I Spy Science: Was ist Papier?
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Ulrich Hirn: Was ist eigentlich Papier?
Karin Zojer: Schreiben, Malen, Zeichnen und Papierflieger bauen. Davon kennen wir herkömmliches Papier. Es ist meist weiß, meist rechteckig, lässt sich falten, biegen und zerreißen. Aber es hält auch so einiges aus. Wir können mit Stiften darauf malen, es falten oder Dinge darin einpacken. Aber Papier hat noch viel mehr Geheimnisse in sich versteckt, als wir es von einem weißen Stück Holzfasern erwarten. Mein Name ist Karin Zojer, Festkörperphysikerin.
Ulrich Hirn: Und ich bin Ulrich Hirn, Verfahrenstechniker. Wir beide befassen uns an der TU Graz wissenschaftlich mit Papier. Karin ist Materialwissenschafterin und ich befasse mich mit der Technologie für die Produktion. Papier kennen wir seit rund 2.000 Jahren. Ursprünglich kommt es aus China und ist seit dem 11. Jahrhundert auch in Europa bekannt.
Karin Zojer: Papier ist ein Werkstoff aus Pflanzenfasern. Im Grunde kann es aus jeder zellulosehaltigen Pflanze hergestellt werden. Wir verwenden aber zum überwiegenden Teil Holz für die Produktion. Aber es gibt auch Papier aus textilen Fasern oder anderen Pflanzen wie zum Beispiel Stroh.
Ulrich Hirn: Um Papier herzustellen, wird als erstes das Rohmaterial aufgeschlossen. Das heißt, dass die Fasern, die im Holz oder in der Pflanze zusammenkleben, zu Einzelfasern aufgetrennt werden. Dieses Material aus Einzelfasern heißt Zellstoff und kann zu Papier oder Karton weiterverarbeitet werden.
Karin Zojer: Neben neuen Rohstoffen verwenden wir häufig auch Altpapier, also alte Zeitungen oder Kartons. Altpapier ist meistens bereits bedruckt und muss als erstes von der Druckerfarbe befreit werden, bevor wir es weiter für neues Papier verwenden können.
Ulrich Hirn: Zum Zellstoff werden Füllstoffe, Farbstoffe und andere Hilfsstoffe beigemengt, die dem Papier bestimmte Farben oder Eigenschaften geben. Füllstoffe zum Beispiel füllen die Zwischenräume zwischen den einzelnen Zellulosefasern auf und machen das Papier so weißer und glatter.
Karin Zojer: Die Materialien werden wie bei einem Teig mit Wasser gemischt und es entsteht ein homogener Papierbrei. Wenn ich Papier per Hand erzeuge, dann trage ich diesen Brei sehr dünn auf ein Sieb auf. Die Fasern verfilzen dabei, wie man hier sehr gut an der Oberfläche des Modells sieht, und lassen die Papierstruktur entstehen. Anschließend lasse ich alles trocknen und es entsteht ein fester Bogen Papier.
Ulrich Hirn: Industriell wird Papier aber mit Maschinen hergestellt, die wesentlich schneller und effizienter sind. Funktionieren tut es aber gleich. Der Papierbrei wird auf ein schnell laufendes Sieb aufgebracht, wo bereits der größte Teil des Wassers abläuft. Danach wird das Papier gepresst und anschließend auf Trockenzylindern endgültig getrocknet.
Karin Zojer: Papier wird häufig als umweltfreundliche Verpackung verwendet. Papier eignet sich beispielsweise zum Verpacken für Lebensmittel, aber auch für Baumaterialien wie Zement. Ich habe mir in den vergangenen Jahren Papier als Verpackung genauer angesehen. Papier ist nämlich porös, denn, und das sieht man hier nochmal im Modell sehr schön, zwischen den Fasern sind mit luftgefüllten Zwischenräumen vorhanden. Wie können dadurch unterschiedliche, sehr bewegliche Teilchen durch Papier transportiert oder eben nicht transportiert werden? Eine mögliche Anwendung betrifft den Transport von Aromastoffen. Diese Stoffe sind zum Beispiel für Zitrus-, Mandel- oder Vanillegeruch verantwortlich. Bei Mundtemperatur gehen Aromastoffe in ein Gas über, in welchen die beweglichen Moleküle in Nase und Gaumen vordringen können und den Geruchssinn anregen. Wenn ich nun einen Käse in Papier verpacke, stellen sich Fragen, wie kann ich das Käsearoma im Inneren der Verpackung halten, aber die Feuchtigkeit zum Beispiel nicht eindringen lassen? Diese Vorgänge haben wir uns wissenschaftlich eingehend angesehen.
Ulrich Hirn: Ich habe mich in den vergangenen Jahren mit der Herstellung von verschiedenen Arten von Papier beschäftigt. Zum Beispiel haben wir an Papieren für den industriellen Inkjet-Druck gearbeitet. So ein industrieller Inkjet-Drucker ist 10 Meter lang und druckt 5 A4 Blätter pro Sekunde. Eine wichtige Anwendung ist auch Hygienepapier, also Taschentücher oder Handtücher. Diese Produkte sind wie normales Papier, das aber durch Kreppen weich wird und Flüssigkeit gut aufnimmt. Wir beschäftigen uns aber auch mit Anwendungen von Papier im Innenausbau. Die klassische Gipskartonwand ist zum Beispiel eine Kombination aus Papier und Gips. Aber auch Recycling ist ein wichtiges Thema für uns. Wir arbeiten momentan daran, die Fasern aus Alttextilien für die Papierherstellung zu verwenden.
Karin Zojer: Papier ist also ein spannender Werkstoff und je mehr wir über ihn wissen, desto mehr gibt es, was wir noch über ihn erfahren können.
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