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TU Graz/

Talk Science to Me #54: Why Rivers are Murky


by Birgit Baustädter published at 11.11.2025 Research

Talk Science to Me #54: Why Rivers are Murky

Why are rivers often so murky? This is due to the small particles that the water transports and which form a complex system. Manuel Pirker is researching this phenomenon.

Interview in German only.

Warum sind Flüsse eigentlich oft so trüb? Das liegt an den kleinen Partikeln, die das Wasser transportiert.Sie bilden ein komplexes System, das unter anderem Manuel Pirker von der TU Graz erforscht. Mein Name ist Birgit Baustädter und ihr hört heute wieder Talk Science to Me, den Wissenschaftspodcast der TU Graz. 

Lieber Manuel, herzlichen Dank, dass du heute hier bist und mit mir über den Wasserbau und über deine Forschung sprechen wirst. Du arbeitest am Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft. Könntest du mal deine Forschung kurz vorstellen? Was machst du? Woran arbeitest du gerade? 

Manuel Pirker: Danke, dass ich hier sein darf Birgit. Sehr gern. Also ich arbeite grundsätzlich am Thema Sedimenttransport in Flüssen. Das kann man sich folgendermaßen vorstellen: Wenn man mal bei Hochwasser am Fluss steht, dann sieht man, dass neben dem Wasser auch sehr viele andere Dinge transportiert werden. Also oberflächlich vor allem Äste, Bäume, aber auch Makroplastik und so weiter. Und dann hat man im Fluss einerseits die Schwebstoffe, das sind die feinen Anteile vom Sediment, aber auch die gröberen Teile, die dann entlang vom Flussbett transportiert werden. Und ich beschäftige mich momentan mit der Weiterentwicklung eines Messsystems, um diesen Geschiebetransport messen zu können. Dazu haben wir einerseits einen Versuchsaufbau in unserem Labor, wo wir die Natur so gut es geht nachbilden. Mittlerweile haben wir das Messsystem auch an zwei Kraftwerken an der Salzach verbaut. Eines liefert jetzt schon seit über einem Jahr Daten und das andere wird im Herbst in Betrieb gehen. Grundsätzlich geht es um die Schaffung von Datengrundlagen für die Kraftwerksbetreiber, fürs Sedimentmanagement.

Was ist Sedimentmanagement? Das klingt jetzt nach so einem großen Wort. Warum muss ich das messen? Warum muss ich das managen? Worum geht es da?

Pirker: Ja, gute Frage. Die Wildbäche bringen sehr viel Material in den Fluss, also sehr viel Kies und Sand. Und die Flüsse funktionieren dann quasi als eine Art Förderband, die dieses Material durch das Land bis hin zum Meer transportieren. Und wenn ich jetzt ein Flusskraftwerk baue, dann unterbreche ich dieses Förderband. Einerseits verringert sich durch das Kraftwerk die Fließgeschwindigkeiten, was dazu führt, dass sich sehr viel Material abzulagern beginnt. Dadurch hebt sich das Flussbett einerseits, andererseits  auch der Wasserspiegel, was natürlich nachteilig für die Hochwassersicherheit ist. Auf der anderen Seite fehlt mir dieses Material aber flussab. Das heißt, der Fluss beginnt sich das Material aus dem Flussbett zu holen, gräbt sich quasi ein. Dadurch sinkt der Wasserspiegel und natürlich auch der Grundwasserspiegel im Umkreis, der damit verbunden ist. Es hat aber auch große Einwirkungen auf das Ökosystem, da mir das grobe Material zum Beispiel fehlt und ich dadurch einen Eingriff in die Heterogenität vom Ökosystem habe.

Du hast gesagt, ihr schafft die Datengrundlage für Kraftwerksbetreiber*innen. Wie geht es dann weiter? Ich habe jetzt diese Daten. Wie kann ich jetzt damit umgehen? Was passiert damit? Wie manage ich dann auch dieses ganze System? 

