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Dreifacher Doppler: Startschuss für neue CD-Labors

11.10.2016 | TU Graz news | Forschung

Von Susanne Eigner

Von der Faserquellung im Papier über das Sehvermögen von Maschinen bis zur Effizienz elektrischer Hilfsantriebe: 2016 starteten drei neue Christian Doppler Labors an der TU Graz. Was das bedeutet und wer davon profitiert – ein Überblick.

Martin Wilkening, Ulrich Hirn, Annette Mütze und Vincent Lepetit.

Ulrich Hirn, Vincent Lepetit und Annette Mütze kommen aus ganz unterschiedlichen Forschungsdisziplinen und haben dennoch eines gemeinsam: Sie alle sind tonangebend für je ein heuer eröffnetes Christian Doppler Labor an der TU Graz. Unter ihrer Leitung kooperieren Teams der TU Graz mit ausgewählten Unternehmenspartnern und gefördert von öffentlicher Hand mit je einem gemeinsamen Forschungsziel. Das CD-Labor für Faserquellung und deren Effekt auf die Papiereigenschaften“ eröffnete im Jänner, das „CD-Labor für Semantische 3D Computer Vision“ im April, und die Eröffnung des „CD-Labors für Bürstenlose Antriebe für Pumpen- und Lüfteranwendungen“ im September komplettierte das Trio. Für das „CD-Labor für Lithium-Batterien“ unter der Leitung von Martin Wilkening fiel der Startschuss bereits 2013; insgesamt gibt es damit aktuell vier laufende Christian Doppler Labors an der TU Graz. Dazu Horst Bischof, Vizerektor für Forschung: „Das Fördermodell CD-Labor bietet langfristig gesicherte Forschungsbedingungen. Schön, dass heuer gleich drei neue Einrichtungen an der TU Graz starten konnten. Ich kann den Kolleginnen und Kollegen aus der Forschung empfehlen, sich über die Antragstellung zu informieren und die Fördertöpfe der Christian Doppler Gesellschaft auf dem Radar zu haben.“

Langzeitbeziehungen

Anders als der Name vermuten lässt, geht es nicht um die physische Einrichtung eines Labors, sondern um gemeinsame anwendungsorientierte Grundlagenforschung zu einem vorab definierten Themenfeld. Reinhart Kögerler, Präsident der Christian Doppler Gesellschaft (CDG), erklärt die Besonderheit: „Die Forschungsgruppe erarbeitet Grundlagenwissen, das beim Unternehmenspartner in die Entwicklung neuer Produkte und Verfahren einfließt. Während der Zusammenarbeit herrscht ein permanenter Wissens-, Erfahrungs- und Fragenaustausch zwischen den Partnern, zudem kann die wissenschaftliche Seite über 30 Prozent des Budgets frei verfügen. Damit unterscheidet sich diese Art der Forschungskooperation grundlegend von einer Auftragsforschung.“ Es ist eine langfristige Beziehung, auf die sich alle Beteiligten einlassen: Christian Doppler Labors haben eine Laufzeit von sieben Jahren. „Nach bescheideneren Zeiten angespannter Wirtschaftslage sind Unternehmen nun wieder vermehrt bereit, sich für sieben Jahre zu einer Kooperation mit wissenschaftlichen Partnern zusammenzutun. Momentan ist die Zeit für CD-Labors wirklich gut“, schildert Reinhart Kögerler. 

Der Weg zum CD-Labor 

Am Anfang steht in der Regel eine Forschungsfrage, die ein Unternehmen mit eigenen Forschungskapazitäten nicht beantworten kann, umgekehrt können auch Wissenschafterinnen und Wissenschafter direkt an Unternehmen he-rantreten. Gemeinsam wird ein mehrjähriges Programm zur Behandlung der Fragestellung entwickelt, die Christian Doppler Gesellschaft berät und unterstützt hier schon frühzeitig. Die wirtschaftlichen Kooperationspartner können sowohl österreichische als auch Unternehmen aus dem Ausland sein. Eingereicht wird der Förderantrag von der Forschungsseite, bei einer Zusage läuft das Labor sieben Jahre, mit einem Mindestbudget von 110.000 Euro und einem Maximalbudget von 700.000 Euro, jeweils pro Jahr. Ausschlaggebend sind für die Christian Doppler Gesellschaft im Wesentlichen die wissenschaftliche Qualität der vorgeschlagenen Forschungsarbeiten und neben der wissenschaftlichen Qualifikation die Führungsqualifikation der vorgesehenen Laborleitung. „Wer Fragen, Interesse oder schon konkrete Ideen hat oder gar schon einen Antrag auf Einrichtung eines CD-Labors einreichen will, ist jederzeit herzlich bei der CDG willkommen“, lädt Reinhart Kögerler Interessierte ein, sich zu melden.

