und ich denke mir, an einer Technischen Universität wie in Graz und als Institut für Fertigungstechnik ist es mehr als legitim, diese Technologie zu bearbeiten, zu erforschen und letztendlich den Studierenden und auch den Betrieben, die uns hier in der Steiermark und darüber hinaus umgeben, dass man denen diese Technologien vertraut macht.

Was genau ist additive Fertigung?

Pichler: Additive Fertigung ist, wie der Name schon sagt, dass wir einzelne Partikel oder Bauelemente, Bausteine des Produktes zusammensetzen. Normalerweise hat man die sogenannte subtraktive Fertigung, das heißt, von einem Rohling nehmen wir Material weg. Nehmen Sie nur das Beispiel: Wenn man Holz hat, drechselt man. Wenn man Metall-Rohlinge hat, dann wird ein Metall-Span abgehoben. Das heißt, man nimmt etwas weg. Im Gegensatz dazu, bei der additiven Fertigung haben wir sehr feine Partikel. Das ist eigentlich Pulver, das man verwendet in der Größenordnung von 50 Mikron. Also das Zweihundertstel eines Millimeters. Und dieses Pulver, diese elementaren Teilchen werden aufgeschmolzen und ganz gezielt an den Stellen platziert, in Form einer Schmelze. Das erkaltet dann sehr rasch und so kann man das Produkt Stück für Stück in sehr kleinen Schritten aufbauen. Additive Fertigung.

Das klingt nach einem nicht ganz unaufwendigen Prozess. Welche Vorteile habe ich davon? Was ist das Innovative von dem Sie vorher gesprochen haben?

Pichler: Das ist tatsächlich aufwendig, weil auch die Maschinen entsprechend teuer sind und man auch eine Reihe von Vorbereitungen und auch Nachbereitungen treffen muss. Das ist vielfach Neuland und war für uns auch Neuland. Ist für alle Betriebe, die einsteigen auch Neuland. Aber das Innovative ist wie gesagt, Sie können eine Formgebung realisieren, die mit konventionellen Mitteln gar nicht möglich war. Um Ihnen ein Beispiel zu geben: Hinterformungen oder Kavitäten, wo Sie mit einem Bohrer quasi nicht um die Ecke bohren können, das sind Dinge, das sind Hohlräume, die plötzlich möglich sind. Und da sind wir bei einem Thema, wo man überall über Gewichtsersparnis sprechen, dass Sie wirklich nur dort Materie, sprich Metall haben, wo Sie es benötigen. Um Kraftfluss in einem Bauelement übertragen zu können. Drum ist insbesondere die Luftfahrtindustrie daran interessiert, was die Formgebung, die freie Formgebung betrifft – das geht hinein bis in die Medizintechnik, das geht in die chemische Industrie. Also vielfältigste Vorteile, dieser Technologie. Und darum auch von diesen Branchen sehr nachgefragt.

Mit welchem Teil dieses Prozesses beschäftigen Sie sich? Also mit der Materialseite? Mit den Geräten, die es dann drucken?

Pichler: Also wir als Institut für Fertigungstechnik sind daran interessiert, wie das tatsächlich fertigungstechnisch angewendet wird. Wir müssen und wir tun das auch. Gemeinsam mit dem Institut IMAT an unserer Universität, die im Bereich der Materialforschung tätig sind, arbeiten wir zusammen. Weil die Bauteilfestigkeit hängt schlussendlich mit der realisierbaren, metallurgischen Struktur zusammen. Aber das überlassen wir den Kollegen. Wir kümmern uns darum, wie kann eine bestimmte Form, eine Konstruktion, dann tatsächlich umgesetzt werden, damit das Bauteil so rauskommt, wie man es sich in der Zeichnung vorgestellt hat.

Dafür gibt’s an der TU Graz sicher auch viel Infrastruktur.

Pichler: Was ich weiß ist, dass nicht nur wir am Institut für Fertigungstechnik und an der Fakultät für Maschinenbau mit diesen Technologien arbeiten. Was ich weiß ist, dass sich natürlich auch die Architekten dieser Materie bedienen. Hochspannend. Die Bauingenieure, die in diesem Fall nicht mit Metallstaub oder Metallpartikel arbeiten, sondern die arbeiten mit Beton und das ist furchtbar spannend, welche konstruktiven Elemente die jetzt plötzlich realisieren können, wo auch sie den Vorteil haben – und das ist ein Vorteil dieser Technologie, dass sie keinen Formenbau brauchen. Damit entfällt natürlich eine Kostenposition und zeitlich gesehen sind sie auch viel schneller beim Endprodukt.

