Das 9. Symposium Energieinnovation der TU Graz mit dem Titel "Dritte Energiepreiskrise - Anforderungen an die Energieinnovation" steht unter dem Eindruck der dringenden politischen und technischen Herausforderungen in der Energiewirtschaft. In insgesamt über 130 interdisziplinären Beiträgen werden sowohl die zentralen energiepolitischen als auch wichtige anwendungsrelevante und technikorientierte Themen diskutiert. Die Einordnung von Energieinnovationen und Energieforschung in die wissenschaftliche Diskussion liefert den Rahmen für die detaillierte und qualitativ hochwertige Analyse aktueller Themen der Versorgungssicherheit, des Klimaschutzes, der rationellen Energieanwendung, des Netzmanagements, der Erneuerbaren Energien sowie der technologischen Entwicklung im Bereich der Energieversorgung.Einige zentrale Aspekte wie die Rolle der Energiewirtschaft als Teil der gesellschaftlichen Entwicklung, die Notwendigkeit umfassender Infrastrukturinvestitionen, die Bedeutung der Effizienz und des technologischen Fortschritts ziehen sich durch nahezu alle Beiträge und werden somit auf unterschiedliche Art behandelt und bewertet. Die Untersuchungen finden statt im regionalen, nationalen, europäischen und globalen Rahmen. Sie sind sowohl qualitativer als auch numerisch-quantitativer Art. Die Beiträge bedienen sich einer Vielzahl unterschiedlicher Analysemethoden der ingenieurs- und wirtschaftswissenschaftlichen Sicht. Das jeweilige Instrumentarium wird von den Autoren mitunter erweitert, um es auf die Fragestellungen anzuwenden. Insgesamt wird so ein hohes Niveau an im internationalen Rahmen als innovativ einzustufenden Methodiken erreicht. Es werden u.a. energiewirtschaftliche Fundamentalmodelle, Datenbankmodelle, agentenbasierte Simulation, Modelle zur stochastischen Einspeisung regenerativer Energien, spieltheoretische Marktmodelle und ein Allgemeines Gleichgewichtsmodell vorgestellt.Autoren sind sowohl Professoren, Doktoren und Doktoranden aus der Wissenschaft (überwiegender Teil) als auch Wirtschaftler, Politiker und Regulierer. Die Tagung ist somit Schnittstelle und Kommunikationsplattform zwischen unterschiedlichen Disziplinen sowie zwischen Wissenschaft und Praxis. Forschungsimplikationen ergeben sich z.B. bezüglich der Anwendung und Erweiterung der unterschiedlichen Analyseinstrumentarien auf die Vielzahl der Themengebiete der Tagung. Einzelne Themenbereiche (Bsp. Spannungsfeld Ökonomie / Ökologie) bedürfen weitergehender Operationalisierungen.Die Tagungsunterlagen sind insgesamt eine ausgezeichnete Quelle, sich über den aktuellen Stand der energiewirtschaftlichen Diskussion sowie über die neuesten Methoden zur Analyse energie- und umweltpolitischer Fragestellungen zu informieren.
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Die vorliegende CD-ROM beinhaltet einen sehr großen Anteil der bei dieser Konferenz präsentierten Beiträge in ausführlicher Form. Sie ist entsprechend der einzelnen Schwerpunkte der Tagung wie folgt gegliedert:Stream A deckt die gesamte Bandbreite an Energieszenarien, Modellierung, nationale und regionale Energiekonzepte, Energieforschung sowie die Analyse des Spannungsfelds Ökonomie-Ökologie-Gesellschaft ab. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang das Streben nach Kompromissen bei der soziologischen Umsetzung technischer Lösungen.In Stream B wurden fundierte Beiträge zu aktuellen Fragestellungen des Klimaschutzes, der CO2-Abtrennung und -speicherung präsentiert.Versorgungssicherheit im Strombereich sowie Aspekte der Sicherung der Versorgung mit Erdgas, Konventionelle Kraftwerke als auch neue Energieträger wie Wasserstoff wurden umfassend in den Beiträgen von Stream C analysiert.Stream D fokusiert auf Technologien. Auch hier war die Bandbreite der Themen imponierend. Sowohl die Effizienz von Gebäuden als auch jene von Fahrzeugen und Energieeffizienzmaßnahmen auf der Verbraucherseite (Demand-side management) waren Gegenstand von sehr tiefgehenden Analysen.Netze, Versorgungssicherheit, Zuverlässigkeit waren der Fokus von Stream E. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die Diskussion von Marktmodellen für die Verteilnetze.Die zukünftige Rolle erneuerbarer Energieträger, Brennstoffzellen, effizienter Förderstrategien und mit speziellem Bezug auf die Biomasse optimale KWK wird übergreifend in Stream F und G behandelt. Speziell die Diskussion um Effektivität und Effizienz von verschiedenen Förderstrategien zur Stromerzeugung aus erneuerbarer Energieträgern sei hier ausdrücklich hervorgehoben.Sowohl von meiner Präsenz bei der Tagung als auch vom Studium der Beiträge auf der CD-ROM stelle ich fest, dass das Niveau der Beiträge wissenschaftlich insgesamt sehr hoch einzuschätzen ist. Natürlich gilt dies nicht für alle Beiträge, aber es sind nur sehr wenige dabei, die das hohe allgemeine Niveau nicht erreichen. Darüber hinaus gibt es andererseits auch einige herausragende Beiträge, die dieses Manko in Bezug auf diese Publikation bei weitem wettmachen.Zusammengefasst empfehle ich vom wissenschaftlichen Standpunkt aus wärmstens, den Tagungsband und die Tagungs-CD-ROM zu publizieren.
