Gute Luftqualität in Innenräumen ist eine Grundvoraussetzung für die menschliche Gesundheit und entscheidend für die Konzentrationsfähigkeit in Beruf, Ausbildung und beim Lernen. Eine landesweite Studie der TU Graz hat nun gezeigt, dass Österreichs Schulen die nationalen und europäischen Richtlinien zur Belüftung größtenteils nicht einhalten: Im vergangenen Schuljahr wurde in über 75 Prozent der untersuchten Klassenräume der Richtwert für die tägliche mittlere CO2-Konzentration von 1000 ppm überschritten. Im Winter stieg die Quote sogar auf 88 Prozent. In Einzelfällen lagen die stündlichen mittleren CO2-Werte bei über 6900 ppm, also fast beim Siebenfachen des Richtwerts. In einem Viertel aller Klassenzimmer wurde nicht einmal das absolute Mindestmaß an Belüftung (4 Liter Luft pro Sekunde und Person) erreicht, das nach den geltenden europäischen und österreichischen Normen vorgeschrieben ist (empfohlen werden 10 Liter pro Sekunde und Person unter normalen Betriebsbedingungen). Dies bedeutet, dass viele Schulkinder weniger als 40 % des empfohlenen Mindestluftvolumenstroms pro Person erhalten.
Kohlendioxid gilt für sich genommen zwar nicht als Luftschadstoff, seine Konzentration in der Raumluft wird aber seit langer Zeit als Indikator für die Luftqualität herangezogen. Modellrechnungen im Rahmen der Studie haben zudem gezeigt, dass die Luftgüte mit dem Risiko von Atemwegsinfektionen korreliert: Durch regelmäßiges Lüften lässt sich also neben der CO2-Konzentration auch das Infektionsrisiko senken.
Städtische Schulen schnitten besser ab
Für die Studie hat ein Team um Robert McLeod und Christina Hopfe vom Institut für Bauphysik, Gebäudetechnik und Hochbau der TU Graz im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung im Schuljahr 2023/24 die CO2-Konzentrationen, Belüftungsraten sowie die Umweltdaten in 1200 Klassenzimmern in allen österreichischen Bundesländern untersucht. Dabei zeigten sich z.T. erhebliche Unterschiede zwischen Schultypen und Regionen sowie dem Einfluss der Belüftungsart: Besonders gut schnitten Sonderschulen ab, weil deren Klassenräume eine relativ geringe Belegungsdichte aufweisen. Überraschenderweise hatten Schulen aller Typen in den Städten meist bessere CO2-Werte als Schulen auf dem Land.
Mechanische Belüftung bietet Vorteile
Die Art und Weise der Klassenraumbelüftung spielt im Gesamtzusammenhang eine recht große Rolle: „In Räumen mit einer automatischen, mechanischen Belüftung ist die Luftqualität im Jahresmittel besser als in Klassen, die manuell durch Öffnen der Fenster belüftet werden“, sagt Christina Hopfe. Besonders deutlich wird dieser Effekt bei Außenlufttemperaturen von 16° C und darunter: An solchen Tagen ist die mittlere CO2-Konzentration in mechanisch belüfteten Schulen um 450–600 ppm niedriger als in natürlich belüfteten Schulen.
Forschende empfehlen CO2-Sensoren und Training für richtiges Lüften
Nicht jede Schule kann sich mechanische Belüftungssysteme leisten. Als wirkungsvolle Hilfe beim manuellen Lüften haben sich während der Studie aber die relativ kostengünstigen CO2-Sensoren erwiesen: In der Hälfte der untersuchten Schulklassen wurden gut sichtbare Sensoren angebracht, die das Überschreiten des Richtwertes mit farbigen Leuchten signalisierten. „Solche Sensoren beeinflussen in vielen Klassenzimmern das Lüftungsverhalten und haben dadurch die Luftqualität in manuell belüfteten Räumen signifikant verbessert, vor allem in den Wintermonaten“, sagt Christina Hopfe. „Insgesamt liefert unsere Studie wichtige Informationen und gut umsetzbare Hinweise, wie die Lernergebnisse sowie die Gesundheit und das Wohlbefinden von Schüler*innen und Lehrkräften verbessert werden können. Kostengünstige CO2-Sensoren und Schulungen für die richtiges Lüften (für Lehrer*innen und Schülerer*innen) sind wichtige Investitionen, die alle Schulen in Betracht ziehen sollten.“
Sie möchten die aktuellen Stories, News, Forschungsgeschichten, Interviews oder Blogbeiträge der TU Graz direkt auf Ihr Smartphone oder in Ihren E-Mail-Eingang erhalten? Abonnieren Sie den TU Graz-Telegram-Newsletter.