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TU Graz liefert Know-how für effizientes Flugtriebwerk von General Electric

28.01.2021 | TU Graz news | Forschung

Von Christoph Pelzl

Im EU-Projekt TURANDOT untersuchten Forschende der TU Graz eine haifischhautähnliche Beschichtung für Triebwerksschaufeln und verfolgten den Verlauf der Kühlluft im Triebwerk. So machen sie Flugzeuge sparsamer, kostengünstiger und leiser.

Arbeitet an effizienteren Flugzeugtriebwerken: Der Leiter des Turbomaschinenlabors der TU Graz Emil Göttlich. © Lunghammer – TU Graz

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Ein Triebwerk ist effizienter und leiser, je größer und langsamer der Fan (das ist das Gebläserad vorne am Triebwerk, Anm.) ist. Dieser wird von der Niederdruckturbine angetrieben, die damit auch einen größeren Durchmesser bekommt. Je größer dieser Durchmesser ist, desto kürzer und steiler („aggressiver“) muss auch der Übergangskanal zwischen Hoch- und Niederdruckturbine gestaltet sein. Eine nicht unproblematische Geometrie, wie Emil Göttlich, Forscher am Institut für Thermische Turbomaschinen und Maschinendynamik der TU Graz (ITTM) erklärt: „Ein zu kurzer Übergangskanal könnte einen Strömungsabriss verursachen, da die Luft dem Strömungspfad aufgrund der aggressiveren Geometrie eventuell nicht mehr folgen kann.“ Ein Druckverlust und damit eine reduzierte Triebwerksleistung wären die Folge.

Mit seiner Arbeitsgruppe widmet Göttlich sich diesem Übergangskanal – einer Schlüsselkomponente im Flugzeugtriebwerk, die Temperaturen knapp um die 1.000 Grad Celsius aushalten muss.

Mehr über die Arbeit im Turbomaschinenlabor erfahren Sie im Beitrag Turbomaschinenlabor: Effiziente und aerodynamische Flugzeugtriebwerke in Planet Research.

Verbesserte aerodynamische Eigenschaften

Das Projektteam konnte im Beyond-Europe-Projekt TURANDOT (Turbulence and Duct Surface Optimization in Turbofans) nachweisen, dass die sogenannte Riblet-Beschichtung den Wirkungsgrad des Übergangskanals und damit die Triebwerksleistung enorm verbessert. Diese Beschichtung wurde von Projektpartner bionic surface technologies entwickelt. Es handelt sich dabei um eine haifischhautähnliche Oberflächenbeschichtung, bestehend aus nano- und mikrostrukturierten Rillen (Riblets), die die Reibung an der Kanalwand und so den Strömungswiderstand verringert. Göttlich konkretisiert: „Mit der sogenannten Riblet-Technologie können wir den Druckverlust im Übergangskanal unabhängig von seiner Geometrie um bis zu 5 Prozent reduzieren. Auch wenn das auf den ersten Blick nach wenig klingt, kann so der Treibstoffverbrauch merklich reduziert werden. Das ist nicht nur für die Umweltverträglichkeit der Flugzeuge wichtig, sondern hat auch für Fluglinien einen hohen finanziellen Nutzen, zumal deren Gewinn ungefähr 1 Prozent der Kerosinkosten beträgt.“

Völlig neue Erkenntnisse über Kühlluftströmungen

Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde außerdem der Einfluss der Kühlluftströmungen auf die Performance des Triebwerks untersucht. Die Turbinen und der Übergangskanal liegen direkt nach der Brennkammer des Triebwerks und müssten Temperaturen von bis zu 1.000 Grad Celsius standhalten. Um einen zu schnellen Verschleiß zu unterbinden, werden die Turbinen und der Übergangskanal mit Kühlluft aus dem Verdichter des Triebwerks gekühlt. Allerdings vermischt sich diese Kühlluft mit der heißen Hauptströmung, die das Flugzeug antreibt, und stört so die Aerodynamik –  der Wirkungsgrad des Triebwerks sinkt.  

Am Versuchsturbinenprüfstand im Turbomaschinenlabor konnten Göttlich und sein Team die Strömungsbedingungen, real abbilden und die Kühlluftströmungen beliebig variieren. Hierbei bedienten sie sich einer speziell für diese Versuche entwickelten Seedgas-Technologie: Die Forschenden reicherten die Kühlluft mit geringen Mengen an Kohlenstoffdioxid und Lachgas an. Anhand dieser Tracergase konnten sie die Pfade der verschiedenen Kühlluftströme nachverfolgen.

Die Versuche zeigten, dass die Kühlluft in Strähnen durch den Übergangskanal strömt und nicht – wie bisher vermutet – flächig die Wände bedeckt. Das hat erheblichen Einfluss auf den Wärmeübergang der Triebwerkskomponenten: Die Kühlung ist nicht so effektiv, wie angenommen.  

Andererseits können mit diesem Wissen thermische Probleme im Triebwerk gezielt gelöst werden: „Zukünftig können die Triebwerkshersteller durch die variable Anordnung der Turbinenschaufeln bestimmen, wo die Kühlluft-Strähnen im Übergangskanal verlaufen und welche Komponenten verstärkt gekühlt werden sollen“, so Göttlich, der sich dadurch auch Einsparungen bei den Wartungskosten erwartet.

Vom Labor in die Anwendung

Der Triebwerkshersteller General Electric Aviation (Cincinnati, USA), der die Testgeometrie lieferte, wird das Setup (Übergangskanal so kurz wie möglich, Riblet-Beschichtung, flexible Anordnungen der Turbinenschaufeln) nun in einer neuen Triebwerks-Generation einsetzen, die damit leiser, wartungsärmer und treibstoffsparender werden soll.

Dieses Forschungsprojekt ist im Field of ExpertiseMobility & Production“ verankert, einem von fünf strategischen Schwerpunktfeldern der TU Graz.

Information

TURANDOT wurde im Rahmen des Programms „Beyond Europe“ vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft mit insgesamt 500.000 Euro gefördert.

Kontakt

Emil GÖTTLICH
Assoc.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn.
TU Graz | Institut für Thermische Turbomaschinen und Maschinendynamik
Tel.: +43 316 873 7231
emil.goettlichnoSpam@tugraz.at

Arbeitet an effizienteren Flugzeugtriebwerken: Der Leiter des Turbomaschinenlabors der TU Graz Emil Göttlich. © Lunghammer – TU Graz
In der Transonic Test Turbine Facility können die Zuströmbedingungen in einem Flugzeugtriebwerk vom Start bis zur Landung realistisch nachgebildet werden (im Bild: Filippo Merli, PhD Student am Institut für Thermische Turbomaschinen und Maschinendynamik der TU Graz). © Lunghammer – TU Graz
TU Graz-Forscher Emil Göttlich mit dem Turbine Center Frame – einem zentralen Bauteil einer Flugzeugturbine und Forschungsgegenstand am Institut für Thermische Turbomaschinen und Maschinendynamik der TU Graz. © Lunghammer – TU Graz