Hauptpreis

Hanna Maria Gletthofer
Intervening at the Small Scale:
The Preservation and Transformation of a Former Rectory

 

„Der Hauptpreis der GAD Awards zeichnet die beste Abschlussarbeit des vergangenen Studienjahres aus. Doch was macht eine Diplomarbeit eigentlich hauptpreiswürdig? Wie kann man aus so vielen herausragenden, nicht vergleichbaren Projekten die eine Arbeit herausfiltern? Und wie laut muss ein Hauptpreis sein? Wie groß, wie umfassend der Entwurf?
Die prämierte Arbeit widmet sich einem Thema, das zunehmend ins Zentrum architektonischer Verantwortung rückt: dem Weiterbauen am Bestand. Behutsame, präzise gesetzte Eingriffe hinterfragen bestehende räumliche Beziehungen und entwickeln daraus eine Familie von Fragmenten, die das Gebäude neu lesbar machen. Mit feinem Gespür für Maßstab, Kontext und Materialität entsteht ein Entwurf, der weit über das Objekt hinausweist: Er versteht die Transformation eines einzelnen Hauses als Beitrag zur Entwicklung des ländlichen Raums – und zugleich als Teil eines größeren (bau-)kulturellen und ökologischen Zusammenhangs. Wir würdigen eine Arbeit, die zeigt, wie kraftvoll kleine Eingriffe sein können, wenn sie mit architektonischer Intelligenz, theoretischer Tiefe und großer Verantwortung gegenüber dem Bestand gedacht werden.
Die Arbeit überzeugte uns durch ihre Sensibilität, präzise Ausformulierung und die Angemessenheit auf allen Ebenen, sowie durch ihre übertragbare Methodik. Von der Auswahl der Thematik, über die Gestaltung des Buches und des Modells, bis hin zur architektonischen Ausformulierung der Eingriffe ist es eine unglaublich schlüssige Arbeit. Am Beispiel eines leerstehenden Pfarrhofs untersucht sie den Begriff der Dauerhaftigkeit – und interpretiert ihn mit großer Sensibilität architektonisch neu.“
— Evelyn Temmel

Reisepreis

Pia Pollak
Leonce und Lena, und ein Haus.
Ein transdisziplinärer Versuch

 

„Der Reisepreis ermöglicht jungen Architekt*innen Reisen zur Erfahrungs- und Wissenserweiterung oder die Recherche im Ausland.
Die prämierte Arbeit begibt sich auf eine erzählerische Reise, und lässt einen lebendigen Dialog entstehen, der die Plandarstellungen des Projekts gekonnt und in spielerischer Leichtigkeit mit einem dramaturgischen Narrativ verwebt. Zugleich schafft sie es, ein Projekt hervorzubringen, das trotz seiner poetischen Entstehung in der Wirklichkeit ankommt und einen architektonisch hochwertigen Entwurf ausbildet. Die Arbeit erweitert den Blick über den Tellerrand und weicht von gefestigten Wegen und bekannten Pfaden ab. All das, was eine Reise ausmacht. Zudem überzeugt sie durch ihre hohe Qualität in Darstellung und Entwurf, ihren Mut zum Experiment und den lustvollen Umgang mit einer Erzählung als entwurfsbildender Methode.“
— Thomas Untersweg

 

Wohnbaupreis

Fabian Steinberger
Ein durchschnittliches Haus

 

„Mit feinem Humor und analytischer Schärfe verhandelt die prämierte Arbeit grundlegende Fragen des Wohnens: Was ist normal? Was ist typisch? Und: Wie viel Freiheit steckt eigentlich im Regelwerk? Gerade im Wohnbau sind wir stark an Zahlen, Vorgaben und deren Erfüllung gebunden. Diese Arbeit zeigt jedoch, dass Architektur auch aus den engen Grenzen von Normen und Berechnungen heraus poetisch werden kann – wenn sie diese nicht nur befolgt, sondern neu interpretiert.
Die ausgezeichnete Arbeit nimmt ein ungewöhnliches Ausgangsmaterial für einen architektonischen Entwurf: den Durchschnitt. Aus 59 Grazer Wohngebäuden werden statistische Werte erhoben, gemittelt – und in eine präzise räumliche Form übersetzt. Was zunächst wie eine rein rechnerische Übung erscheint, entfaltet sich zu einer überraschend vielschichtigen architektonischen Manifestation. Der Entwurf folgt der Logik des Durchschnitts mit großer methodischer Konsequenz – und nutzt die daraus entstehenden Begrenzungen als schöpferische Kraft. So entsteht ein Gebäude, das sich nicht über individuelle Gesten, sondern über die Summe kollektiver Daten definiert – ein Haus, das dem Durchschnittshaus so nahe kommt, dass es dessen Eigenart auf wunderbar überspitzte Weise sichtbar macht.
Die Jury würdigt mit dieser Arbeit ein Projekt, das mit konzeptuellem Witz, methodischer Strenge und architektonischem Denken aus Zahlen eine eigene Sprache formt.“
— Johannes Paar

