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Österreichische Nanosatelliten liefern erste Forschungsergebnisse

17.03.2016 | TU Graz news | Forschung

Von Alexandra Frey

TUGSAT-1/BRITE-Austria und UniBRITE, Österreichs erste Satelliten im All, feiern ihren 3. Geburtstag. "Astronomy & Astrophysics" veröffentlicht drei Publikationen mit neuen Ergebnissen der ESA-Mission.

Seit bereits drei Jahren liefern die Nanosatelliten der internationalen BRITE-Mission wertvolle Daten zu besonders massereichen Sternen. Im Bild: der an der TU Graz gebaute und getestete Satellit TUGSAT-1. © TU Graz

Bildmaterial zum Download am Ende der Meldung verfügbar.

„BRITE steht für BRIght Target Explorer. Es handelt sich dabei um 20 Zentimeter lange und acht Kilogramm schwere, würfelförmige Nanosatelliten, die ein kleines Weltraumteleskop tragen", erklärt Werner W. Weiss, UniBRITE-Projektleiter vom Institut für Astrophysik der Universität Wien. Insgesamt fünf Nanosatelliten umkreisen mittlerweile die Erde in etwa 800 Kilometern Höhe; neben den zwei österreichischen Satelliten UniBRITE für die Universität Wien und TUGSAT-1/BRITE-Austria für die TU Graz  auch noch zwei polnische und ein kanadischer Satellit. Die BRITE-Constellation hat sich somit zu einem internationalen Vorzeigeprojekt entwickelt, denn es handelt sich um die ersten Nanosatelliten im astrophysikalischen Forschungs¬einsatz. Alle Beobachtungen werden im internationalen Team verarbeitet.

Ziele der BRITE-Constellation

Das Projekt hat das Ziel, die Helligkeitsschwankungen von Sternen in zwei Farbbereichen, dem roten und dem blauen, mit hoher Genauigkeit und über einen langen Zeitraum kontinuierlich zu messen. Astronominnen und Astronomen können aus der Auswertung der wissenschaftlichen Daten wichtige Rückschlüsse auf die physikalischen Eigenschaften dieser Sterne ziehen, die für das Verständnis ihrer Entwicklung wichtig sind. "Diese Messungen können nur vom Weltraum aus durchgeführt werden, da die photometrische Genauigkeit der Messungen durch die Turbulenzen der Erdatmosphäre selbst bei völlig klarem Himmel deutlich eingeschränkt ist, so Weiss. Weiters fallen die äußerst störenden Unterbrechungen durch den Tag-Nacht-Rhythmus oder durch Schlechtwetter in den Beobachtungsreihen weg. Und auch die durch die Jahreszeiten auf der Erde auf zwei Monate beschränkten Beobachtungszeiträume ganzer Nächte werden durch BRITE auf bis zu sechs Monate verlängert.

Die BRITE-Datensätze sind für die Untersuchung von Sternaufbau und -entwicklung mit den Methoden der Asteroseismologie unentbehrlich. Diese beruht darauf, dass Sterne vibrieren, was durch geringfügige Helligkeitsänderungen nachweisbar ist. Aus den verschiedenen Pulsationen eines Sternes kann dann gleichsam sein "Röntgenbild" entwickelt werden. Zielgebiete der ersten Messungen waren u.a. die Circinus- und die Centaurus-Konstellation am südlichen Sternenhimmel. Diese Himmelsgegend ist für Astronominnen und Astronomen in Sachen Sternentstehung und -entwicklung besonders interessant, weil sie viele massereiche Sterne beherbergt. Solche Sterne führen einerseits nur ein relativ kurzes Leben, sind aber andererseits mitverantwortlich für die Produktion jener chemischen Elemente, die auch für unser Leben erforderlich sind.

Stern α Circini

Ein Forschungsobjekt des Nanosatelliten war α Circini: Er ist ein so genannter "chemisch pekuliarer magnetischer Stern", bei dem die Magnetfeldstärke, die bei allen Sternen vorhanden ist, ausreichend groß für eine detaillierte spektroskopische, interferometrische und polarimetrische Untersuchung ist. Darüber hinaus pulsiert α Circini, und man kann deshalb auch das Innere dieses Sterns untersuchen. BRITE-Constellation konnte erstmals den Lichtwechsel durch Rotation in zwei Farben beobachten, und auch die Frage nach einer in der Vergangenheit unbeobachteten Pulsationsperiode klären.