Unser Thema ist heute auch die smarte Produktion, also die intelligente Fertigung, oder Produktion von Dingen, von Verkaufsartikeln, von Industrieartikeln. Was verstehen Sie unter Smart Production?

Pichler: Sehr gut und Danke für die Frage, weil ich immer wieder erlebe, dass sehr viele Menschen den Begriff „smart“ für sehr viele Dinge verwenden. Das ist marketingtechnisch wunderbar. Smart, so definieren wir das, ist ein Objekt dann, wenn es eine eigene Intelligenz hat, eine eigene Logik, und zum Zweiten die Fähigkeit zur Kommunikation. Das heißt, wir Menschen sind auch smart. Wir können denken und wir können sprechen. Jetzt möchten wir die Devices oder die Anlagenteile, die Maschinen, oder auch nur die ganz kleinen Apparate, die wir am Handgelenk zum Beispiel führen können oder am Headset tragen, wenn wir sagen smart, dass sie einerseits Intelligenz an Board haben – embedded logic – und in der Regel eine SIM-Karte haben, damit man Kommunikation aufbauen kann, zu einem Smartphone oder zu einem anderen Kommunikations-Device. Wenn man jetzt viele Anlagen oder Anlagenteile dieser Natur verwendet, dann haben wir das Konglomerat einer smarten Produktion. Sprich: Die Maschinen können miteinander interagieren. Um Ihnen ein Beispiel zu bringen: Es kann sein, dass Ihnen eine Maschine direkt ins Lager ruft: Bring mir neues Material! Oder die Maschine ruft direkt einen Instandhalter an und sagt: Du, ich stehe gerade, ich brauch ein Service. Also, um ganz einfache Beispiele zu bringen. Die Vorteile sind natürlich evident: Es braucht nicht immer Menschen in dem Fall, die nachschauen, ob eh alles ok ist. Die Systeme sind logisch, sind quasi intelligent. In kleinerem oder größeren Ausmaß. Und können in unserem Sinne agieren. Das ist letztendlich eine smarte Produktion.

Sie leiten unter anderem auch die smartfactory@tugraz, die sich genau mit diesem Thema beschäftigt. Was ist die smartfactory? Was passiert da? Welche Möglichkeiten bietet das?

Pichler: Also die smartfactory ist genau dieser Idee folgend, dass man nicht nur den Studierenden und den besuchenden Betrieben und Vertreter*innen der Betriebe zeigt, wie solche smarten Kommunikationen und Abläufe funktionieren können. Also ganz bewusst hat man sich dazu entschieden an der TU Graz, wir wollen hier eine derartige Infrastruktur, eine kleine Fabrik, man könnte auch sagen Modellfabrik schaffen. Wobei ich gar nicht sage Modellfabrik, weil wir tatsächliche industrielle Maschinen verwenden. Wir haben keine Schulungsmaschinen, keine abgespeckten Formen. Wir haben wirklich diese smartfactory mit industriell eingesetzten Anlagen ausgestattet. Und natürlich ist das auf neuestem, modernsten Stand. Und das bietet uns Forschungsfelder, damit wir all diese Themenstellungen der Digitalisierung, der Industrie 4.0 und dieser disruptiven Technologien regelrecht zeigen können. Man könnte auch sagen, mit der smartfactory schaffen wir eine Erlebniswelt, damit wir nicht auf PowerPoint-Präsentationen angewiesen sind.

Wie muss ich mir diese Erlebniswelt vorstellen? Wirklich physisch. Sie ist am Campus Inffeldgasse – wie schaut das aus, wenn ich da bei der Türe reinkomme?

Pichler: Das ist ein Areal von circa 300 Quadratmetern. Sie finden dort drei CNC-Maschinen. Sprich zwei Drehmaschinen, eine Fräsmaschine. Und Sie finden etliche Roboter, wo wir dann die Bauteile assemblieren. Das heißt auch die Montage wird gezeigt, logistische Einheiten. Wir haben ein sogenanntes AGV, das ist ein fahrerloses Transportsystem, wieder mit einem Roboterarm drauf, der die Teile nehmen kann und zur nächsten Station weiterreichen kann. Und, was man nicht sieht, aber das Wesen einer smartfactory ist, ist sehr viel IT, die dort verbaut ist. Da spielt sich einiges ab.

