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TU Graz bei Nacht

09.05.2023 |

Von Victoria Graf

Endlich Feierabend! Doch was tut sich an unserer Universität, wenn es draußen finster wird? Auch nachts ist an der TU Graz jede Menge los.

Bildquelle: Markus Kaiser, Graz

17:00 Uhr

Es ist Mittwochabend und in der Aula der TU Graz am Campus Alte Technik herrscht gespannte Erwartung. Die Gäste auf den dicht besetzten Stuhlreihen murmeln in leisen Gesprächen – bis das Licht ausgeht. Eine Frau betritt die Aula, ein Scheinwerfer richtet sich auf sie: „Ich war die erste Frau im All!“ Der Theaterabend beginnt.

Tagsüber herrscht an der TU Graz reger Betrieb. Die Mitarbeitenden forschen in Labors, tippen in Rekordtempo auf Computertastaturen oder unterrichten in kleinen wie großen Hörsälen, Studierende eilen über den Innenhof zur nächsten Vorlesung. Doch mit fortschreitender Stunde leert sich der Campus – für jene, die tagsüber arbeiten oder studieren, geht es in den wohlverdienten Feierabend. Die Bürotüren werden verschlossen, in den Hörsälen wird es finster. Doch an der TU Graz gehen nicht alle Lichter aus. Auch abends, ja selbst mitten in der Nacht und in den frühesten Morgenstunden tut sich etwas an unserer Universität.

Am Abend lädt die TU Graz häufig als Gastgeberin zu vielfältigen Veranstaltungen ein, so etwa – gemeinsam mit den Gleichstellungsbüros aller vier Grazer Universitäten – zur eingangs beschriebenen Theaterproduktion „sternenfrauen“. Das Stück von portraittheater Wien und Theater Drachengasse Wien porträtiert Pionierinnen der Weltraumforschung und findet regen Anklang beim Publikum. Die Aufführung endet in lautem Applaus, ehe sich die Gäste bei einem Buffet angeregt darüber austauschen.

19:00 Uhr

Die Hauptbibliothek in der Technikerstraße 4 ist noch hell erleuchtet. Bis 21 Uhr können Mitarbeitende und Studierende hier ganz einfach mit ihrem TU Graz-Ausweis Bücher entlehnen oder die Arbeitsplätze und – nach Reservierung – auch Gruppenräume nutzen. Doch selbst danach ist nicht Schluss: Die Bibliothek bietet einen 24-Stunden-Abholservice, sodass Sie vorgemerkte Bücher zu jeder Zeit an der Paketstation vor der Eingangstür entgegennehmen können. Auch das Retournieren von Medien ist außerhalb der Öffnungszeiten möglich, nutzen Sie dazu einfach den praktischen Bücherrückgabekasten.

Besuchen Sie www.tugraz.at/go/bibliothek für nähere Infos! Die Bibliothek der TU Graz ist übrigens öffentlich zugänglich, ihre Services stehen allen Interessierten offen.

20:00 Uhr

Fröhliche Musik tönt aus dem Erdgeschoß der Inffeldgasse 13. Hier findet gerade ein Tanzkurs statt, Gelächter dringt aus dem Gebäude nach außen. Ein paar Schritte weiter vor der Inffeldgasse 25A ist ein leises Brummen zu hören: Die Kompressoren des Instituts für Thermische Turbomaschinen und Maschinendynamik (ITTM) sind in Betrieb. Diese Luftverdichter sind eine wichtige Voraussetzung, um Messungen an Flugzeugturbinen durchführen zu können, und zugleich mit ein Grund, warum Versuche hier in der Nacht stattfinden. Die Kompressoren, Windkanäle und Prüfstände haben einen so hohen Strombedarf, dass das Stromnetz der TU Graz im täglichen Normalbetrieb mit der zusätzlichen Last zu kämpfen hätte. Wären alle Prüfstände des Instituts zugleich in Betrieb, würde dies eine Netzleistung von ca. 6 Megawatt verursachen. Zum Vergleich: Der gesamte restliche Campus Inffeldgasse braucht rund 2,5 Megawatt, wenn alle Prüfstände im Einsatz sind.

