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Blitzentladungen im Alpinen Raum

Messungen 2015

Einleitung

Im Jahre 2015 wurden Blitzbeobachtungen im Alpenraum durchgeführt, um die Wolke-Erde Entladungen zu erforschen. Ein spezieller Augenmerk wurde dabei einerseits auf den höheren prozentuellen Anteil an negativen Einzel-Blitzentladungen und andererseits auf die Ermittlung der Blitzparameter bei gebirgigen Umgebungsbedingungen gelegt.
  • Beschreibung der Messausrüstung
  • Beobachtungsstrategie
  • Messorte und Messungen im Jahr 2015
Basierend auf den gemessenen Daten und unter Verwendung anderer Daten wie zum Beispiel jener des Blitzortungssystems ALDIS in Österreich können neue Antworten auf wissenschaftlich Fragen gefunden werden.

Messausrüstung

Die Messungen für diese Forschungsarbeit werden mithilfe eines mobilen Messsystems, bestehend aus einer modernen Videokamera kombiniert mit einem elektrischen Feldmesssystem (VFRS, mobile video and electric field recording system), welches für Messungen vor Ort ausgelegt ist, durchgeführt. Daten des VFRS sind sogenannte „Ground Truth“ Daten. Diese Daten sind derzeit die einzige Möglichkeit, auf Typ und Eigenschaften eines Wolke-Erde Blitzes zu schließen, die unabhängig von der Blitzortung sind. Mithilfe des aufgenommenen Videos, mit hoher Zeitauflösung, kann dies evaluiert werden. Das mobile VFRS ermöglicht die Beobachtung aller Wolke-Erde Blitze in regionalen Gewittern und an verschiedenen Orten im Alpenraum. Das ist ein großer Vorteil verglichen mit anderen, herkömmlichen Methoden, wie zum Beispiel die Messungen an instrumentierten Türmen oder an Bergspitzen ausgelöste Blitzentladungen, welche lokal begrenzt sind und meistens spezielle Typen der Wolke-Erde Entladungen aufweisen (aufwärts ausgelöst). VFRS Daten repräsentieren typische Wolke-Erde Blitzentladungen, die während eines Gewitters auftreten und sind daher wissenschaftlich sehr bedeutend, um vertrauenswürdige Informationen über die Merkmale der Wolke-Erde Blitzentladungen zu sammeln.
© TU Graz/IHS

Bild1: Vor Ort Aufbau des VFRS: (1) Komponenten zur Messung transienter elektrischer Felder,
(2) Hochgeschwindigkeitskamera, (3) GPS Antenne,
(4) Auto mit Messequipment im Inneren, (5) Energieversorgung

Das VFRS besteht aus zwei Hauptkomponenten, einem E-Feld System, um transiente elektrische Felder zu messen und aus einem Kamerasystem zum Aufnehmen der atmosphärischen Entladungen in Form von Hoch-geschwindigkeitsvideos. Beide Komponenten, E-Feld und Kamera, liefern via GPS zeitsynchronisierte Messungen. Dies erlaubt die Korrelation der VFRS Daten mit anderen Daten (zum Beispiel Daten von Blitzortungssystemen). Außerdem ist das VFRS leicht portabel (in einem Auto), bedienbar vom Auto aus (Sicherheit für den Bediener während eines Gewitters), unabhängig von einer Energieversorgung (freie Wahl der Beobachtungsstelle) und geschützt vor Wettereinflüssen. Bild1 zeigt den Aufbau des VFRS vor Ort mit den Komponenten außerhalb des Autos.