Welche Forschung wird momentan in der smartfactory gemacht? Also, welche Themen werden bearbeitet?

Pichler: Sehr vielfältig. Um noch einmal auf den 3D-Druck, Metall-3D-Druck, zurückzukommen: Das Thema Edge Computing ist auch wichtig. Dann, Vernetzung auf IT-Ebene, wie können wir Informationsflüsse von einem PLM-System zu einem EAP-System, zu einem Manufacturing Execution System gestalten, damit Datenkonsistenz gewährleistet ist. Dann auch das Thema Abgriff von Daten von den Maschinen, von den Prozessen. Das hochfrequent. Also wenn man selbst moderne Maschinen hat, können sie im 100-Milisekunden-Takt Daten abgreifen, was diverse physikalische Größen anbelangt. Mit einer speziellen Applikation schaffen wir sogar das 50-fache, 2-Milisekunden-Taktrate. Und das sind dann spezielle Applikationen. Und das ist nicht nur unsere Cleverness, sondern da arbeiten wir natürlich mit Profis zusammen. Die kommen dann von Siemens, von T-Systems und anderen Firmen. Und so lernen wir wechselseitig. Aber das sind typische Arbeitsfelder, die wir gerade bearbeiten.

Und Teil der smartfactory ist ja auch der 5G-Campus.

Pichler: Richtig. Unter anderem haben wir auch was die informatorische Infrastruktur anbelangt haben wir nebst einem WLAN, das eh Gang und Gäbe ist, haben wir auch Ultrawideband, für Lokalisierungsaufgaben haben wir auch ein 5G-Campusnetz installiert. Und da haben wir zwei Usecases, die wir derzeit betreiben. Unter anderem, dass man zum Beispiel eine Leichtgewichtsbrille trägt. Mit dieser Brille auf einen QR-Code bei einer Maschine schaut. Damit weiß die Brille oder die*der Betrachter*in, es geht um diese oder jene Operation, nämlich um eine Fräsoperation, wenn ich auf eine Fräsmaschine schaue. Über drahtlose Kommunikation, eben über 5G-Kommunikation in diesem Fall sehr leistungsfähig, nehme ich Verbindung zum Backbone auf, zu unseren Servern. Das läuft dann über etliche Schnittstellen bis hin in die Cloud. Dort wird dann computed. Und ich bekomme dann vom Backbone – wieder drahtlos – über meine Brille über Augmented Reality eingespielt. In diesem Fall haben wir Datenfelder, da bekomme ich die aktuelle Vorschubrate oder den prinzipiellen Status der Maschine im Betrieb. Ich kriege andere Prozessdaten eingespielt. Und wenn ich mit dieser Brille zur nächsten Maschine weitergehe und den nächsten QR-Code einlese, dann wird das aktualisiert und ich sehe die Prozessdaten von dieser neuen Maschine. Also das ist jetzt eine von diesen 5G-Anwendungen, wo es eben drauf ankommt, das Computing ist irgendwo auf meinen Servern oder im Backbone und muss nicht in meiner Datenbrille passieren. Weil da würde es sehr schnell sehr heiß werden in der Brille und die Brille wäre einigermaßen schwer.

Welches Angebot gibt es für die Wirtschaft und die Industrie von der smartfactory?

