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Wasserstoff in kleinen, roten Eisenpellets

19.09.2023 | Planet research | FoE Sustainable Systems | Young Talents

Von Birgit Baustädter

Schon beim Activity-Spielen merkte Fabio Blaschke, dass seine Zukunft eher in der Technik als beim Zeichnen liegt. Heute forscht er an Eisenpellets zum Speichern von Wasserstoff.

Fabio Blaschke präsentiert seine Forschung beim Innovationswettbewerb Falling Walls Lab. Bildquelle: Lunghammer - TU Graz

Kleine, rote, unscheinbare Pellets sollen in Zukunft sicher, ungiftig und unkompliziert Wasserstoff speichern – und das vor allem indirekt. Fabio Blaschke ist einer der Forschenden am Institut für Chemische Verfahrenstechnik und Umwelttechnik der TU Graz, die sich mit der Erforschung von Eisenoxid als Wasserstoffspeicher wissenschaftlich beschäftigen: „Wir speichern quasi um die Ecke: Mittels Wasserstoff wird dem Eisenoxid der Sauerstoff entzogen. Als ‚Abfallprodukte‘ entstehen dabei Eisen und Wasser. Die kleinen Eisenpelets können unkompliziert bei Raumtemperatur gelagert werden. Bei Bedarf werden sie mit heißem Wasserdampf bedampft und wir bekommen wieder Wasserstoff zurück.“ So einfach, so praktikabel. Weil hier nicht direkt Wasserstoff gespeichert wird, fallen viele technische Probleme gleichzeitig weg: In Gasform wird Wasserstoff unter Hochdruck in Behältern gespeichert – die Energiedichte ist dabei gering und es braucht viel Energie, um den Wasserstoff zu komprimieren. Gleichzeitig gelingt es dem kleinsten Molekül unseres Periodensystems, durch die Behälterwände zu diffundieren und zu verschwinden – beispielsweise bei Autotanks. Steht das Fahrzeug längere Zeit, ist der Tank daher irgendwann nur noch halb gefüllt. Flüssigspeicher wiederrum nutzen giftige und krebserregende Speichermittel, die eine Gefahr für die Umwelt darstellen, sollten sie austreten. Die kleinen, roten Eisenpellets brauchen das alles nicht – sie müssen lediglich trocken gelagert werden. „Und sie färben leider sehr stark. Unsere Laboranten beschweren sich immer, dass überall rote Fußabdrücke im Institut zu finden sind“, erzählt Fabio Blaschke schmunzelnd. Auch die Energiedichte bei dieser Speicheroption überzeugt: In einem Kilo Eisen können bis zu 12 Mol Wasserstoff gespeichert werden – der anschließend auch in hochreiner Form mit 99,99 Prozent Reinheit rückgewonnen werden kann. „Das ist vor allem für Brennstoffzellen wichtig. Sie können nur mit hochreinem Wasserstoff betrieben ihre volle Leistung über einen längeren Zeitraum abrufen.“

Aufladbare Speichermedien

In Blaschkes Forschungsarbeit ist vor allem die Zyklusstabilität der Eisenpellets ein Thema. Die Pellets können in einem Kreislauf genutzt und immer wieder aufgeladen werden. „Bisher haben wir bis zu 100-Wandlungszyklen geschafft“, erzählt Blaschke. Dafür erforscht er mit seinem Team insbesondere Supportmaterialien, die ein Versintern des Eisens verhindern, was wiederrum zu Leistungseinbußen führen würde.

Activity und Aquarien

Der heute 30-jährige ist als Doktorand an der TU Graz beschäftigt. Über Umwege hat er seinen Weg in die Verfahrenstechnik gefunden. „Meine Schwester hat sich immer für Kunst und Sprachen interessiert. Aber ich habe schon beim Activity spielen gemerkt, dass meine Talente eindeutig nicht im Zeichnen liegen“, erinnert er sich. „Ich habe mir einen Chemiebaukasten gewünscht und wollte immer wissen, warum die Welt so funktioniert, wie sie es tut. Meine Mutter konnte auch nicht alle meine Fragen beantworten und hat lachend vorgeschlagen, ich sollte doch einmal Chemie studieren. Und damit war das entschieden.“ Nach seinem Abschluss in Technischer Chemie arbeitete er einige Jahre in der Industrie, bis er schließlich ein Thema gefunden hatte, dem er sein Doktorat widmen wollte. „Ich wollte nur etwas machen, wofür ich brenne, wo ich Zukunftsperspektiven sehe und ich mit vollem Einsatz arbeiten kann.“ Auch der Weg in die Wissenschaft war für den Chemiker immer klar: „Nach jedem Sommerjob habe ich mich wieder auf die Uni gefreut. Ich musste mich nie zum Lernen aufraffen. Wenn ich ein Chemie- oder Mathematikbuch lese, dann ist das wie ein fesselnder Roman für mich.“ Alternativ hätte er sich für einen Handwerksberuf entschieden und wäre eventuell Tischler geworden - wie sein Opa, der seine Werkstatttüren immer für den Enkel offen hatte. „Heute bastle ich eben an unserem Versuchsreaktor.“

In seinem Privatleben umgibt er sich ebenfalls mit Wasser – in vielfältigen Aquarien, die er mit seiner Freundin zu Hause betreibt, deren Ökosystem er beobachtet und deren Wasserqualität er akribisch überwacht. „Es ist immer Chemie mit dabei. Ich lerne jeden Tag etwas Neues.“

Dieses Forschungsprojekt ist im Field of Expertise „Sustainable Systems“ verankert, einem von fünf strategischen Schwerpunktfeldern der TU Graz.
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Kontakt

Fabio BLASCHKE
Dipl.-Ing. BSc
Institut für Chemische Verfahrenstechnik und Umwelttechnik
Inffeldgasse 25/C/III
8010 Graz
Tel.: +43 316 873 8783
blaschkenoSpam@tugraz.at