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Projekt MNEMONIC: Magnetische poröse Biokomposite

10.12.2018 |

Von Raffaele Ricco

Metall-organische Gerüste, auch MOFs (metal-organic frameworks) genannt, sind interessante poröse Materialien mit großen Auswirkungen; sowohl auf die Grundlagen- als auch auf die angewandte Forschung.

Abbildung 1: Magnetic Framework Composites (MFCs) erhält man, in dem man MOFs mit nanometergroßen Magnetit-Partikeln oder anderen magnetischen Stoffen kombiniert. Sie können einfach gesammelt und manipuliert werden.

Das TU Graz-Institut für Physikalische und Theoretische Chemie erhielt 2017 die Marie Skłodowska Curie Fellowship, um die Kombination von MOFs, magnetischen Nanopartikeln und Enzymen für die zukünftige Entwicklung smarter Biokatalysatoren zu erforschen.

MOFs sind die neueste Generation poröser Materialien. Wie Fachwerk in der Architektur enthalten die aus mit organischen Molekülen verbundenen metallischen Zentren bestehenden Netzwerke eine Menge leeren Raum. Und genau das macht sie für kristalline Strukturen so attraktiv. Die Oberfläche von MOFs kann bis zu 1.000 Quadratmeter pro Gramm betragen; ein Teelöffel davon kann so die gleiche Oberfläche wie ein Fußballfeld aufweisen. Wegen dieser außergewöhnlichen Eigenschaften können MOFs Gase, Dämpfe und andere chemische Spezies in Lösungen speichern und, je nach physikochemischen Eigenschaften, verschiedene Einzelteile abtrennen. Das hat große Auswirkungen auf die angewandte Forschung – zum Beispiel in den Bereichen Energie, Umwelt, Pharmazie und Geräteherstellung.

Abbildung 2: Eine BET-Maschine wird verwendet, um die Oberfläche verschiedener Materialien, von denen MOFs den höchsten Wert besitzen, zu untersuchen, indem man die Poren mit Stickstoff füllt und die Menge misst, die bei jedem Druckpunkt absorbiert wird.

Meine Forschung

Eines meiner Forschungsthemen geht auf meine Postdoc-Zeit am CSIRO in Melbourne, Australien, zurück. Es beinhaltet die Kombination von magnetischen Nanopartikeln und MOFs. Das Einbinden von Nanopartikeln in MOFs ist einfacher, als ein spezifisches poröses Material zu untersuchen, da es die Eigenschaften der einzelnen Komponenten vereint. Dafür gibt es im Falle von magnetischen Systemen zwei Hauptgründe: dynamische Lokalisation und Hyperthermiebehandlung. Dynamische Lokalisation ist die Möglichkeit, die Materialposition extern zu kontrollieren – beispielsweise in einem Reaktor oder spezialisierter in einem mikrofluiden Gerät. Das würde viele der Probleme lösen, die durch Immobilisierung und Wachstum der MOFs an gewünschter Position eines Systems entstehen. Mithilfe eines Magneten können MOF-Kristalle oder -Pulver ganz einfach wo nötig angesiedelt werden und auch danach wiedergewonnen werden.

Bei der Hyperthermiebehandlung werden hohe Temperaturen genutzt, um Zellen zu töten – besonders bei der Behandlung von Krebs. Bringt man superparamagnetische Nanopartikel, die in einer spezifischen Größe hergestellt wurden, in ein wechselndes Magnetfeld, dann kann sich deren Temperatur um mehrere dutzend Grad erhöhen, sodass der Tumor buchstäblich „verbrennt“. Umgelegt auf MOFs, kann dies bei Bedarf die Freisetzung von Medikamenten veranlassen, die vorher im porösen Material gespeichert wurden – insbesondere wenn nicht-spezifische Medikamente den Patienten aufgrund ihrer nicht zielgerichteten Zytotoxizität besonders belasten würden.

Abbildung 3: MFCs sind für mehrere Anwendungen geeignet – zum Beispiel als wiederverwendbarer Katalysator, recycelbares Absorptionsmaterial für den Umweltschutz und als effizientes Medikamentenverabreichungssystem. 

