Baugeschichte

© Daniel Schmitt
Die Baugeschichte arbeitet an der Darstellung von technischen und sozialen Einwirkungen auf die Entwicklung von Entwurfspraktiken. Sie vermittelt ein umfassendes Verständnis für die gegenseitigen Wechselbeziehungen zwischen Architektur und Umwelt, zwischen Architekt/in und Gesellschaft. Die Analyse historischer Bauprozesse ermöglicht das Erkennen von externen, auf den Entwurf wesentlichen Einfluss nehmenden Parametern, wie Technologie, soziale Phänomene, etc. Eine historisch differenzierte Betrachtung von Bestandsgebäuden ist schließlich Voraussetzung zu einer kritischen Urteilsbildung ihrer baulichen Qualitäten, als auch Grundlage einer verantwortungsvollen Gestaltung von Umwelt. Methodisch wird sowohl mit archivarischen Quellen als auch mit den Bauwerken selbst gearbeitet. In der Architektur- und Kunstgeschichte stehen übergeordnete Fragestellungen zu einer allgemein europäischen Entwicklung im Mittelpunkt (Makro-Entwicklungen). Sie behandeln vordergründig sozial kulturelle Einflüsse auf das Baugeschehen. Innerhalb der bereits vordefinierten Baustil-Epochen wird aus genealogischer Sicht ein klassisches Geschichtsbild gezeichnet, welches den kontinuierlichen Entwicklungen von Bauform und Grundriss folgt. An bedeutenden Einzelbeispielen werden jedoch auch abweichende Tendenzen betrachtet, die aus kontextuell differenzierter Perspektive – hinsichtlich unmittelbar kultureller oder sozial-ökonomischer Einflüsse – ein morphologisches Geschichtsbild ergeben (Mikro-Entwicklungen). In der Bauforschung steht mehrheitlich hingegen ein technologisches Interesse an den Bauentwicklungen im Vordergrund. Sie behandelt die technischen Eigenschaften des Bauwerks. Die Grundlage dazu bildet eine umfassende Baudokumentation. Ein Aufmaß (Bestandsplan) und eine Inventarisation (Raumbuch) werden durch eine schadensfreie Untersuchung (Prospektion) oder gegebenenfalls auch durch Bauteilöffnungen (Sondierungen) erstellt. In Kombination der dadurch ermittelten geometrischen und semantischen Daten wird ein möglichst umfangreiches Bild über die technische Entwicklung und den Ist-Zustand der verwendeten Materialien und Konstruktionen erstellt. Die darauf aufbauende Bauanalyse ermittelt schließlich die Bauqualitäten bzw. Schäden und unterstützt so langfristig orientierte Entwurflösungen. Ergebnis ist die Vermittlung von architektonischen Lösungen hinsichtlich einer vernetzenden Erkenntnis technischer und sozialer Aspekte, sowie auch die grundlegende Berücksichtigung historisch differenzierter Sichtweisen in der Beurteilung baulicher Qualitäten.