Heute ist am Prüfstand „Transonic Test Turbine Facility“ schon der zweite Versuch im Gange. Eine Sonde misst die Luftströme in der Turbine. Sie hat an der Spitze fünf kleine Löcher, mit deren Hilfe sie zu Beginn der Messungen exakt in der Mitte eines Luftstroms ausgerichtet wird. Danach wird sie in kurzen Zeitabständen immer wieder in Umfangsrichtung um 0,5 Grad weitergedreht, um die Strömungen haargenau erfassen zu können. Institutsleiter Franz Heitmeir kann sich mitsamt seinem Team über internationales Renommee und namhafte Partnerschaften freuen: „Messen können viele, aber so präzise wie uns gelingt das nicht jedem.“

Während Laborleiter Emil Göttlich oder seine Kollegin Yvonne Fuchs die Maschinen betreuen, überwachen zwei Forscher in der Messwarte den laufenden Versuch. Das ITTM-Team wechselt sich dabei ab, heute sind Lukas Wiesinger und Francesco Mangini im Einsatz. Auf Schreibtischen und einem darüberliegenden Wandregal reiht sich Monitor an Monitor, die Geräte geben den Forschern Aufschluss über alles, was in der Prüfhalle und der Turbine passiert: Der Prüfstand wird überwacht, Sicherheitsanzeigen melden, wenn etwas aus dem Rahmen fällt. Zudem steuern die Forscher von der Messwarte aus mit einem Mausklick das Drehen der Sonde, mehrere Monitore dokumentieren die Messergebnisse. Und Live-Kameras zeigen, was sich draußen in der Halle am Prüfstand tut – diese darf während eines Versuchs nicht betreten werden, das ist zu gefährlich. Zwar gibt es Sichtfenster aus dickem Glas, doch diese sind größtenteils zusätzlich mit Holzbalken geschützt, um im Falle eines unvorhergesehenen Zwischenfalls bestmöglichen Schutz in der Messwarte zu gewährleisten. Es ist kurz vor halb neun, auf dem Bildschirm dreht sich die Sonde 0,5 Grad weiter.

21:00 Uhr

Konzentrierte Ruhe herrscht schräg gegenüber im dritten Stock der Inffeldgasse 10. Hier ist das HTU-Lernzentrum angesiedelt, das Studierende rund um die Uhr nutzen können. Die über 200 m2 Fläche sind in kleinere Bereiche geteilt, um Lerngruppen zu ermöglichen. Neben Tischen und Sesseln stehen auch Whiteboards und ausreichend Steckdosen zur Verfügung. Um diese Uhrzeit ist hier noch einiges los, Studierende sitzen einzeln oder zu zweit vor ihren Laptops und holen sich zwischendurch einen Kaffee vom Automaten.

Wer sich an der TU Graz die Nacht um die Ohren schlagen möchte, hat jedes zweite Jahr bei der Langen Nacht der Forschung eine gute Gelegenheit dazu: Hier kann man an unserer Universität – sowie an vielen anderen Standorten in ganz Österreich – bei freiem Eintritt Wissenschaft hautnah erleben. Zeigen Sie Ihre Forschung oder kommen Sie als Gast: Die nächste Lange Nacht der Forschung findet am 24. Mai 2024 statt. Mehr Infos: www.langenachtderforschung.at

Und die jährliche Lange Nacht der aufgeschobenen Arbeiten bietet Studierenden und Forschenden der TU Graz die optimalen Rahmenbedingungen, um an ihren (aufgeschobenen) Arbeiten zu schreiben. Die nächste Möglichkeit dazu gibt’s am Dienstag, 13. Juni 2023, ab 17 Uhr in der Hauptbibliothek, Technikerstraße 4. Mehr Infos: www.tugraz.at/go/LNAA

22:00 Uhr

In der Inffeldgasse 25D tritt Edgar Bergmann vom ÖWD seinen nächtlichen Dienst an. Er kennt den Campus Inffeldgasse gut, seit drei Jahren dreht der Wachmann hier schon seine Runden. Er ist zudem ausgebildeter Ersthelfer und Brandschutzwart. „Das Wichtigste ist, mögliche Gefahren zu entdecken und diese zu melden oder die Gefahrenquellen zu beheben“, erklärt Edgar Bergmann. Auch vermeintlich kleine Dinge können großen Schaden anrichten, das gilt es zu verhindern: „Vor Kurzem habe ich beispielsweise bei einem Rundgang einen tropfenden Geschirrspüler entdeckt und sofort ein Gefäß untergestellt.“

