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Micro-CT-Lab: In die Tiefen der Materialstruktur

02.03.2022 | Planet research | FoE Advanced Materials Science | Forschungsinfrastruktur

Von Birgit Baustädter

Seit Inbetriebnahme des hochinnovativen Micro-CT-Labs an der TU Graz Anfang des Jahres 2022 blicken Forschende der TU Graz, Uni Graz und MedUni Graz gemeinsam tief in die Materialstruktur.

Laborleiter Robert Schennach und Senior Scientist Eduardo Machado Charry.

Rein äußerlich sind die zwei neuen, weißen Boxen unscheinbar. Groß eben. Und weiß. Mit je einem Sichtfenster in der Türe und je einem Probenaufsatz im Inneren. Das unspektakuläre Äußere täuscht aber. Die Boxen sind zwei leistungsstarke Micro-CT-Kammern, die vom interuniversitären Graz-µCT consortium (TU Graz, Uni Graz und MedUni Graz) initiiert und von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft – FFG gefördert wurden. „Mit diesen Geräten können wir tief in die Materialstruktur einer Probe schauen, ohne die Probe dabei zu zerstören“, erklärt Eduardo Machado Charry. Der Senior Scientist der TU Graz ist verantwortlich für die Geräte, bereitet die Proben auf und designt die Versuchsaufbauten. Außerdem kümmert er sich im Nachhinein teils auch um die Datenanalyse – ein unglaublicher Aufwand, wie Robert Schennach, Forscher am Institut für Festkörperphysik und Leiter des Konsortiums, erklärt. „Man muss sich vorstellen: Jede unserer Messungen produziert immense Datenmengen. Pro Versuch müssen mehrere Gigabyte Daten verarbeitet werden.“

Der Probenhalter im Inneren der Micro-CT-Kammer kann je nach Versuchsaufbau gestaltet werden. © Lunghammer – TU Graz

Aber wie kommen diese Daten eigentlich zustande? Je nach Forschungsfrage müssen unterschiedliche Versuchsaufbauten designt werden. Beispielsweise wollen die Forschenden die Auswirkungen von Wasser auf Papier in unterschiedlichen Feuchtigkeitsstadien untersuchen. „Mit unseren Micro-CTs können wir in hoher zeitlicher Auflösung in-situ messen“, erklärt Robert Schennach. Hierzu muss aber die jeweils benötigte Menge an Wasser ins Innere des Gerätes geschafft werden und der Prozess laufen – eine Herausforderung im Versuchsdesign, die erst bewältigt werden muss.

Aber ganz grundsätzlich „wird jede Materialprobe auf einem rotierenden Probenhalter befestigt und dreht sich, während sie mit Röntgenstrahlung beschossen wird. So erhalten wir ein dreidimensionales Abbild der Probe, das am Computer visualisiert werden kann und uns in die Materialstruktur blicken lässt“, erklärt wiederrum Machado Charry.

Eine karbonisierte Kapton Probe, die in wenigen Momenten mit Röntgenstrahlung beschossen wird. © Lunghammer – TU Graz

Die beiden Geräte – Tescan UniTom HR und XL – untersuchen die Materialproben zerstörungsfrei und können so wunderbar andere Messungen, etwa mit Elektronenmikroskopen komplementieren. „Die Elektronenmikroskope erreichen freilich eine höhere Auflösung. Bei unseren Geräten ist ab ca. 800 nm Nanometern Schluss. Aber unsere Messungen eignen sich wunderbar, um einen Überblick über die Strukturen zu bekommen und zum Beispiel die kostspieligen Untersuchungen an einem Synchrotron vorzubereiten.“ Untersucht werden können Proben wie Beton, Papier und Gestein, aber auch biologische Materialien. „Biologische Materialien werden von Röntgenstrahlen natürlich bis zu einem gewissen Grad beschädigt – keine Methode ist perfekt, aber wir sind zumindest nah dran“, lächelt Machado Charry. Messungen können dabei wenige Minuten oder mehrere Tage dauern – bisher beschränkten sich die Forschenden auf Messungen im Rahmen von rund sechs Stunden.

Der Laborkasten mit den Materialproben ist jedenfalls gut gefüllt. Untersucht wird derzeit z.B. Vulkangestein gemeinsam mit dem Austrian Centre for Electron Microscopy and Nanoanalysis (FELMI-ZFE), neue Betonzusammensetzungen mit dem Institut für Materialprüfung und Baustofftechnologie mit angeschlossener TVFA für Festigkeits- und Materialprüfung, Veränderungen an Betonrohren und Lade- sowie Entladeprozesse in Batterien.

Gemeinsam mit dem FELMI-ZFE wird Vulkangestein untersucht. © Lunghammer – TU Graz

Versuche werden derzeit vorwiegend von den 13 Partner-Instituten des Konsortiums umgesetzt. „Wir haben aber auch ein Zeitkontingent für Versuche mit externen Partner*innen und schauen uns gerne neue Forschungsfragen an“, lädt Robert Schennach andere Forschungseinrichtungen und Unternehmen zur Zusammenarbeit ein.

Dieses Forschungsprojekt ist im Field of Expertise „Advanced Materials Science“ verankert, einem von fünf strategischen Schwerpunktfeldern der TU Graz.
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Kontakt

Robert SCHENNACH
Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr.rer.nat.
Petersgasse 16/II
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robert.schennachnoSpam@tugraz.at
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