 

Nachhaltigkeitspreis

Marius Birnbreier
Zwischen Garantie und Autarkie.
Selbstverantwortungsräume als Beitrag zur territorialen Gerechtigkeit in peripherisierten Gemeinden

 

„Seit 2019 ehrt der Nachhaltigkeitspreis innovative Beiträge zum ökologischen und energieeffizienten Bauen. Der Begriff Nachhaltigkeit soll in unserem Berufsfeld aber nicht nur im Sinne von Engergieeffizienz, Materialität und der eingesetzten Bauteile verstanden werden. Eine enorme Wirkung kann aber auch erzielt werden, wenn ein Projekt Maßnahmen setzt, die Bautätigkeit im Vorfeld vermeiden und schon bestehende Strukturen stärken, indem sie diese über die strategische Steuerung und Katalysation von sozialen Prozessen und kleinräumlichen Interventionen vor Leerstand schützen und so konsolidieren.
Die prämierte Arbeit hinterfragt die gängigen Deutungen von Wachstum und Schrumpfung sowie die Polarisierung zwischen urbanem und ruralem Leben. Angesichts einer alternden Bevölkerung und zunehmender Peripherisierung werden Potenziale lokaler Lebensweisen neu betrachtet – mit einem besonderen Fokus auf sozialem Engagement und Teilhabe.
Ziel ist die Stärkung räumlich-gerechter und partizipativer Planungs- und Gestaltungsprozesse. Gemeinsam mit lokalen Akteur*innen entsteht daraus eine Methode, die Theorie und Praxis verbindet und starke Visionen für den Strukturwandel entwickelt. Damit zeigt die Arbeit, wie durch kleine, klug gesetzte Impulse nachhaltige Strukturen entstehen können – lange bevor Abzug passiert, Leerstand entsteht, Rückbau oder Neuentwicklung erforderlich wird.“
— Johannes Paar, Evelyn Temmel, Thomas Untersweg

 

Design- und Handwerkspreis

Christian Keuschnig
Kreislauffähige Holzskelettmodule.
Umnutzbares, reparaturfähiges und wiederverwendbares Modulsystem für den Hochhausbereich

 

„Der Design- und Handwerkspreis in Form eines Berberteppichs wird als Ausdruck der jahrhundertewährenden Verbindung von Design und Handwerk verliehen. Aus unserer Sicht ist ein zentrales Kriterium moderner Handwerkskunst die Verantwortung für Materialkreisläufe und Lebenszyklen. Der diesjährige Preis geht an eine Arbeit, die sich durch einen beispielhaften Beitrag dazu auszeichnet, Wissen, das seinen Ursprung im Handwerk hat, in einen zeitgenössischen, forschenden Kontext zu überführen.
Die Diplomarbeit überzeugt durch die Entwicklung eines ganzheitlichen Holzbausystems, das Handwerk, Forschung und industrielle Fertigung auf beispielhafte Weise verbindet. Das entstandene System kombiniert die Präzision des Holzmodulbaus mit der Flexibilität des Skelettbaus und eröffnet damit neue Perspektiven für die urbane Nachverdichtung. Mit handwerklichem Verständnis für Material, Fügung und Toleranzen werden konstruktive Prinzipien so weitergedacht, dass ein zirkuläres, anpassungsfähiges und reparaturfähiges System entsteht. Der eigens entwickelte Knoten bildet dabei das technische und handwerkliche Herzstück des Systems – er ermöglicht den Austausch, den Rückbau und die Wiederverwendung ganzer Module oder einzelner Elemente.
Die Arbeit zeigt eindrucksvoll, wie handwerkliche Intelligenz zur Grundlage industrieller Innovation werden kann. Sie leistet damit einen zukunftsweisenden Beitrag zu einer ressourcenschonenden Baukultur und zur Dekarbonisierung des Bauwesens.“
— Johannes Paar, Evelyn Temmel, Thomas Untersweg