Zwei ausgedehnte Runden über den gesamten Campus absolviert Edgar Bergmann in der Nacht – im Sinne der Einbruchsprävention stets zu variierenden Zeiten. Schnellen Schrittes geht er über das Gelände und steuert dabei fast 80 Ziele an, die sogenannten Kontrollpunkte. Es gilt, Türen zu verschließen, Fensterverschlüsse zu überprüfen und jeden Punkt gewissenhaft zu dokumentieren. Das funktioniert mit dem „elektronischen Wachbuch“ am Smartphone – ein kurzes Piepsen signalisiert, wenn ein Kontrollpunkt gescannt und damit vom Wachbuch erfasst wird.

Zu Beginn von Edgar Bergmanns erstem Rundgang ist im Innenhof gerade das TU Graz Racing Team im Einsatz, die Studierenden tüfteln an ihrem Rennboliden. Doch abseits davon werden die Lichter an der TU Graz spärlicher, die meisten Gebäude sind um diese Uhrzeit menschenleer und dunkel – für Edgar Bergmann kein Problem, er schaltet einfach seine Stirnlampe an.

24:00 Uhr

Am ITTM ist heute nach erfolgreich getaner Arbeit schon Ruhe eingekehrt, doch häufig laufen die Versuche bis in die frühen Morgenstunden. Für Fälle wie diesen, wo Nachtarbeit zu Forschungszwecken notwendig ist, gibt es an der TU Graz eigene Betriebsvereinbarungen zum Schutz der Arbeitnehmer*innen. „Wir halten alle Arbeitszeitvorschriften und Ruhezeiten hier an der TU Graz penibel ein“, betont Franz Heitmeir.

An der TU Graz sind die Voraussetzungen für Nachtarbeit (Ruhepause, Zuschläge …) auf Basis gesetzlicher Vorschriften in eigenen Betriebsvereinbarungen geregelt. Für allgemeines Personal gilt die Betriebsvereinbarung gem. § 55a (2) Univ-KV (Nachtarbeit), für wissenschaftliches Personal die Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit für wissenschaftliches und künstlerisches Personal. Weiterführende Informationen finden Sie im Bereich „Mein Dienstverhältnis“ im Intranet TU4U.

Dass jeder Versuch wie geplant klappt, ist nicht selbstverständlich: Tags zuvor unterbrach ein Stromausfall am Nachmittag die minutiösen Vorbereitungen, die zum Betrieb des Prüfstands unter Gewährleistung aller Sicherheitsvorkehrungen notwendig sind, und verhinderte so das geplante Abendprogramm. Emil Göttlich nahm es mit Humor: „Das gehört zum Forschungsalltag.“ Auch Forscher Nicolas Krajnc blieb entspannt, wenngleich er für seine Dissertation auf die Messergebnisse angewiesen ist – er ist zuversichtlich, dass in den kommenden Nächten alles nach Plan laufen wird.

Eine Testreihe am Institut dauert üblicherweise einige Monate, in zwei Nächten pro Woche werden Versuche durchgeführt. Um verlorene Zeit aufzuholen, herrscht am ITTM derzeit Hochbetrieb und der Prüfstand ist – wenn alles glattläuft – an ganzen vier Nächten pro Woche im Einsatz. Ist eine Versuchsreihe abgeschlossen, werden die Nächte erst mal wieder zum Durchschlafen und die Tage zum Auswerten der Ergebnisse genutzt – bis der Prüfstand einige Zeit später umgebaut und für den nächsten Versuch bereit ist.

Erfahren Sie noch mehr über die Forschung am Institut für Thermische Turbomaschinen und Maschinendynamik auf der Website www.tugraz.at/institute/ittm und in diesem Artikel in den „News + Stories“ der TU Graz.