Stern β Centauri

Ein anderer Stern ist β Centauri: Er ist ein komplexes Gebilde von einem massereichen Doppelstern, der von einem dritten, etwas weiter entfernten Stern, umkreist wird. Die Bedeutung eines Doppelsterns liegt für AstronomInnen in der Möglichkeit, die Sternmassen durch die Gesetze der klassischen Mechanik sehr gut abschätzen zu können. Der innere Aufbau dieser Objekte kann über deren Pulsationseigenschaften bestimmt und mit großer Genauigkeit geprüft werden. Astronominnen und Astronomen der BRITE-Constellation haben β Centauri über 146 Tage mit BRITE-Constellation beobachtet. Die Herausforderung dabei war, die aufgezeichneten 17 Pulsations¬frequenzen jeweils einer der beiden Doppelsternkomponenten zuzuordnen und individuell deren Schwingungsmuster zu bestimmen. Letzteres wurde noch dadurch erschwert, dass beide Sterne in nur wenigen Tagen um ihre Achse rotieren, was die Pulsationseigenschaften beeinflusst.

Ohne den langen, genauen und ununterbrochenen Datensatz von BRITE-Constellation wäre das Modellieren dieser massereichen pulsierenden Sterne nicht möglich gewesen. Jetzt dienen diese Modellierungen als Prototypen der Klasse von massereichen, so genannten B-Sternen, erklärt Andrzej Pigulski von der Universität Wroclaw, ebenfalls Mitglied des BRITE-Constellation-Teams.

Sterne η und μ Centauri

Im Fall der Sterne η und μ Centauri haben es ebenfalls erst Daten der BRITE-Constellation erlaubt, die Wechselwirkungen zwischen der Pulsation von massereichen Sternen und deren unmittelbarer Umgebung aufzuklären. Ein Forschungsteam am European Southern Observatory um Dietrich Baade konnte in der Variabilität dieser beiden Sterne die stellaren Pulsationen von zirkumstellaren hydrodynamischen Vorgängen trennen.

„Österreichische Astronominnen und Astronomen und Technikerinnen und Techniker haben mit BRITE-Constellation einen Meilenstein beim Einsatz von Nanosatelliten in der astrophysikalischen Forschung gesetzt", resümiert Werner Weiss. Für Österreich ist die Kooperation der Universitäten in Wien und Innsbruck und der Technischen Universität Graz beispielhaft. An der Universität Wien erfolgen das Management der gesamten BRITE-Constellation und die astrophysikalische Forschung in Kooperation mit der Universität Innsbruck. Der von der TU Graz realisierte Satellit TUGSAT-1/BRITE-Austria wird von der eigens dafür entwickelten Bodenstation in Graz betrieben, die nun auch den Betrieb von UniBRITE übernimmt.

"Die beiden österreichischen Satelliten waren ursprünglich für einen zweijährigen Einsatz ausgelegt. Mittlerweile sind sie mehr als drei Jahre erfolgreich im Orbit. Die Auswertung der Messwerte zeigen, dass die BRITE-Satelliten noch mindestens weitere zwei Jahre operationell sein können", sagt Otto Koudelka, Projektleiter für BRITE-AUSTRIA von der TU Graz. Ohne Finanzierung durch die Universität Wien (UniBRITE) und der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (BRITE-Austria) wäre der große Erfolg von BRITE-Constellation nicht möglich gewesen, wie auch ohne der Einbettung der Arbeiten mit den beiden Satelliten in breite internationale Kooperationen.

Kontakt

Kontakt TUGSAT-1/BRITE-Austria:
Otto KOUDELKA
Univ. Prof. Dipl.-Ing. Dr.
Institut für Kommunikationsnetze und Satellitenkommunikation
Mobil: +43 664 602 876 1602
E-Mail: koudelkanoSpam@tugraz.at

Kontakt UniBRITE:
Werner Wolfgang WEISS
Univ.-Prof. i.R. Dr. Dipl.-Ing.
Institut für Astrophysik
Mobil: +43 664 73478374
E-Mail: werner.weissnoSpam@univie.ac.at

Otto Koudelka, Projektleiter für BRITE-AUSTRIA von der TU Graz. © Lunghammer - TU Graz
Der Nanosatellit TUGSAT-1 war 2013 der erste österreichische Satellit im All. © Lunghammer - TU Graz
Gebaut und getestet wurde TUGSAT-1 an der TU Graz, unter anderem in einem speziellen Reinraum. © Lunghammer - TU Graz