Pichler: Prinzipiell, wenn eine Firma erkennt, dass wir Infrastrukturen haben und ein Know-How, das wir mittlerweile natürlich auch aufgebaut haben, das für die Firma und deren Forschungsideen oder Applikationsentwicklungen, dann treffen wir uns, vertraglich auch, und wir vereinbaren, wie wir zusammenarbeiten. Das Schöne ist natürlich auch, dass wir vielfach im Sinne einer Vorfeld- oder eines Prototypings, viele Dinge in unserer smartfactory mit diesen Infrastrukturen tun können. Sei es zum Beispiel das 5G-Netz, dann viele Betriebe leisten sich auch keinen 3D-Drucker, viele Betriebe haben nicht diesen hochfrequenten Datenabgriff und diese speziellen Applikationen. Wir können im Vorfeld in der smartfactory testen und schauen, ob das überhaupt zielführend ist, mit vielleicht auch eingebrachten, wenn sie nur klein genug sind, Vorrichtungen oder Maschinenteilen, der eigentlichen Firma. Und dann später auch in der Zusammenarbeit immer noch mit uns, damit wir das begleiten, aber dann wirklich in der Firma sozusagen die Implementierung und den Roll-Out machen. Also das sind typische Anwendungen, wie wir sie uns vorstellen. Aber wir haben die Aufgabe, dass wir die Firmen, insbesondere natürlich Klein- und Mittelbetriebe, erst einmal anzünden, könnte man sagen. Und ihnen sagen: Schaut her, das gibt es, diese Möglichkeiten offerieren sich. Und die Firmen sagen dann: Ja, da wollen wir dann gemeinsam mit uns weiterarbeiten.

Das Thema produzierende Industrie begleitet Sie schon sehr lange auf Ihrem beruflichen und davor auf Ihrem Ausbildungsweg. Sie haben ein Studium an der TU Graz gemacht, waren danach in mehreren Funktionen eben in der produzierenden Industrie. Was genau reizt Sie an dem Thema? Warum fasziniert Sie das so sehr, dass Sie das schon so lange begleitet?

Pichler: Man könnte sagen, dass das am Anfang ein bisschen mit Zufall geprägt war. Ich war Universitätsassistent. Das habe ich mir gar nicht wirklich aussuchen können. Und ich habe dann aber immer mehr Freude an diesem Thema gewonnen. Also wenn man in die Tiefe geht, dann findet man heraus, dass da viel mehr drinnen ist und es mich anzieht. Und so ist dann auch mein beruflicher Weg, eben der, wie Sie ihn beschrieben haben, geworden, eben in der produzierenden Wirtschaft in verschiedenen Funktionen tätig zu sein. Und eben früher oder später, nach vielen Stationen in der Wirtschaft, ist der Ruf an die TU Graz gekommen. Weil ich dann Stiftungsprofessor gewesen bin. Und die Vielfalt der Möglichkeiten. Und was auch interessant ist: Das Thema Produktion hat gegenüber den letzten Jahren wieder an Attraktivität gewonnen. Gerade dieses Thema Digitalisierung, diese Vermischung mit dem Thema IT und den vielfältigsten Möglichkeiten ist interessant. Und letztlich sage ich immer: Früher oder später nach einem Gedankenprozess ein physisches, haptisches Produkt in Händen zu halten, es anschauen, angreifen zu können, das ist dann schon etwas Tolles. Überlegen Sie auch diese tollen Materialien und Formgebung. Und ja, man kann sehr kreativ sein und hat das Ergebnis dann in Händen. Das ist Produktion.

Sie haben es schon erwähnt: In der Produktion gibt es sehr viele Neuerungen. Es gibt sehr viel Innovation. Können Sie mir eine Zukunftsvision geben? Wo geht es hin? Was glauben Sie, wird da passieren? Wo geht der Trend hin?

