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… die Zukunftsstadt Los Angeles

13.04.2017 | Talking about ...

Von Alexander Gebetsroither

Alexander Gebetsroither, Architektur-Absolvent der TU Graz, entwickelte ein Zukunftsszenario für Los Angeles. Er schildert, wie er damit aus 385 Einreichungen beim Archiprix International 2017 gewann.

Alle zwei Jahre wählt das Dekanat der Fakultät für Architektur, an der ich studiert habe, eine Masterarbeit aus und empfiehlt sie für die Einreichung zum zweijährig stattfindenden Wettbewerb Archiprix International. Tatsächlich mit dem dort vergebenen Hunter Douglas Award ausgezeichnet zu werden, war eine große Ehre. © Archiprix International
Im Rahmen meiner Masterarbeit habe ich darüber nachgedacht, wie sich eine Großstadt in Zukunft weiterentwickeln und funktionieren kann. Ohne Anspruch auf reale Problemlösungen sollte durch eine architektonische Idee der städtebauliche Horizont erweitert werden. Die Arbeit bedient sich der Mittel der Stadt Los Angeles. Die kreative und fiktive Aura rund um die Traumfabrik Hollywood lässt das Zukunftsszenario nach dem fossilen Zeitalter weniger utopisch wirken, als das an jedem anderen Ort der Fall gewesen wäre.

8 aus 385

Wie eine unfassbare Fiktion wirkte für mich dann auch die Tatsache, dass meine Arbeit nicht nur an meiner Universität für den international renommierten Architekturwettbewerb Archiprix International vorausgewählt sondern schließlich aus 385 hervorragenden Einreichungen ausgezeichnet wurde. Eine unabhängige, internationale Fachjury kürte 23 Nominierte und darunter nochmals die acht besten Arbeiten und prämierte sie mit den dort vergebenen Hunter Douglas Awards, die nach dem Hauptsponsor der Preise benannt sind. Die Jury lobte an meiner Masterarbeit die Auseinandersetzung mit zukünftigen Szenarien, das Neudenken von urbanen Strukturen, aber auch die Sensibilität für die Ästhetik dieser Nicht-Orte.

Generation Zukunft

Mit jeder Auflage präsentiert Archiprix International die besten Abschlussarbeiten einer neuen Generation von Architektinnen und Architekten, Stadtplanerinnen und -planer sowie Landschaftsarchitektinnen und -architekten. Weltweit werden alle entsprechenden Fakultäten eingeladen teilzunehmen, so auch die Fakultät für Architektur der TU Graz. Alle ausgewählten Absolventinnen und Absolventen nehmen dann an einem zehntägigen Workshop in wechselnden Städten weltweit teil.

Urbane Inseln

Ahmedabad, wo die Preisverleihung dieses Jahr stattgefunden hat, erfüllt viele Vorstellungen, die man von indischen Städten hat. Viele Menschen auf den Straßen, ein undurchschaubares Verkehrschaos, eine bauliche wie funktionale Kleinteiligkeit, ein gewachsenes Geflecht an Bauten. Zwischen dem ungeplant und diffus wirkenden Stadtteppich verstecken sich aber auch einige architektonische Juwelen. Diese bilden immer urbane Inseln, als Gegenpole zum hektischen Treiben auf den Straßen – sei es ein Tempel, eine Moschee oder ein Universitätscampus. Das Motiv urbaner Inseln ist auch ein zentrales Thema in meiner Masterarbeit, die sich auf Los Angeles bezieht. Die Arbeit trägt den Titel „I-710/I-105 #more than infrastructure“ und wurde von Andreas Lechner, Assistenzprofessor am Institut für Gebäudelehre, betreut.
Kreuzungspunkt der Stadtautobahnen Interstate 710 und Interstate 105 inmitten von Los Angeles, Kalifornien, aus der Luft aufgenommen.
Der Titel „I-710/I-105“ beschreibt den konkreten Projektstandort und steht für den großmaßstäblichen Kreuzungspunkt der Stadtautobahnen Interstate 710 und Interstate 105 inmitten von Los Angeles, Kalifornien.

