Sind Mikroorganismen wirklich nur gefährlich für uns?
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Das Mikrobiom ist eine Gemeinschaft von Mikroorganismen, die in einen Lebensraum mit gleichen Umweltbedingungen eingebettet sind.
Mikroskopisch kleine Lebewesen wie Bakterien, Archeen, Pilze, Algen, Protisten leben darin zusammen und werden als Mikrobiota bezeichnet. Zum Mikrobiom gehören auch deren Stoffwechselprodukte, Strukturelemente und Viren, die allerdings keine Lebewesen sind sondern Wirte für ihre Reproduktion benötigen.
Die Forschung zur Erkundung der unsichtbaren Mikrobiome ist erst 30 Jahre alt und wird von neuen Technologien angetrieben. Zu ihren wichtigsten Erkenntnissen zählt, dass alle Organismen, also Pflanzen ebenso wie Tiere oder Menschen, Holobionten sind. Sie bilden eine strukturelle und funktionelle Einheit mit ihrem Mikrobiom. Unser Darmmikrobiom ist unser größtes, wichtigstes und populärstes Mikrobiom. Es befindet sich in unserem Dickdarm und enthält Milliarden Mikroorganismen in hoher Vielfalt. Es zählt ungefähr 10.000 Arten hauptsächlich Bakterien, Archeen, Pilze und Protozoen. Das Mikrobiom kann bis zu 2 kg schwer sein. Die Mikroorganismen selbst wiegen nur ein Teil davon. Der gemeinsame Wohnraum ist meist schwerer.
Unser Mikrobiom hilft uns dabei gesund zu bleiben und unterstützt viele wichtige Körperfunktion. (Gabriele Berg)
Unser Mikrobiom hilft uns dabei gesund zu bleiben und unterstützt viele wichtige Körperfunktion. Bei der Zersetzung der Nahrung, insbesondere komplexer Ballaststoffe, produzieren Mikroorganismen kurzkettige Fettsäuren, Vitamine, Hormone und andere gesundheitsfördernde Wirkstoffe. Das Mikrobiom dirigiert den Stoffwechsel den Abbau von Nähr- und Fremdstoffen, hat Einfluss auf unsere Energiebilanz und agiert mit dem Immunsystem. Wenn das Mikrobiom jedoch verarmt wird es dysfunktional und verursacht Krankheiten. Die Liste der Erkrankung ist lang und betrifft vor allem chronische Krankheiten angeführt von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, Allergien, Autoimmunerkrankung, Adipositas Diabetes, enthält aber auch mentale Krankheiten wie Depressionen und Demenz sowie Krebserkrankung.
Unser Basisset an Mikroben bekommen wir bereits bei der Geburt von unserer Mutter mit. (Gabriele Berg)
Unser Basisset an Mikroben bekommen wir bereits bei der Geburt von unserer Mutter mit, aber wir stehen mit dem Umweltmikrobiom in Verbindung und tauschen es über unsere Atemluft und über unsere Nahrung aus. Obst und Gemüse sind daher eine wichtige Quelle von nützlichen Mikroorganismen, fermentierte Lebensmittel ebenso. Durch die Fermentation werden Lebensmittel nicht nur haltbar gemacht, sondern auch mit Probiotika angereichert. Das macht Sauerkraut, Kimchi, Tempeh und Joghurt so gesund. Die Herkunft der Bakterien im Darm lässt sich bis in den Boden nachverfolgen. Deshalb sind gesunde Böden und eine nachhaltige Landwirtschaft so wichtig. Mikrobielle Vielfalt, die Biodiversität der Mikroorganismen, ist ein Indikator für Gesundheit von Organismen. Es ist unsere Gesundheitsversicherung.
Dass es Mikroorganismen gibt weiß man seit gut 400 Jahren. Die Medizin erkannte schnell, dass viele dieser kleinen Lebewesen für Krankheiten verantwortlich sind und wir begannen sie zu bekämpfen. Erst seit kurzem wissen wir dass vielfältige Mikrobiome uns nicht krank machen, sondern für unsere Gesundheit überlebenswichtig sind. Das ist ein Paradigmenwechsel für Gesundheitsfragen. Dieser betrifft nicht nur unsere Gesundheit, die aller Organismen und Ökosysteme, und wiederspiegelt sich im one health- und im planetary health-Konzept.