"Innovation, that is the process of finding economic application for the inventions" - dieses Zitat, dem großen österreichischen Nationalökonom Joseph A. Schumpeter zugeschrieben, hat natürlich auch für die Energieinnovation Bedeutung.Das 9. Symposium Energieinnovation gibt dazu einen breit angelegten Überblick über aktuelle Anforderungen und derzeit diskutierte Lösungsansätze. So differenziert die Energieprobleme heute interpretiert werden, so vielfältig sind auch die Beiträge, die am Symposium eingebracht wurden. Gleichzeitig wird damit die "Dritte Energiepreiskrise", deren Ursachen und mögliche Auswirkungen, zum Rahmen für allfällige Lösungsansätze. Insgesamt wird ein guter Überblick über den aktuellen state of the art in Wissenschaft und Praxis geboten.
Die Beiträge und Diskussionen zu dem genannten Thema orientierten sich im Wesentlichen an der Versorgungssicherheit der Netze unter Marktbedingungen. Im engeren Bereich des Engpassmanagements sind hiezu im Besonderen die Beiträge Tragner, Todem und Rohrböck zu erwähnen, die in den einführenden Abschnitten eine umfassende Übersicht über die Probleme und bestehende Lösungen des Engpassmanagements unter liberalisierten Marktbedingungen geben. Sie gehen von der Forderung der Europäischen Gemeinschaft nach einem marktbasierten, diskriminierungsfreien und transparenten Engpassmanagement aus. Dazu wird festgestellt, dass im gegenwärtigen Zustand Mängel an den angewendeten Methoden bestehen. Erwähnt werden unterschiedliche Netzentgelte, zu wenige Anreize für Investitionen, ungenaue Verfahren zur Bestimmung der Kapazitäten. In den einleitenden Abschnitten werden dabei die Konzepte, wie sie im Verbundnetz der UCTE bestehen, in Skandinavien und in den USA gehandhabt werden, gegenübergestellt. Im ersteren Fall kommen marktorientierte Verfahren, wie Auktionen, Redispatching bzw. die Marktteilung zur Anwendung, während im letzteren Fall das Nodal Pricing in ausgedehnten Pools praktiziert wird. Das Nodal Pricing bzw. locational marginal pricing (LMP), dessen Ergebnis mit demjenigen eines optimalen Lastflusses übereinstimmt (Ideallösung), ist an einen zentralen Pool Operator gebunden, wofür in Europa die Bereitschaft und die Umsetzungsbedingungen nicht gegeben sind. Die genannten Beiträge sprechen sich für marktkompatible Verfahren aus, erkennen aber auch die Schwächen und Unzulänglichkeiten. Es sollte ein integrierter Prozess für das Engpassmanagement angestrebt werden. Hier setzen sie jeweilig mit Verbesserungsvorschlägen an, die in Richtung von lastflussorientierten Verfahren gehen. Dabei geht es um eine genauere Abbildung der verfügbaren Übertragungskapazität eines Stromkreises bis hin zur thermischen Grenze. Die (n-1)-Sicherheit muss dabei selbstverständlich eingehalten werden. Im Beitrag Todem wird ein Pilotprojekt für das Netz der SEE (South Eastern Europe) dargestellt, bei dem die Kapazitäten zwischen Zonen mittels PTDF (power transfer distribution factors) bestimmt und die Flussverteilung optimiert wird. Es wird dabei auch die Verteilung der Erlöse diskutiert und auf ein Konzept der ETSO Bezug genommen, das nach dem Urteil des Autors nicht genügend Anreize für Investitionen liefert. In allen Beiträgen erscheint die Auktion als Engpassmanagementmethode, im Beitrag Tragner als beste Form beurteilt. Dies trifft wohl für die einfache Anwendbarkeit zu, führt jedoch zum Ergebnis, dass für den Engpass zweimal bezahlt werden muss, einmal bei der Versteigerung, das zweite Mal für den höheren Energiebezug wegen der Verschiebung des Erzeugungsprofils. Das ist offensichtlich, wenn man das Ergebnis der Nodal Prices als Vergleich heranzieht. Unter dem Thema der Sicherheit der Verteilnetze sind die Beiträge Spitzel und Derler von Bedeutung, die auf die Diskrepanz zwischen geforderten Netzkostenreduktionen des Regulators und die dadurch beeinträchtigte Zuverlässigkeit hinweisen und eine realistische Beurteilung bzw. ein geändertes Konzept verlangen. Konkret schlägt Spitzel ein Verfahren vor, bei die Kosten (Rückvergütung) am Ergebnis der Versorgungszuverlässigkeit gemessen werden.
Assoc.Prof. Udo Bachhiesl
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