Post-fossile Freiräume

Mein Master-Projekt ist in einer nahen Zukunft, in einer post-fossilen Zeit angesiedelt. Aktuelle Entwicklungstendenzen – von hybriden und elektrifizierten Fortbewegungsmitteln, über selbstfahrende Autos, bis hin zu vernetzten on-demand Diensten – verändern das Verkehrsverhalten, bleiben aber dennoch auf die Straßen und Freeways angewiesen. An vorderster Front der Entwicklungen stehen heute die kalifornischen Unternehmen Tesla Motors, UBER und Google. Der Abschied vom fossilen Zeitalter wird mit der Aufwertung von Stadträumen einhergehen. Orte, die bislang als unwirtlich und unbehaglich galten, werden ohne Lärm und Luftverschmutzung neue Qualitäten hervorbringen.
Simulation des Blicks von einem Gebäude auf die als Grünflächen genutzten Flächen zwischen der Interstate 710 und der Interstate 105.
Autobahnknotenpunkte wie die der Interstate 710 und Interstate 105, sogenannte Interchanges oder Intersections, spannen weitläufige, unbenutzte Flächen auf, die derzeit großräumig abgesperrt sind. Der vorgeschlagene Eingriff nutzt die enormen Raumkapazitäten und bewegt sich in der Größenordnung zwischen objektbezogener Architektur und städtebaulicher Dimension.

Städtische Identitäten

Das städtische Zukunftsszenario meiner Masterarbeit thematisiert und konkretisiert die Potentiale des Ortes, welche bisher versteckt, unzugänglich und nicht gefördert waren. Das Bauprojekt bildet als gleichmäßiger Ring einen Rahmen um einen konkreten Verkehrsknotenpunkt.
Grafische Darstellung des ringförmigen Gebäudes, das die Restflächen des Verkehrsknotenpunktes zugänglich macht, in 3 Detailstufen.
Das ringförmige Gebäude macht die Restflächen des Verkehrsknotenpunktes zugänglich, belegt sie mit neuer Funktion und entwickelt dadurch urbane Prozesse weiter.
Dem städtebaulichen weißen Fleck wird durch die bauliche Akzentuierung eine Persönlichkeit eingeschrieben. Das Gebäude rückt die Zwischenräume in den Blickpunkt. Aus einem reinen Transitraum, einem idealtypischen Nicht-Ort, wird ein Ort mit Identität, Relation und Geschichte. Das vorgeschlagene Bauwerk macht den verloren gegangenen Raum wieder sichtbar. Damit rückt das Thema der Stadtentwicklung in das Blickfeld.
Grafische Darstellung des omnipräsenten Verkehrsknotenpunktes im Zentrum des Bauwerkes, wie zu einer Skulptur hochstilisiert
Im Zentrum des Bauwerkes steht omnipräsent der Verkehrsknotenpunkt. Als Monument des Automobils wird er zu einem Denkmal, einer Skulptur hochstilisiert. Das strukturelle Gebilde bestimmt die Aura des Ortes.
Grafische Darstellung mit Blick auf ein Detail des ringförmigen Gebäudes, umgeben von wundervollem Grünland.
Aus einem reinen Durchzugsraum wird im architektonischen Zukunftsszenario von Alexander Gebetsroither ein Ort mit Identität, und Geschichte.

Information

Archiprix International ist ein zweijährig stattfindender Wettbewerb. Weltweit werden alle entsprechenden Fakultäten eingeladen teilzunehmen, indem sie ihre beste Abschlussarbeit auswählen und einreichen. Archiprix International präsentiert die selektierten Arbeiten auf der Website, in einem Buch, in Ausstellungen und Filmen. Er bietet damit einen einmaligen Einblick in aktuelle Entwicklungen und Tendenzen der Architekturausbildung und der Baukunst im Allgemeinen. Weiter Informationen zum Archiprix International und zum Projekt von Alexander Gebetsroither auf der Archiprix-Website.

Kontakt

Alexander GEBETSROITHER
Dipl.-Ing.
Grieskai 60
8020 Graz
mail@alge.co.at