Gehirne steuern Computer: Studierende der TU Graz starten beim Cybathlon

Virtuelles Rennen mit Gedankenkraft
In der Disziplin „Virtuelles Rennen mit Gedankensteuerung (BCI)“ ist Gerhard Kleinhofer einer von insgesamt 16 körperlich eingeschränkten Pilotinnen und Piloten, die rein durch die Kraft ihrer Gedanken einen Avatar durch einen Hindernisparcours in einem Wettrennen am PC steuern. Um die dafür nötigen Gehirn-Computer-Schnittstellen kümmert sich das Studierendenteam der TU Graz: Teamleiter David Steyrl erklärt: „Mit einer speziellen Elektrodenkappe messen und lokalisieren wir die Hirnsignale von Gerhard Kleinhofer. Wenn er ans Kopfrechnen denkt, entstehen ganz andere Hirnsignale, als wenn er gedanklich singt oder sich eine bestimmte Handbewegung vorstellt. Diese Hirnaktivität wird durch ausgeklügelte Signalverarbeitung und Software in technische Steuersignale übersetzt. Damit können die Gedanken von Gerhard Kleinhofer den Avatar im Rennen laufen und springen lassen“.Gerhard Kleinhofer muss sich also konzentriert bestimmte Aufgaben vorstellen, und selbst bei größter Ablenkung auch gezielt an „Nichts“ denken können. Zugute kommt dem ehemaligen Sportdirektor des österreichischen Nationalteams im Naturbahnrodeln dabei sein entsprechend wettbewerbserprobtes Naturell. Trainiert wird seit November 2015 gemeinsam, unter anderem im Neurologischen Therapiezentrum Kapfenberg (NTK). Zweimal wöchentlich sind die Studierenden zu Kleinhofer in die Obersteiermark gefahren, jetzt kurz vor dem Wettbewerb haben sie sich für eine Intensivtrainingswoche ins Mariazellerland zurückgezogen.
Höchstleistung von allen Seiten
Gernot Müller-Putz, Leiter des Instituts für Neurotechnologie der TU Graz, hat das Team Mirage 91 ins Leben gerufen und zum Cybathlon angemeldet. Er meint, alleine schon die Vorbereitungen auf den Wettbewerb sind ein großer Gewinn, besonders für die Studierenden. „Der Cybathlon ist für ein Team wie Mirage 91 eine großartige Möglichkeit, sich mit anderen BCI-Teams zu messen und voneinander zu lernen. Das Zusammenspiel von Technik und Anwendung muss perfekt funktionieren, denn nur so können BCIs tatsächliche Alltagshilfen für beeinträchtige Menschen sein. Die Studierenden und Gerhard Kleinhofer sind seit Monaten unglaublich engagiert und höchst konzentriert in den Vorbereitungen, und ich bin mir sicher, der Cybathlon wird unabhängig von der Platzierung eine großartige Erfahrung für das gesamte Team“, zeigt sich er sich beeindruckt. Mirage 91 vereint Studierende der Richtungen Biomedical Engineering, Computer Science und Information and Computer Engineering und ist das einzige hochschulgebundene Team Österreichs, das beim Cybathlon dabei ist.Die Zukunft von Brain-Computer Interfaces
Beim Cybathlon geht es natürlich um mehr, als die Schnellsten aufs Podest zu stellen: Er ist eine Plattform für die Entwicklung neuartiger, alltagstauglicher Assistenztechnologien. Gleichzeitig sollen Barrieren zwischen Menschen mit Behinderungen, der Öffentlichkeit und Technologieentwicklerinnen und -entwicklern abgebaut werden. BCIs der Zukunft können körperliche Funktionen ersetzen, wiederherstellen, verbessern und erweitern und für verschiedene Anwendungen herangezogen werden: etwa zur Manipulation eines Cursors am Computer, zum Tippen von Buchstaben, zur Steuerung von Maschinen oder Hilfsmitteln wie beispielsweise Prothesen. „Das beginnt bei der Fähigkeit zu kommunizieren, geht über Muskel- und Nervenstimulation bis hin zur gesteigerten Aufmerksamkeitskapazität“, sagt Gernot Müller-Putz. Als international anerkannter BCI-Experte hat er für die EU die BCI Roadmap federführend ausgearbeitet. Diese Roadmap gilt als Orientierungshilfe für Forschungsförderstellen und gibt einen Überblick über den Stand der Dinge und die BCI-Trends. Im Jahr 2025 wird es ein breites Spektrum an gehirngesteuerten Anwendungen geben – laut BCI-Roadmap standardmäßig in der medizinischen Behandlung und Therapie und im persönlichen Gesundheitsmonitoring.
Kontakt
Dipl.-Ing.
Institut für Neurotechnologie
Stremayrgasse 16, 8010 Graz
Tel.: +43 316 873 30709
E-Mail: <link int-link-mail window for sending>david.steyrl@tugraz.at Gernot MÜLLER-PUTZ
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn.
Institut für Neurotechnologie
Stremayrgasse 16, 8010 Graz
Tel.: +43 316 873 30700
E-Mail: <link int-link-mail window for sending>gernot.mueller@tugraz.at