Das aktuelle Christian-Doppler- Quartett der TU Graz

CD-Labor für Lithium-Batterien – Alterungseffekte, Technologie und neue Materialien

Das Christian Doppler Labor für Lithium-Batterien am Institut für Chemische Technologie von Materialien wurde 2012 gegründet, feierte 2013 seine Eröffnung und widmet sich unter anderem neuen Konzepten für Lithium-Batterien. Neben Si-Mikrobatterien werden insbesondere Li-Festkörperbatterien untersucht. Unternehmenspartner des CD-Labors sind AVL List GmbH und Infineon Technologies Austria AG. Erst im August 2016 konnte das Team des CD-Labors einen beachtlichen Erfolg vermelden: Es hat gezeigt, wie einkristallines Silizium, aus dem der Mikrochip besteht, direkt als Batterieelektrode, also Anode, genutzt werden kann. Martin Wilkening, Leiter des Instituts für Chemische Technologie von Materialien und des CD-Labors, zeigt sich begeistert von diesem Mini-Kraftwerk: „Die Mikrobatterie ist nur wenige Millimeter groß und erreicht Leistungsstärken, die mit den besten heutzutage erhältlichen Li-Ionenbatteriesystemen konkurrieren können.“ 

CD-Labor für Faserquellung und deren Effekt auf die Papiereigenschaften 

Papier ist allgegenwärtig und muss so vieles: luftdurchlässig, stabil und reißfest sein, Farbe optimal aufnehmen und sich bei Befeuchtung keinesfalls unerwünscht verformen. „Je nach Verwendungszweck müssen diese Eigenschaften perfekt kombiniert werden – und wir forschen am Schlüssel für die optimalen Kombinationen“, sagt Ulrich Hirn vom Institut für Papier-, Faser-und Zellstofftechnik und Leiter des „CD-Labors für Faserquellung und deren Effekt auf die Papiereigenschaften“. Im Fokus sind mechanische Modelle der genauen Quellungsvorgänge bei Befeuchtung und Trocknung des Papiers, Modifikations- und Verbesserungskonzepte und damit die Basis für die Papiersimulation in der Druckmaschinenentwicklung. Die Gruppe hat zwei große Unternehmenspartner: Mondi Uncoated Fine and Kraft Papers, ein Papierkonzern mit Hauptsitz in Wien, und Océ Technologies B.V., ein Hersteller industrieller Druckmaschinen mit Hauptquartier in den Niederlanden. 

CD-Labor für Semantische 3D Computer Vision 

Egal ob autonome Fahrzeuge oder roboterunterstützte Fabriken: Maschinen lernen durch Wiederholungen. Werden sie mit Daten gefüttert, können sie Muster erkennen, sich diese merken und entsprechend handeln. Das bedeutet im Umkehrschluss: Um einer Maschine etwas beizubringen, braucht es bekannte Daten. Dazu Vincent Lepetit, Leiter des „CD-Labors für Semantische 3D Computer Vision“: „Viele Dinge funktionieren heute, weil im Vorfeld eine Menge Daten generiert wurde, aus deren Wiederholung ein Roboter lernt. Sind keine Daten vorhanden, bleibt nur das mühsame händische Programmieren. Das macht Anwendungen sehr fehleranfällig und wenig flexibel.“ Statistische Methoden reichen für das dreidimensionale Sehen von Computern nicht aus. Das Team rund um Lepetit vom Institut für Maschinelles Sehen und Darstellen wird auf maschinellem Lernen basierende Ansätze als fundamentale Bausteine für Anwendungen der 3D Computer Vision entwickeln. Qualcomm Technologies Inc., eine Tochtergesellschaft der kalifornischen Qualcomm Incorporated, unterstützt die Grazer Gruppe. 

CD-Labor für bürstenlose Antriebe in Pumpen- und Lüfteranwendungen 

Der weltweite Energiebedarf steigt stetig, gleichzeitig gelten besonders für die Industrie strengere Umweltschutzauflagen. Es gilt, elektrische Energie möglichst effizient zu nutzen, und zwar nicht nur in größeren Hauptantrieben. „Auch Hilfsantriebe eines Fahrzeugs brauchen große Mengen an Energie, beispielsweise Ventilatoren für den Kühler, Hydraulikpumpen für die Servolenkung oder Antriebe für die Sitz- und Fensterverstellung. Das betrifft ebenso Haushaltsgeräte und diverse Hilfsaggregate in anderen Anwendungen. Dafür eignen sich besonders sogenannte integrierte bürstenlose Antriebe, die wir im Rahmen des neuen CD-Labors gemeinsam mit der Mechatronics Systems GmbH hinsichtlich mehrerer Kriterien deutlich optimieren wollen“, schildert Annette Mütze, Leiterin des Instituts für Elektrische Antriebstechnik und Maschinen und designierte Leiterin des „CD-Labors für bürstenlose Antriebe in Pumpen- und Lüfteranwendungen“. 

Information

 „Fördermodell Christian Doppler Labor“ 

In Christian Doppler Labors wird anwendungsorientierte Grundlagenforschung auf hohem Niveau betrieben, hervorragende Wissenschafterinnen und Wissenschafter kooperieren dabei mit innovativen Unternehmen. Für die Förderung dieser Zusammenarbeit gilt die Christian Doppler Forschungsgesellschaft international als Best-Practice-Beispiel. Christian Doppler Labors werden von der öffentlichen Hand und den beteiligten Unternehmen gemeinsam finanziert. Wichtigster öffentlicher Fördergeber ist das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW). Nähere Infos: www.cdg.ac.at 

Kontakt

Ihr Kontakt für Informationen zum Start eines Christian Doppler Labors: 

Karin Zarfel 
Christian Doppler Forschungsgesellschaft / Evaluierung 
Boltzmanngasse 20
1090 Wien 
Tel.: +43 1 5042205 21 
E-Mailkarin.zarfelnoSpam@cdg.ac.at
www.cdg.ac.at