Pichler: Sehr gute Frage, ja. Ich denke mir, das Thema Robotik wird um sich greifen. Aus mehreren Gründen: Roboter haben natürlich sehr viele Vorteile, wie wir wissen. Das Thema Präzision, Entlastung der menschlichen Arbeit, Ausdauer und vieles mehr. Und gerade da denke ich mir, weil ich mich auch damit gerade befasse, wo geht die Zukunft der Robotik hin? Ich denke mir, fast auch ein gefährliches Ausblick, dass die Roboter uns Menschen immer ähnlicher werden. Wir wissen ja, dass wir viele Systeme mit künstlicher Intelligenz versehen. Es ist ja die ständige Diskussion, wann werden die Roboter gescheiter sein als wir. Ich habe jetzt gerade einen Vortrag vorbereitet, ab wann uns die Roboter in der Führungsetage ablösen werden, weil sie komplexer und wahrscheinlich auch besser denken können. Schneller so und so. Man spricht auch darüber, dass Roboter fühlen. Wie das funktionieren kann und wird kann ich mir nur schwer vorstellen. Aber über Lernalgorithmen wird und kann das vielleicht auch früher sein. Aber, um jetzt wieder die Füße mehr auf den Boden zu bringen, ich meine, dass das Thema Anweisung von Maschinen in der Produktion wird immer Menschen brauchen in einer Produktion, davon bin ich überzeugt. Also, es hat ja lange ein Thema gegeben: Die Mann-lose Fabrik. Für mich ist das, ich weiß nicht ob ich Utopie oder Dystopie sagen soll dazu. An das glaube ich nicht, wegen des Spezialistentums. Diese Maschinen müssen immer noch geführt, um nicht zu sagen programmiert werden. Das Thema Programmieren wird auch irgendwann wegfallen. Ich glaube, dass das Thema Perception, Wahrnehmung, auch Gestensteuerung, Sprachsteuerung stärker wird. Nehmen wir nur ein Beispiel her, dass wir aus unserem Privatbereich kennen: Ich habe mir ab und an auch schon angewöhnt, keine WhatsApp mehr zu schreiben, sondern die WhatsApp zu sprechen. Oder das ganz simple, einfache Beispiel - wir wissen es eh - „Hey Google“ und das System ist bereit für mich. Es wird und es soll auch so sein, dass Menschen in der Produktion, in der Fertigung nicht mehr programmieren können müssen, sondern, dass Sie einfach irgendwo hinein sprechen. Und die Maschine versteht das, kann das interpretieren und umsetzen. Sprich, ich sage zum Roboter: „Greif mir diese Welle die da vorne links liegt. Nein! Die andere!“ Wissen Sie? Auch solche Korrekturen. Wie man mit einem Menschen spricht. Ich glaube, das wird kommen, weil das liegt jedem Menschen. Und dann merken Sie schon, da wird der Roboter immer mehr zum Kollegen oder zur Kollegin. Inwiefern das natürlich positiv zu beurteilen ist oder natürlich auch skeptisch, das können wir dann auch den Philosophen überlassen oder den Technologie-Skeptikern. Da gibt es dann die entsprechenden Diskussionen. Aber ich glaube, in diese Richtung wird es einfach gehen. Vereinfachen des Dirigieren, das in einer Fabrik passieren soll.

Sie haben die Robotik jetzt sehr zentral erwähnt. Wie spielt das momentan schon in Ihre Forschung rein?

Pichler: In unserer Forschung derzeit beschäftigen wir uns mit dem Zusammenspiel heterogener Systeme. Um Ihnen das deutlich zu machen:  Sie können ja von über 20, wenn nicht noch viel, viel mehr, 50 verschiedenen Herstellern Roboter kaufen. Jetzt haben die Roboter alle eigene Operating- oder Betriebssysteme. Sie haben teilweise proprietäre Systeme, ihre Programmiersprache, ihre Schnittstellen. Also, die sind alle ganz verschieden. Das ist wie wenn ich jetzt sage, drei Italiener, fünf Norweger, sieben Ungarn, zwei Kroaten und fünf Österreicher müssen jetzt zusammenarbeiten und alle sprechen nur ihre Muttersprache. Das ist die Herausforderung, dass diese verschiedenen Maschinen zusammenarbeiten können. Das ist ein Forschungsthema, wo wir mit Siemens zusammenarbeiten. Die haben schon eine Plattform. Die können einige dieser Robotertypen zusammenfassen, das Portal steuert Roboter und andere Systeme. Aber nicht nur Siemens, sondern andere Automationshersteller bieten solche Systeme an. Dann ist das Thema der offenen Robotersysteme. Und das sind Forschungsthemen, mit denen wir uns auseinandersetzen, damit das möglich ist. Damit die wirklich den verfügbaren oder den günstigeren Roboter kaufen kann, ohne, dass ich mir Gedanken mache, kann der überhaupt mit meinen bestehenden, vorhandenen Robotern interagieren.

Meine abschließende Frage: In der Forschung spielt ja immer Geld eine sehr, sehr große Rolle. Wenn es einmal nicht der Fall wäre, wenn Geld kein Thema wäre, was würden Sie gerne umsetzen wollen?

Pichler: Ich würde die weltbesten Forscher und Forscherinnen herein holen.

Vielen Dank, dass Sie heute zu Gast waren und meine Fragen beantwortet haben.

Pichler: Bitte gerne.

Vielen Dank, dass ihr heute zugehört habt. In der nächsten Folge spreche ich mit Sergio Amancio, der Materialien und Produktionsmethoden für die Luftfahrt untersucht.