Gleich und doch verschieden: Akkus für E-Autos und Handys

Abgesehen von Größe und Kapazität, was sind die größten technischen Unterschiede zwischen Akkus für E-Autos und Handys?
Eva Heider: Der größte Unterschied liegt im Aufbau. Ein Handy-Akku ist eine kompakte Einheit mit einer oder wenigen Zellen. E-Auto-Akkus hingegen bestehen aus hunderten bis tausenden Zellen, die zu Modulen und schließlich zu einem Batteriesystem, dem sogenannten Batterypack, zusammengebaut werden. Ein weiterer Unterschied liegt zudem in den Anforderungen an Leistung, Lebensdauer und Sicherheit. E-Autos benötigen Akkus, die hohe Ströme bei Beschleunigungen und während der Energierückgewinnung beim Bremsen, der Rekuperation, verarbeiten können. Smartphone-Akkus sind eher auf ein kompaktes Design und Energieeffizienz ausgelegt. Auto-Akkus erfordern außerdem ein komplexes Batteriemanagement-System (BMS), um Kühlung, Temperatur, Ladezustand und Sicherheit zu überwachen. Bei Handys ist das Batteriemanagement deutlich einfacher, da die Anwendungsbereiche nicht so umfassend sind. Die Anforderungen an E-Auto-Akkus sind deutlich größer. Grundsätzlich kann man sagen, dass es sich um die gleichen Zellen handelt, die aber im Auto in einem viel komplexeren System zusammengefasst und überwacht werden.
Gibt es Empfehlungen für das Laden von E-Auto- und Handy-Akkus, insbesondere hinsichtlich des Vollladens oder vollständigen Entladens?
Heider: Die Akkus sollte man nicht völlig entladen und sie auch nicht zu häufig komplett laden. Diese Empfehlungen gelten grundsätzlich für beide Akkutypen, da sie als Lithium-Ionen-Akkus die gleiche chemische Zusammensetzung haben. Wird zu häufig vollständig entladen oder dauerhaft vollgeladen, kann dies die chemische Alterung beschleunigen oder die Batterie beschädigen. Um Schäden zu vermeiden, wird im E-Auto der nutzbare Kapazitätsbereich meist eingeschränkt, sodass man gar nicht in die Lage kommt, den Akku tief zu entladen oder bis zum letzten Prozent aufzuladen. Beim Handy ist dies nicht so konsequent umgesetzt, wobei dessen geplante Lebensdauer auch nicht so lange ist wie bei einem Auto. Beim Laden zwischen den beiden Akkutypen gibt es auch einen großen Unterschied: Ein Handy-Akku wird typischerweise täglich aufgeladen, während ein E-Auto-Akku meist weniger oft genutzt wird und dadurch einer geringeren Zyklenbelastung ausgesetzt ist. Das Batteriemanagementsystem im E-Auto ist zudem viel flexibler und kann Vorkehrungen treffen, wie zum Beispiel situativ ein langsameres Laden, um die Langlebigkeit oder Lebensdauer der Batterie zu erhöhen. Dies kann man als "zärtlicheres" Ladesystem bezeichnen.
Ein Handy wird oft permanent eingesteckt und ist weniger intensiven Belastungen ausgesetzt als ein Auto
Wie wirken sich äußere Einflüsse wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Erschütterungen auf Akkus aus, und wie wird dies bei der Konstruktion berücksichtigt?
Heider: Die Belastungen sind bei E-Auto-Akkus deutlich höher. Im Auto muss der Akku extremen Temperaturen - große Hitze im Sommer oder Kälte im Winter -, Luftfeuchtigkeit und Vibrationen standhalten. Aus diesem Grund benötigen E-Autos ein aufwändigeres Thermomanagement zur Temperaturregelung und zusätzliche Sicherheitsmechanismen wie Crashsensoren. In der Konstruktion von E-Auto-Akkus werden spezielle Materialien, Isolierungen, Heiz- und Kühlsysteme direkt in das Batterypack integriert. Ein robustes mechanisches Schutzgehäuse dient dem Schutz des Akkus. Ein Handy wird oft permanent eingesteckt und ist weniger intensiven Belastungen ausgesetzt als ein Auto. Bei Handy-Akkus liegt der Fokus eher auf einem schlankeren Design.
Welche Besonderheiten wurden bei der Prüfung von E-Auto- und Handy-Akkus am Battery Safety Center der TU Graz festgestellt, insbesondere im Hinblick auf Alterung und Lebensdauer?