Beobachtungsstrategie

Das zentrale Element dieses Forschungsprojektes ist die Sammlung von VFRS Ground Truth Daten während Gewitteraktivitäten in der warmen Jahreszeit im Alpenraum. Um das Wolke-Erde Blitzentladungsverhalten zu erforschen, müssen die Beobachtungsstellen bestimmten Kriterien entsprechen. Generell müssen Beobachtungsstellen kleine elektromagnetische Störungen aufweisen und sollen eine weiten Sichtbereich bieten. Weder Installationen, wie elektrische Zäune oder Freileitungen, noch Strukturen, die die Sicht einschränken, sollen an der Beobachtungsstelle vorhanden sein. Das zweite projektspezifische Kriterium ist die Sichtbarkeit von exponierten, gebirgigen Strukturen und Objekten in einer Entfernung von ungefähr 10 km – 40 km vom Beobachtungsort. Solche Objekte und Strukturen können sein:
  • Berggipfel
  • Bergrücken
  • Freileitungen
  • Freileitungsmaste
  • Windräder
  • Türme und Antennen
  • Andere, auffallende, exponierte Strukturen
© TU Graz/IHS

Bild 2: Beobachtungsstellen in den österreichischen Alpen sowie die Regionen,
wo Blitzeinschläge im Jahr 2015 gemessen wurden.

Messungen im Jahr 2015

Zwischen Mai und August 2015 wurden Messungen mithilfe des VFRS in weiten Bereichen der österreichischen Alpen durchgeführt. Innerhalb dieses Zeitraumes wurden Daten von 23 Gewittern an 20 gewittrigen Tagen aufgezeichnet. Bild 2 zeigt die Messstellen (schwarz) und die Regionen, in welchen eine Blitzaktivität gemessen werden konnte (grün). Die umfangreichen Rohdaten sind systematisch aufgezeichnet und müssen für jeden einzelnen Fall bearbeitet werden. Dies ist einer der zeitaufwendigsten Schritte aufgrund der großen Menge an Daten. Unter Anwendung von definierten Qualitätskriterien für die erfassten Messdaten (wie z.B. Fernsichtbedingungen, Sichtbarkeit aller Einzelentladungen, Qualität der elektrischen und optischen Messergebnisse) konnten bereits zahlreiche Datensätze mit dem Prädikat wertvoll abgelegt werden. Basierend auf dem aktuellen Stand der Datenanalyse wurden in dieser einen Messperiode 2015 insgesamt 147 negative Blitzentladungen analysiert. Dabei wurden 28 positive und sogar 6 bipolare Blitzentladungen beobachtet.

Ausblick

Studien über Blitzparameter und Folgeblitzentladungen sowie über den hohen Prozentsatz von negativen Blitzentladungen, bestehend aus nur einem Teilblitz, sind von großem Interesse. Weitere Beobachtungen sind auf Basis der vorhanden Ergebnisse aus 2015 in den nächsten Jahren geplant, um die Datenbasis zu erhöhen und damit die wissenschaftliche Qualität der Ergebnisse breiter abzusichern. Die Ergebnisse werden einen Beitrag zur Abschätzung des Gefährdungspotentials und zur nachhaltigen Verbesserung von Blitzschutz-systemen liefern.

Literatur:

  1. C. VERGEINER, S. PACK, W. SCHULZ, G. DIENDORFER: "Negative Cloud-to-Ground Lightning in the Alpine Region: A new Approach", CIGRE C4 International Colloquium on EMC, Lightning and Power Quality Considerations for Renewable Energy Systems, Curitiba, Brazil, 2016.

  2. C. VERGEINER, W. SCHULZ, S. PACK: "On the Performance of the Austrian Lightning Detection and Information System (ALDIS)", 11. Höfler's Days, Portorož, Slovenia, 2013.

  3. W. SCHULZ, B. LACKENBAUER, H. PICHLER, G. DIENDORFER: "LLS Data and Correlated Continuous E-Field Measurements", VIII International Symposium on Lightning Protection (SIPDA), Sao Paulo, Brazil, 2005.
Kontakt
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Projektleitung

Ao.Univ.-Prof.Dr. Stepahn Pack

Inffeldgasse 18, Raum HSEG022
8010 Graz

Tel.: +43 316 873 7416
Mail: packnoSpam@tugraz.at