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… mein Monat am Mars

03.04.2018 | Talking about ...

Von Michael Müller

Eine Mission zum Mars ist für viele ein Traum. Für Michael Müller, Physik-Student an der TU Graz, ist dieser Traum wahr geworden – zumindest beinahe.

Michael Müller untersucht ein frisch gedrucktes Bauteil aus dem 3D Drucker. © Florian Voggeneder
Im Februar 2018 wurde mir die Ehre zuteil, als Mitglied der Field Crew an der AMADEE-18 Mars Simulation in der Dhofar Region im Oman teilzunehmen. Das Österreichische Weltraum Forum (ÖWF) führte im Februar eine analoge Mars Mission durch, um Technologien, Abläufe und Experimente auf ihre Mars-Tauglichkeit zu testen. Diese internationale Expedition in die Wüstenregion von Dhofar beinhaltete an die 20 Experimente – von Bereichen der Geologie bis zur Psychologie – und drei davon stammen von der TU Graz. Ich selbst bin der Principal Investigator für das A3DPT-2-Mars-Experiment (Advantages of 3D Printing Technology to Operations in Future Human Exploration of Mars) – eines der Junior Researchers Experimente, welches sich mit dem 3D-Druck auf dem Mars auseinandersetzt.  

Erste Schritte zum Mars

Alles begann vor zwei Jahren auf einer Konferenz für Weltraum-Operationen, wo wir eine Arbeit über die letzte analoge Mars Mission von 2015 präsentierten. Dort lernte ich meine jetzigen Team-Kollegen kennen, die ebenfalls über das Themengebiet „analoge Mars-Forschung“ präsentierten. Innerhalb der wenigen Konferenztage fassten wir den Entschluss, dass wir ein gemeinsames Projekt starten wollten, um den Kontakt aufrecht zu erhalten. Bei unserer Themensuche stießen wir auf mehrere Arbeiten, die den 3D-Druck als Schlüsseltechnologie für künftige bemannte Missionen zum Mars deklarierten. Auf dieser Basis entwickelten wir ein Experiment, welches testen sollte, inwiefern der 3D-Druck die Oberflächen-Operationen beeinflusst. Wir wollten herausfinden, ob 3D-Drucker tatsächlich die Flexibilität der Operationen – seien es Experimente oder Wartungsarbeiten – erhöhen und ob sie Masseneinsparungen im Payload ermöglichen. Des Weiteren interessierte uns noch die Frage, ob es effizienter ist, die Drucker von der Erde aus zu steuern oder vom Mars selbst. Diese Frage mag zu Beginn vielleicht banal erscheinen, aber es handelt sich um ein verzwicktes Problem, wie wir bald herausfanden. Denn um Crew-Zeit zu sparen, würde man dazu tendieren, die Tele-Operations-Methode von der Erde aus zu wählen – es zeigt sich aber schnell, dass durch die durchschnittliche Signallaufzeit von 10 Minuten vermutlich gröbere Schwierigkeiten auftreten würden, als wenn die Austronautinnen oder Astronauten direkt selbst steuern würden. 
Luftaufnahme der Station, man sieht Wüstensand und die Station im Zentrum umgeben von weißen Containern.
Luftaufnahme des Basislager der AMADEE-18 Simulation in der roten Wüste des Omans. © Florian Voggeneder

Von der Vision zur Mission

Mit diesen Fragen und Problemen im Hinterkopf bewarben wir uns bei dem Österreichischen Weltraum Forum für einen Experimenten-Platz und wurden angenommen. In dem halben Jahr vor der Mars Simulation mussten wir unser Vorhaben noch weiter ausarbeiten und auf die Tätigkeiten des ÖWF zuschneiden. Zusätzlich galt es noch, einen Partner finden, der uns die 3D-Drucker zur Verfügung stellen würde. Wir kamen dabei auf die polnische Firma Skriware zurück, mit der wir schon bei einer früheren Version des Experiments zusammengearbeitet hatten und die Desktop-3D-Drucker für private Konsumentinnen und Konsumenten vertreibt. Die Hardware sollte zwei Monate vor Missions-Beginn von Innsbruck aus in zwei Containern in den Oman verschifft werden, wir mussten bis dahin also alles organisiert haben. Nachdem wir diese Hürde geschafft hatten, blieb uns noch Zeit, ein paar letzte Feinheiten an den Experiment-Abläufen auszubessern. Dann ging es zum Mars! 
Ein Mann in einem RaumanzugA man in a space suit kneeling takes samples in the red desert sand. He holds a tool in one hand. Ein Analog-Astronaut, also ein speziell ausgebildeter Raumanzugtester, nimmt eine geologische Probe im roten Wüstensand des Oman mit dem frisch 3D-gedruckten Werkzeug. © Florian Voggeneder