Heider: Es gibt deutliche Unterschiede in den Anforderungen und Prüfverfahren für beide Akkutypen. Handy-Akkus werden eher auf alltägliche Belastungen getestet und haben einfachere Schutzmechanismen und andere Sicherheitsstandards – am Battery Safety Center haben wir aber bislang keine Handyakkus getestet. Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt auf E-Auto-Akkus, die spezifische Tests durchlaufen. Wir führen am Battery Safety Center unter anderem umfassende Alterungstests durch zur Untersuchung von Alterungsprozessen wie beispielsweise Lithium-Plating. Es gibt aber auch mechanische Tests, die unterschiedlich gealterte Batterien gezielt deformieren und dabei die Unterschiede im Verhalten analysieren. Dafür wurden eigene Prüfstände am Institut für Fahrzeugsicherheit entwickelt. Worin sich die beiden Akkutypen ebenfalls unterscheiden, ist in der Nachnutzung. Bei Handy-Akkus wird in der Regel nicht auf ein zweites Leben hingearbeitet wird; sie werden nach ihrer Nutzung entsorgt. Ihre Lebensdauer ist auch deutlich geringer, da hier relativ häufig ein Gerätewechsel stattfindet. Im Gegensatz dazu ist ein E-Auto-Akku wesentlich länger einsetzbar. Die Laufzeit eines Handy-Akkua bleibt bei täglicher Nutzung etwa zwei bis drei Jahre lang stabil, ein Elektrofahrzeug-Akku kann je nach Nutzung 8 bis 15 Jahre verwendet werden, bevor er Anwendung in einem zweiten Leben findet. Die Zyklenbelastung spielt hier eine große Rolle, das Batteriemanagementsystem erhöht bei den Auto-Akkus zudem aktiv die Langlebigkeit. Für beide Akkutypen gilt: Es gibt feststellbare Alterungseinflüsse, die vom Schnell- oder Langsamladen und vom Temperaturbereich beim Laden abhängen. Daher gibt es bei den Autos auch Vorkonditionierungen von Batterypacks vor dem Schnellladen.
Dieses Interview ist Teil des TU Graz-Dossiers "Wie sicher sind Batterien?". Weitere Dossiers finden Sie unter www.tugraz.at/go/dossiers.
Welche Vorteile bieten Feststoff-Akkus, an denen derzeit fieberhaft gearbeitet wird? Wären sie auch für Handys eine geeignete Lösung?
Heider: Feststoff-Akkus bieten hauptsächlich zwei große Vorteile: eine höhere Energiedichte und das Potenzial für schnelleres Laden. Für E-Autos bedeutet dies eine größere Reichweite bei gleichem Bauraum und kürzere Ladezeiten, was die Alltagstauglichkeit erhöht und die Akzeptanz der Elektromobilität steigert. Prinzipiell wären Feststoff-Akkus auch für mobile Geräte wie Smartphones interessant, da sie potenziell eine längere Nutzungsdauer und schnelleres Laden ermöglichen würden. Allerdings gibt es Herausforderungen bei der Miniaturisierung dieser Akkus und die Herstellung ist deutlich teurer als bei Standard-Akkus. Es stellt sich auch die Frage, ob eine längere Lebensdauer im Interesse der Hersteller von Handys liegt. Bezüglich der Langlebigkeit von Feststoff-Akkus gibt es allerdings noch nicht genügend Studien, und die Entwicklung ist noch nicht weit genug fortgeschritten, um verlässliche Aussagen treffen zu können.
Welche allgemeinen Trends zeichnen sich bei der Entwicklung von Akkus ab, insbesondere in Bezug auf Materialien, Recycling und Langlebigkeit?
Heider: Es gibt mehrere Trends. Einer beschäftigt sich mit neuen Materialien. Es wird an Anodenmaterialien geforscht, wie zum Beispiel Siliziumanoden anstelle von herkömmlichen Graphitanoden, um die Kapazität zu erhöhen und mehr Energie aus dem gleichen Bauraum zu gewinnen. Dann ist die Ladegeschwindigkeit ein wichtiger Entwicklungsfokus. Diese wird stetig verbessert, nicht nur durch Zellchemie, sondern auch durch die Weiterentwicklung der Software und des Batteriemanagementsystems. Ein weiteres großes Thema ist Recycling, insbesondere der Verzicht auf oder die Wiederverwertung von kritischen Rohstoffen. Damit einher geht auch die Entwicklung zu einer höheren Langlebigkeit und Reparierbarkeit. Das Recycling-Denken nimmt zu, auch im Handy-Bereich, und es wird erwartet, dass die Industrie dem nachkommt, indem sie beispielsweise modularere Bauweisen ermöglicht, um Akkus leichter austauschbar zu machen und die Reparierbarkeit zu gewährleisten. Aktuell ist dies oft noch nicht der Fall, da viele Akkus eingeklebt sind. Dies ist nicht nur bei Handys, sondern auch bei E-Autos ein Thema. Im Bereich der Elektroauto-Akkus ist die Überführung in ein "Second Life" für eine andere Anwendung, z. B. als stationärer Speicher, ein spannender Trend. Die Zerlegbarkeit der Batteriepacks stellt dabei eine Herausforderung dar, da es unterschiedliche Anordnungen und Zelltypen gibt - Rundzellen, prismatische Zellen oder Pouch-Zellen, die jeweils unterschiedliche Geometrien aufweisen können. Die Wiederverwendung steht im Forschungsfokus, dafür müssen die Akkus zerlegt werden können.
Kontakt
Eva HEIDER
Dipl.-Ing. BSc BSc
TU Graz | Institut für Fahrzeugsicherheit
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