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Nano-Komposition: Neues Syntheseverfahren für Katalysator-Materialien

04.04.2019 | TU Graz news | Forschung

Von Christoph Pelzl

Forschende der TU Graz beschreiben in Chemical Science jene Effekte, die bei der Verdampfung von Vanadium-Verbindungen auftreten. Daraus werden sich Verbesserungen für Katalysatoren zur Reduktion von Stickoxiden ableiten lassen.

Schema der Pick-up Technik zur Aggregation von Nanopartikeln in kalten Heliumtröpfchen; © IEB – TU Graz

Seit 2011 beschäftigen sich Forschende am Institut für Experimentalphysik der TU Graz mit der gezielten Herstellung von Nanoclusterstrukturen. Zum Einsatz kommt eine sogenannte „Pick-up“-Technik: Helium-Tröpfchen mit einer Temperatur nahe dem absoluten Nullpunkt sammeln Atome oder Moleküle aus einer Verdampfungsquelle auf, die im Inneren der Tröpfchen zu Nanopartikeln geformt werden. Diese Methode nutzte ein Team des Instituts für Experimentalphysik rund um Institutsleiter Wolfgang Ernst und Andreas Hauser, um mit Vanadium-Oxiden zu experimentieren. Dabei gelang den Wissenschaftlern ein Durchbruch in der Erforschung von Vanadiumpentoxid. Die Ergebnisse tragen zu einem besseren Verständnis katalytischer Prozesse sowie zur Verbesserung in der Herstellung sogenannter SCR-Katalysatoren (englisch: selective catalytic reduction) bei, wie sie beispielsweise in Industrieanlagen, Kraftwerken und Verbrennungsmotoren eingesetzt werden. Die Arbeit wurde jetzt im renommierten Journal der Royal Society of Chemistry, Chemical Science, veröffentlicht.

Ungewöhnliche Cluster-Sublimation von Vanadiumpentoxid

Vanadium-Oxide sind wesentlich für katalytische Prozesse. Sie reduzieren den Stickoxid-Gehalt in Abgasen und spielen auch bei der Oxidation von Kohlenwasserstoffen eine wichtige Rolle. Von allen Vanadium-Oxiden stellt Vanadiumpentoxid V₂O₅ die katalytisch wertvollste Verbindung mit Sauerstoff dar.

In ihren Untersuchungen ließen die Wissenschaftler am Institut für Experimentalphysik reines V₂O₅-Pulver verdampfen. Anschließend analysierten sie die sublimierten Partikel mit Hilfe der oben genannten Heliumtröpfchentechnik. „Trotz jahrzehntelanger Untersuchungen von Vanadium-Oxiden war bislang nicht klar, ob einzelne V₂O₅-Moleküle abdampfen, ob auch Vanadium-Atome aus der Substanz austreten oder ob andere Fragmente mit unterschiedlichen Vanadium- und Sauerstoffanteilen zu beobachten sind“, erklärt Wolfgang Ernst. Ernst und Hauser konnten jetzt erstmals nachweisen, dass die Verdampfung bevorzugt in Einheiten von V₄O₁₀ erfolgt. Das heißt, es werden Dimere der molekularen Bausteine abgedampft, keine einzelnen V₂O₅-Moleküle.

Der Schlüssel für diese neuen Erkenntnisse liegt in der Analysemethode, wie Ernst erklärt: „Für eine akkurate Massenanalyse ist es wichtig, dass das Analyseverfahren selbst keine Fragmentation verursacht. Das ist bei traditionellen Massenanalysen sehr wahrscheinlich. Unsere ‚helium-mediated mass analysis‘ hingegen verhindert dieses ‚Fragmentieren per Methode‘.“

Überführung in die Industrie

Die Ergebnisse sind auch für die Katalyse-Industrie von großer Bedeutung, zumal die Grazer Wissenschafter mit ihren Messungen zeigen, dass sie Vanadiumoxid aufdampfen können, ohne das stöchiometrische Verhältnis zum Festkörper zu verändern. Das ist die Basis für ein neues Verfahren, bei dem metallische Nanopartikel mit V₂O₅-Partikeln beschichtet werden können. Eine systematischere Herstellung von effizienteren und kostengünstigeren Katalysatormaterialien zur Stickoxid-Reduktion wäre damit möglich. Tests zu solchen Stickoxid-Reduktionen sowie Nachfolgeexperimente an Vanadium-Oxid beschichteten Metallclustern sind derzeit am Institut für Experimentalphysik im Gange.

Dieses Forschungsprojekt ist im Field of Expertise „Advanced Materials Science“ verankert, einem von fünf strategischen Schwerpunktfeldern der TU Graz, und wird vom österreichischen Forschungsfond FWF unter der Nummer PIR8-N34 gefördert.

Information

Zur Originalpublikation „Vanadium(V) oxide clusters synthesized by sublimation from bulk under fully inert conditions" in Chemical Science, 2019,10, 3473-3480;

Kontakt

Wolfgang E. Ernst
Univ.-Prof. Dipl.-Phys. Dr.rer.nat.
TU Graz | Institut für Experimentalphysik
Petersgasse 16, 8010 Graz
Tel. +43 316 873 5033
Email: wolfgang.ernstnoSpam@tugraz.at  
iep.tugraz.at

Dem Leiter des Instituts für Experimentalphysik der TU Graz, Wolfgang Ernst, gelang gemeinsam mit seinem Team der Durchbruch in der Erforschung von Vanadiumpentoxid. © Lunghammer – TU Graz
Zur eindeutigen Feststellung und Begründung der dimerischen Verdampfung von Vanadiumpentoxid nutzte Andreas Hauser vom Institut für Experimentalphysik der TU Graz quantenchemischen Rechnungen wie auch eine theoretische Analyse von Energie- und Entropiebilanzen für verschiedene Verdampfungsszenarien. © Lunghammer – TU Graz
Vanadiumpentoxid-Dimer aus Festkörpersublimation. © IEB – TU Graz