02:00 Uhr

Leises Surren erfüllt rund um die Uhr einen der Serverräume des Zentralen Informatikdienstes am Campus Neue Technik im Keller der Steyrergasse 30. Bunte Kabel bringen Farbe in die weißen und grauen Netzwerkschränke. Ein CO2-Monitor zeigt an, wie groß die Konzentration an Kohlenstoffdioxid in der Luft ist. Um diese Uhrzeit könnte eine zu große Konzentration hier allerdings niemanden beeinträchtigen, die Server arbeiten für sich alleine – und für diese ist vielmehr die Raumtemperatur relevant, die ebenfalls auf der Anzeige aufscheint. Notwendige Wartungsarbeiten finden üblicherweise abends statt, in der Nacht gibt es allenfalls „Noteinsätze“, wenn zum Beispiel die Stromversorgung ausfällt. Heute surren die Server ungestört.

04:00 Uhr

Edgar Bergmann vom ÖWD hat noch immer einen wachsamen Blick auf den Campus Inffeldgasse. Für ihn ist es an der Zeit, nun wieder alle Außentüren aufzusperren, sodass frühmorgens die ersten Mitarbeitenden Zugang zu den Gebäuden haben. Wie er sich so lange wachhält und dabei noch aufmerksam bleibt? „Ach, das ist überhaupt kein Problem, das ist sozusagen die Schlafverschiebung!“, winkt Edgar Bergmann ab – er steht ganz einfach später auf. Schwierig ist nur der Wechsel zwischen Nacht- und Tagschichten, wenn sich das Schlafdefizit nicht so einfach ausgleichen lässt.

Etwa 30.000 Schritte hat Edgar Bergmann heute auf jedem seiner Rundgänge absolviert. „Wenn es nichts zu beanstanden gibt, dann war es eine erfolgreiche Nacht“, resümiert er. Ehe der Nachtdienst um sechs Uhr morgens endet, gilt es noch, die richtigen Schlüssel an das Reinigungspersonal auszugeben, sodass alle in die jeweils von ihnen betreuten Räume hineinkommen. Nach der Dienstübergabe an den nachfolgenden Kollegen geht es ab nach Hause.

05:30 Uhr

In der Mensa in der Inffeldgasse 10 herrscht zu früher Stunde bereits emsiges Treiben. Küchenchef Horst Wolfgruber ist schon seit einer halben Stunde im Dienst, nimmt Lebensmittellieferungen entgegen und beginnt zu kochen: „So früh als Erster anzufangen, ist angenehm, weil es noch so ruhig ist.“ Während auf einer Seite der Küche bereits Semmeln und Kipferl duften, schmort gegenüber eine riesige Menge an Jägersauce für das Mittagessen. Horst Wolfgruber und sein Team kochen hier nicht nur für den Campus Inffeldgasse, sie beliefern auch die Mensa Rooftop am Campus Neue Technik und die Mensen der Karl-Franzens-Universität und der Kunstuniversität.

Währenddessen belegt Elisabeth Posch frische Brötchen und schlichtet diese sorgfältig in der Auslage des M-Cafés. Auch sie ist heute schon seit fünf Uhr im Einsatz, eine Stunde früher als üblich. Wegen einer Veranstaltung am Campus Inffeldgasse ist mit großem Andrang zu rechnen und es gibt viel vorzubereiten, ehe um sieben Uhr die Türen für die ersten Gäste des Tages geöffnet werden. Unterstützung bekommt sie von Katrin Koch, die üblicherweise im Büro der Mensa tätig ist, heute aber tatkräftig im M-Café mit anpackt.

Wenn Sie jetzt Lust auf den Mensa-Tagesteller bekommen haben, finden Sie unter www.mensen.at das aktuelle Speisenangebot.

06:00 Uhr

Die Objektbetreuer der drei Campus-Standorte starten in den Arbeitstag, auch in der zentralen Poststelle werden schon Briefe sortiert. Die Reinigungskräfte putzen die TU Graz für den neuen Tag heraus. In den ersten Büros werden die Rechner hochgefahren. Wer in den vergangenen Stunden für unsere TU Graz im Einsatz war, kann sich jetzt hoffentlich gründlich ausschlafen – bis die nächste Nacht anbricht.

Information

Diesen Beitrag und weitere Artikel zum Schmökern finden Sie in TU Graz people #84, dem Magazin für TU Graz-Mitarbeitende und Interessierte.