Pirker: Ja, grundsätzlich geht es eben auch um die Modellierung von Flussabschnitten. Da habe ich einerseits die Möglichkeit, empirische Formeln zu verwenden, aber auch am Computer zu arbeiten mit numerischen Modellen. Die können, je nachdem wie groß der Bereich ist, den ich betrachte und mit welchem Detailgrad, eindimensional, zweidimensional oder dreidimensional sein. Andererseits ist es nach wie vor so, dass wir wirklich physikalische Modelle bauen. Das heißt, wir nehmen einen Flussabschnitt, skalieren ihn runter und bauen ihn quasi in unserer Versuchshalle nach und führen dort im Maßstab unsere Untersuchungen durch. Und das alles basiert größtenteils auf Formeln, die mittlerweile schon fast 100 Jahre alt sind und damals auch empirisch im Labor hergeleitet wurden und eben nicht auf Messwerten in der Natur basieren. Das hat folgenden Hintergrund: Das Monitoring oder das Messen von Sedimenttransport ist einerseits extrem aufwendig, aber auch gefährlich. Da habe ich traditionell direkte Methoden, die man sich so vorstellen kann, dass da während dem Hochwasser jemand mit dem Boot auf den Fluss fährt, eine Art Eimer absenkt und damit probiert, in einem gewissen Zeitraum, an einem gewissen Punkt, den Sedimenttransport zu messen. Das ist natürlich einerseits, wie gesagt, gefährlich, andererseits habe ich halt genau zu einem Zeitpunkt an einem gewissen Punkt, in relativ freiem Flussbett, diesen Transport ermittelt, das heißt, ich muss das sehr oft wiederholen. Andererseits ist der Sedimenttransport selbst sehr variabel,das heißt, er variiert nicht nur in der Breite, sondern auch in der Zeit. Das heißt, ich bekomme da auch nur beschränkte Einblicke in das tatsächliche Vorgehen. Dadurch gibt es auch alternativ indirekte Methoden, wie zum Beispiel das Messsystem, das wir entwickeln, die zum Beispiel über die Erschütterungen, die das Geschiebe produziert, auf einen Transportrück hochrechnen können. Und diese Daten kann ich dann verwenden, um meine numerischen Modelle zum Beispiel zu kalibrieren. Das heißt, ich verbessere damit die Vorhersagequalität von diesen Modellen und verbessere auch die Vorhersagequalität in Sicht auf Hochwassersicherheit und ökologische Randbedingungen.

Sind das dann Daten und Vorhersagen, die schon im Vorhinein gemacht werden, bevor Kraftwerk gebaut wird? Oder ist es was, was dann wirklich im Betrieb wichtig ist, damit man weiß, wo man wie wo was ausbaggern müsste potenziell? 

Pirker: Beides. Natürlich muss ich das wissen bevor ich das Kraftwerk bauen kann, damit ich weiß, wie ich es konstruiere, was ich zu beachten habe. Andererseits ist es im Betrieb natürlich auch sehr wichtig die Übersicht zu behalten, wo das Material liegen bleibt und wie es eben weiter transportiert wird.

Du hast vorher erwähnt, ihr baut das im Labor noch, also ganze Flussläufe. Wie muss ich mir das vorstellen? 

Pirker: Ja, wir haben auf der TU Graz zwei Labore. Eines davon ist bei uns direkt am Institut, das andere ist in der Inffeldgasse. Das ist wesentlich größer, das ist wirklich eine Lagerhalle und das ist dann ein maßstäbliches Modell von diesem Flusslauf, das sich dort befindet, auch mit feinem Sand, das als Solematerial dient, wo wir dann Hochwasserabflüsse, Hochwasserwellen simulieren und uns die Veränderungen entlang des Flussbettes ansehen, sie interpretieren und dann natürlich wieder auf den Original, auf den Naturmaßstab zurückrechnen.

Wo verbringst du die meiste Zeit deiner Arbeit? Also bist du sehr viel im Labor, bist du sehr viel tatsächlich in der Natur am Anflüssen oder bist du primär am Computer und wertest aus?

Pirker: Ich habe das Glück, dass es ein relativ guter Mix ist. Also ich habe Wochen, da bin ich jeden Tag im Labor. Es kann bei gewissen Versuchen, die dann länger dauern, also so 12, 14 Stunden, auch sein, dass man schon um 4, 5 in der Früh im Labor ist. Aber Gott sei Dank bin ich dann nicht allein, das heißt, wir wechseln mit Kolleg*innen ab, damit wir den Tag rumbringen können. Andererseits mache ich sehr viel Datenauswertung am Computer, was auch ein großer Bestandteil ist. Aber die Highlights sind natürlich, wenn man ins Feld fahren kann. Zum Beispiel hatten wir vor kurzem einen Feldversuch an einem Kraftwerk, wo wir das Messsystem testen konnten. Und da war dann der Tag am Boot mit Sedimentmessungen. Und das ist schon immer das Schönste daran, wenn man ein bisschen rauskommt. Wie funktioniert dieses Messsystem? Das Messsystem selbst ist eigentlich relativ simpel. Es ist eine kleine Stahlplatte mit einem Beschleunigungssensor. Und die Idee ist quasi, dass man die Treffer, die Sedimentpartikel erzeugen, in dem Signal von den Beschleunigungssensoren sieht. Das funktioniert im Labor sehr gut. Auch was wir jetzt sagen können, von den Messungen am Kraftwerk auch. Und quasi von der Anzahl dieser Treffer kann man dann auf Korngröße einerseits und natürlich Ziel ist, auf den Sedimenttransport selbst rückzurechnen.

Du hast jetzt schon vorher aber Gründe genannt, warum das so wichtig ist, sich das anzuschauen und das zu messen. Also es geht um Naturschutz, es geht um den Erhalt der Heterogenität auch im Fluss, es geht um Hochwasserschutz, aber es geht natürlich auch um den technischen Aspekt und die Kraftwerke. Was ist für dich so die Triebfeder? Also warum machst du das? Was ist deine Motivation? 