In meinem Team habe ich mich mit den Möglichkeiten beschäftigt, magnetische MOF-Verbundstoffe zur Überwachung der Umweltverschmutzung einzusetzen. Wie ich herausfand, kann ein System auf Aluminiumbasis mit Eisenoxid-Nanopartikeln eingesetzt werden, um toxische Blei-Ionen mit einer Aufnahme von annähernd 0,5 Gramm Blei pro Gramm Verbundstoff herauszufiltern – einer der höchsten Werte unter ähnlichen Materialien. Zusätzlich kann das System die Ionen mithilfe des oben beschriebenen Magnetfeldprozesses in Wasser freisetzen.

Gleichzeitig haben wir entdeckt, dass MOFs auch Biomakromoleküle – entweder Proteine oder Stücke von DNA – beherbergen können in einem Prozess, den wir biomimetische Mineralisation nennen. Er ähnelt dem natürlichen Vorgang, in dem sich weiche Organismen gegen Feinde oder unwirtliche Umweltbedingungen schützen – mittels harter und meist anorganischer Schale. Diese 2015 publizierte Forschung nutzte ausschließlich wässrige Lösungen und war deshalb besser mit biologischen Systemen kompatibel als andere damals verfügbare Methoden, die organische Lösungsmittel nutzten. Darüber hinaus ist diese Reaktion sehr schnell und kann auf ein breites Spektrum an Systemen angewandt werden – wie zum Beispiel auf Proteine, Enzyme, Nukleinsäuren und sogar lebende Zellen.

MNEMONIC-Projekt

An der TU Graz arbeite ich in der Gruppe von Paolo Falcaro. Dort begann ich darüber nachzudenken, wie das zuvor gewonnene Wissen zu einem erfolgreichen Projekt kombiniert werden kann. Von der TU Graz bekam ich eine Anschubfinanzierung zugesprochen, um meine künftigen Aktivitäten zu planen. Schlussendlich wuchs daraus das kürzlich genehmigte Horizon-2020-Marie-Curie-Projekt MNEMONIC (für „MagNetic Enzyme Metal OrgaNic framework Composites“). Ziel ist es, effiziente, langlebige, robuste und repositionierbare Biokatalysatoren zu produzieren. Die poröse MOF-Hülle schützt ein Enzym vor organischen Lösungsmitteln, ungünstigem pH-Wert und Eindringlingen, während sie den selektiven Austausch von Substraten und Produkten durch die Hohlräume erlaubt. Gleichzeitig erlauben es die magnetischen Partikel, das System an bestimmten Stellen zu platzieren – zum Beispiel in den Kanälen eines mikrofluidischen Geräts. Dieses einfache, aber innovative Dreifachsystem zielt darauf ab, die Anforderungen eines recycelbaren und robusten Katalysators mit der Selektivität eines Enzyms zu verbinden, um in Batch- und kontinuierlichen industriellen Prozessen Chemikalien mit hohem Ertrag zu produzieren – insbesondere in der enzymatischen Produktion von APIs (Advanced Pharmaceutical Ingredients).

Abbildung 4: Das Projekt MNEMONIC wird die Kombination von Enzymen mit magnetischen Nanopartikeln und MOFs untersuchen. Dieses Dreifachsystem (MagEnzMOFs) wird für die Fließfertigung von Spezialchemikalien in fluide Geräte integriert.

Natürlich gibt es noch einige andere Forschungsthemen und viele Aspekte werden derzeit in diesem Feld untersucht. Nichtsdestotrotz wird die MOF-Forschung immer faszinierender und attraktiver. Erst kürzlich konnte man das am Start des Leadprojekts Porous Materials@Work sehen, mit dem das MNEMONIC-Projekt eng verbunden ist. Unser Team, auch ein zentraler Teil von Porous Materials@Work und ebenfalls von Paolo Falcaros ERC Grant unterstützt, besteht aus drei Postdoc-Forschern und einem PhD-Studenten. Alle Positionen wurden international ausgeschrieben und zogen viele qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber an – ein klarer Indikator dafür, dass die TU Graz ein attraktiver Ort für Early-stage-Researchers aus der ganzen Welt ist.

Information

Raffaele Ricco ist Universitätsassistent am Institut für Physikalische und Theoretische Chemie an der TU Graz und ist auf Synthese und Optimierung von innovativen MOF-Verbundstoffen für die Katalyse, Sensorik und Applikation spezialisiert.

Kontakt

Raffaele RICCO
Dr. Dott.
Institut für Physikalische und Theoretische Chemie
Stremayrgasse 9/I
8010 Graz
Tel.: +43 316 873 32212
raffaele.ricconoSpam@tugraz.at