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TU Graz/


by Birgit Baustädter published at 02.12.2025 Forschung

Neue Analysemethode für Halbleitermaterialien

Mit den charakteristischen Spektren von hohen Harmonischen (Licht mit ganzzahligen Vielfachen der ursprünglichen Laserfrequenz) erforschen TU Graz-Physikerin Anna Galler und Kolleg*innen Halbleitermaterialien.
A portrait of Anna Galler in front of a whiteboard covered in equations.
Anna Galler. Image source: Lunghammer - TU Graz

Machen sich in Experimenten interessante Phänomene bemerkbar, dann ist oft nicht auf Anhieb klar, was diese bedeuten, warum sie auftauchen und welche Auswirkungen sie haben. Abhilfe schaffen theoretisch Forschende, die im Rahmen ihrer Forschungsarbeit solchen Fragen auf den Grund gehen. Beispielsweise gerade eben Anna Galler, theoretische Physikerin an der TU Graz,. „Kollegen aus Korea sind an uns herangetreten, weil sie in einem Experiment mit Wolframdisulfid spannende Oszillationen und Peaks im Spektrum gesehen haben, sich aber nicht erklären konnten, warum.“ Also machte sich die Forscherin auf die Suche.

Wolframdisulfid ist ein 2D-Material, besteht also nur aus einer dünnen Schicht von Atomen. Trifft ein starker Laser im Infrarotbereich auf dieses kristalline Material, dann entstehen Spektren, die aus ganzzahligen Vielfachen der ursprünglichen Strahlung bestehen – die sogenannten hohen Harmonischen. „Wir können uns das wie die Obertonspektren von einem Instrument vorstellen“, erklärt Anna Galler. Diese Spektren können Auskunft über die Klangfarbe des jeweiligen Instrumentes geben – die Vermutung lag nahe, dass auch die hohen Harmonischen Informationen über das bestrahlte Material verraten könnten. „Besonders interessant ist das bei Halbleitern wie eben Wolframdisulfid, weil sie in der Elektronik eingesetzt werden“, erklärt Galler. Etwa um Transistoren zu bauen, die dank der 2D-Materialien äußerst klein und effizient konstruiert werden können. „Deshalb wollen wir mehr über die Materialien herausfinden, wie schnell sie zum Beispiel schalten können.“ Das verraten die elektrische Bandstruktur – also die Energieverteilung der Elektronen in einem Festkörper - und die Bewegung der Elektronen im Material.

Anna Galler spricht im Podcast-Interview über ihre Arbeit mit 2D-Materialien.

Wolframdisulfid hat eine Bandlücke von etwa zwei Elektronenvolt und ließe sich mittels Licht im optischen Bereich steuern. Außerdem besitzt es die sogenannte Valley Selectivity. Die elektronische Bandstruktur hat im Grunde eine charakteristische Form mit unterschiedlichen Tälern. An den Tälern ist die Energielücke in der Bandstruktur am Geringsten und ein Laser kann dort Elektronen kontrolliert schnell anregen. „Diese Valley Selectivity verhält sich ähnlich den QBits im Quantencomputing und sie könnte auch dafür relevant sein.“

In Experimenten sahen Forschende nun spannende Phänomene: Je nach Intensität des Lasers gibt es Peaks im Spektrum, die sich aufsplitten. Außerdem treten Oszillationen auf, wenn die Laserintensität variiert. Warum sich das Material so verhält, war allerdings nicht klar. „Wir haben mit unterschiedlichen Theorien versucht, diese Effekte zu erklären und hatten schlussendlich mit den Semiconductor-Bloch-Equations Erfolg“, erklärt Galler den Erkenntnisweg. „Diese auf der Quantentheorie beruhenden Gleichungen beschreiben die optische Antwort von Halbleitern auf Lichtquellen wie Laser und genau die dort beschriebenen Effekte haben wir im Experiment gesehen. Das Peak Splitting ist ein Interferenzphänomen, das auftritt, wenn Elektronen durch die Brillouin-Zone getrieben werden.“

So konnten die Forschenden entdecken, dass die hohen Harmonischen eine interessante neue Untersuchungsmethode für Halbleitermaterialien und deren Eigenschaften sind. „Wir glauben, dass die hohen Harmonischen auch in anderen Materialien charakteristisch sind und wir so eine tolle neue Analysemethode gefunden haben. Um das zu bestätigen, braucht es allerdings weitere Forschungsarbeit.“

Die Ergebnisse wurden kürzlich im renommierten Journal Nature Communications publiziert. Sie finden das Paper Quantum interference and occupation control in high harmonic generation from monolayer WS auf der Website von Nature Communications.

Kontakt

Anna GALLER
Dipl.-Ing. Dr.rer.nat. BSc BA
Institut für Theoretische Physik - Computational Physics
Petersgasse 16/II
8010 Graz
Tel.: +43 316 873 8195
anna.gallernoSpam@tugraz.at