Pirker: Mir ist eben wichtig, dass ich diese Abwechslung habe, also dass ich einerseits im Labor was machen kann, wirklich mit den Händen was machen kann, dann am Computer eine Auswertung mache und dann halt im Idealfall wirklich ins Feld gehen kann, um die Hypothesen, die man aufstellt, zu validieren und zu überprüfen. Dass man am Ende des Tages sieht, dass was rauskommt bei der Arbeit. Das ist so meine Hauptmotivation, würde ich sagen.

Ist es dir wichtig, dass deine Forschung dann auch umgesetzt wird, dass du siehst, dass das einen Einfluss auf die Realität quasi hat?

Pirker: Ja, mir persönlich ist es natürlich sehr wichtig und es ist natürlich auch immer schön zu sehen. Ich hatte zum Beispiel den Fall, einer meiner ersten Modellversuche, die ich betreut habe, da ist es um die Optimierung von Geschiebetransport an einem Flusskraftwerk gegangen und da hatten wir eben auch eine bauliche Änderung, also haben wir auch eine bauliche Änderung ausgearbeitet im Zuge vom Modellversuch. Und wo ich dann das erste Mal, wo quasi das richtige Kraftwerk gebaut worden ist und du dann davor stehst und du siehst, aha, das kann ich jetzt angreifen, das war damals noch so klein im Labor und jetzt ist es so groß vor dir. Das ist dann schon ein schönes Gefühl.

Du warst ja unter anderem auch dabei bei der Machbarkeitsstudio für die Surf- und Kajakwelle in Graz dabei. Wie war das? Was habt ihr da gemessen?

Pirker: Das war sehr spannend. Das war mein erster Modellversuch, den ich betreut habe. Und da war auch das Thema, sehr viele verschiedene Parteien unter den Hut zu bringen. Wir hatten die Surfer, die Kajaker, dann war natürlich der Vogelschutz, natürlich die Fischerei beteiligt, die Stadt, Hochwassersicherheit. Das sind sehr viele Aspekte, die man unter den Hut bringen muss. Und ich habe von dem Projekt echt sehr viel mitnehmen können. Ja, wir hatten eben damals eine Machbarkeitsstudie abgeschlossen.Und ja, was man so hört, ist die Stadt Graz mit den Themen nicht ganz durch. Und ich bin gespannt, was da noch kommt.

Wir haben jetzt vorher schon über deine Motivation auch gesprochen, warum du diese Forschung jetzt machst. Wie bist du in dieses Forschungsgebiet gekommen? Also was hast du studiert? Wo bist du her gekommen quasi?

Pirker: Ja, also Bautechnik war immer schon interessant. Ich habe damals auch die HTL besucht und abgeschlossen. Habe dann in Graz Bautechnik studiert. Damals war die Motivation aber eher noch auf Bodenmechanik und Felsmechanik, wofür die TU Graz bekannt ist . Das hat sich dann im Zuge vom Studium, wenn man mehr kennengelernt hat, geändert. Und faszinierend war natürlich auch noch der Besuch vom Labor und das alles einmal zu sehen, auch die Modelle zu sehen und angreifen zu können, das ist, glaube ich, auch etwas Einzigartiges. Und dann habe ich mich für den Master entschieden, der kombiniert Geotechnik und Wasserbau. Und vertieft habe ich mich dann im Wasserbau. Und habe die Möglichkeit gekriegt, noch ein bisschen länger auf der Uni zu bleiben und ein Doktorat zu machen. Und ja, jetzt bin ich eben da. 

Warum genau Wasser? Was hat den Wasser so fasziniert? 

Pirker: Mich hat immer fasziniert, dass der ganze Wasserkreislauf schon ein sehr komplexes System ist, dass Dinge, die ich hier in Österreich mache, auch Auswirkungen haben bis runter ans Schwarze Meer, vor allem für den Sedimenttransport, aber auch im Hinblick auf den Klimawandel, wenn ich vermehrt damit rechnen muss, dass die Intensität von Niederschlagsereignissen größer werden, erhöht das natürlich auch den Sedimenteintrag in den Flüssen, was die Kraftwerksbetreiber und so weiter vor neue Herausforderungen stellt, die es in der Zukunft zu bewältigen gilt.

Wo soll es eigentlich in Zukunft für dich hingehen? Du machst jetzt der Doktorat. Was ist der Plan?

Pirker: Ja, der Plan ist jetzt einmal, das Doktorat abzuschließen. Dann ist die Frage, und da spielen persönliche Gründe auch mit, ob ich in Graz bleibe oder woanders hingehe. Aber ich muss sagen, das ist noch relativ offen bei mir. 

Vielen Dank für das Interview.

Pirker: Ja, danke.

Vielen Dank, dass ihr heute wieder mit dabei wart. In der nächsten Folge spreche ich mit Miriam Monschein, die sich mit den Auswirkungen von Ackerbebauung auf die Hydrologie beschäftigt.