Am roten Planten gelandet

Per Flugzeug reisten wir in die Wüstenregion Dhofar und von dort aus ging es weiter mit dem Bus. Als wir uns auf holprigen Sandstraßen der Zielregion näherten und in der Ferne schon das Habitat mit seinen eindrucksvollen weißen Kuppeln sichtbar wurde war offensichtlich, weshalb das ÖWF genau dieses Fleckchen Land ausgewählt hatte. Mit den rötlichen Sandsteinhügeln und den weiten sandigen Ebenen, durchsetzt von schwarzen Gesteinsbrocken, sah die Region wirklich aus wie eines der Landschaftsbilder der NASA-Rover vom Roten Planeten selbst. Letztendlich waren wir aber dort, um zu arbeiten und nicht die Landschaft zu bestaunen – und das taten wir die folgenden vier Wochen. Es gab eine Unmenge an geologischen Formationen, die mit unterschiedlichsten Experimenten untersucht wurden, darunter auch ein altes Vadi – ein ausgetrocknetes Flussbett – und unser Experiment war mittendrin. Die von unseren Drucken erzeugten Werkzeuge zum Nehmen von geologischen Proben wurden vielfach eingesetzt. Auch in anderen Situationen war es eine große Hilfe, die 3D-Drucker zu haben. So waren wir beispielsweise in der Lage, unterschiedlichste Ersatzteile und Erweiterungen zu drucken, die die Arbeit für unsere Analog-Astronautinnen und -Astronauten beträchtlich vereinfachten. Es gab auch mehrmals technische Probleme mit unseren Geräten und wir hatten eine Menge an Lessons-Learned. Wir waren zwar in der Lage, eine Reihe von Zwischenfällen zu lösen, es hat sich aber wieder einmal gezeigt, wie wichtig es ist, ein ganzes Set an Ersatzteilen bei sich zu haben. Der Monat in der Wüste ging schnell vorüber und wir alle waren uns einig, dass da jemand mit der Zeit gespielt hatte.

Gedruckter Erfolg

Die Mission war ein großer Erfolg, aber jetzt folgt die Hauptarbeit – das Auswerten der Daten. In unserem Fall bedeutet das das Durchgehen von Log-Files und Berichten, um die Zeiten herauszufinden, die wir für unterschiedliche Szenarien benötigt haben und um einzuschätzen, wie gut sich unsere 3D-gedruckten Bauteile geschlagen haben. Die Ergebnisse werden in den kommenden Wochen aufbereitet und in einem Paper zusammengefasst, welches wir beim ÖWF Science-Workshop im Mai in Graz – mehr Informationen auf der ÖWF-Website – und bei der SpaceOPS 2018 Konferenz in Frankreich präsentieren möchten.

Die TU Graz ist mit drei von 19 Experimenten bei der Mars Simulation besonders stark vertreten. Das Team rund um Gerald Steinbauer vom Institut für Softwaretechnologie der TU Graz steuert das Experiment „Husky Autonomous Rover“ bei. Das Experiment rund um das Team von Martin Hagmüller vom TU Graz-Institut für Signalverarbeitung und Sprachkommunikation beschäftigt sich mit der Funkkommunikation. Michael Müller, Physikstudent an der TU Graz und Mitglied sowie mehrfach Praktikant des ÖWF, untersucht die Möglichkeiten des 3D-Drucks.

Information

Mehr zur Oman-Mars-Simulation „AMADEE-18“ in den News+Stories der TU Graz.Michael Müller im Interview mit AirCampus, dem Podcast-Portal der vier Grazer Universitäten.

Kontakt

Michael MÜLLER
Physik-Student an der TU Graz (NAWI Graz Studium)
m.mueller@student.tugraz.at