Maximilian Schade / Walter Fritz

Wir, Maximilian Schade und Fritz Walter, gehören wahrscheinlich zu der ersten Generation, die von den Auswirkungen des Klimawandels direkt betroffen sein wird. Deswegen war es uns wichtig, im Rahmen unserer Masterthesis Möglichkeiten für CO²-neutrales Bauen aufzuzeigen und ein Aushängeschild des ökologischen Bauens zu entwickeln. Am Institut für Tragwerksentwurf der TU Graz, unter der Leitung von Prof. Stefan Peters und Asoc. Prof. Andreas Trummer kombinierten wir innovative Leichtbauweisen mit ökologischen Baumaterialien. Entstanden ist eine leichte Holzgitterkonstruktion, darauf Strohballen, Lehmputz und Holzschindeln; der Strohboid - das wahrscheinlich ökologischste Haus der Gegenwart! Durch Gebäude werden weltweit 40% aller CO²-emissionen freigesetzt. Die Hälfte der CO²-emissionen im Lebenszyklus von Neubauten befinden sich bereits in der „grauen Energie“, also der Herstellungsenergie von Baumaterialien. Dadurch entfallen in Europa 10% der CO²-emissionen auf die Herstellung von Gebäuden. Mit dem Einsatz von organischen Materialien wie Holz und Stroh lässt sich etwa so viel CO² in der Konstruktion einlagern, wie bei konventionellen Bauweisen freigesetzt wird. Mit diesem Umkehreffekt könnte das Baugewerbe einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Durch die Nutzung von Leichtbauprinzipien, angefangen bei der Gebäudegeometrie in Form einer Sattelfläche bis zur vorgespannten Sandwichbauweise aus Holzlatten und Stroh, spart diese Holzgitterkonstruktion die Hälfte des Konstruktionsmaterials, verglichen mit einer herkömmlichen Holzständerkonstruktion. Im Gegensatz zu einem konventionellen Gebäude verbraucht der Strohboid 90% weniger Herstellungsenergie und spart dadurch 17t CO² während der Bauphase. Zudem wurden 10t Holz und Stroh verbaut, in denen zusätzlich 20t CO² gespeichert sind. Außerdem ist das Gebäude frei von Kunst- und Schadstoffen und kann nach seiner Nutzungsdauer zur Gänze recycelt werden. Die Strohbautechnik wird seit der Erfindung der Strohballenpresse vor 150 Jahren auch für den Hausbau verwendet und erfreut sich heute aufgrund des hohen Wohnkomforts immer größerer Beliebtheit. Strohballen sind leicht bearbeitbar und eignen sich so perfekt für gekrümmte Konstruktionen. Die Strohballen werden direkt mit Lehm verputzt, sind dadurch vor Feuer und Schädlingen geschützt und dienen als Wärmedämmung und Feuchtigkeitsregulator. Der Strohboid besteht aus zwei übereinander verlaufenden Holzgitterschalen, deren Zwischenraum mit Strohballen ausgefüllt ist. Die äußere Schale wird gegen das Fundament vorgespannt, wodurch eine stabile Verbundkonstruktion erzeugt wird. Um den kleinen Krümmungsradius mit den benötigten Holzquerschnitten zu realisieren, ist die Holzgitterschale in Bugholztechnik ausgeführt. Hierzu wird Holz mittels Wasserdampf erhitzt und befeuchtet, wodurch es weich und biegsam wird. Erkaltet es, bleibt es formstabil und belastungsfähig. Für diese Technik eignet sich Buchenholz besonders gut. An der Landwirtschaftsschule Altgrottenhof konnten wir Belastungstests an einem Protottypen durchführen, und mit den gewonnenen Erfahrungen präzise Statikmodelle berechnen. Mit der Unterstützung in Form von Materialspenden ermöglichten uns Pro Holz, Tischlerei Knaus, FFG und ISTRAW die Realisierung eines Prototyps. Für unser Verständnis von ökologischem Bauen hätte es keinen besseren Standort geben können als das österreichische Freilichtmuseum Stübing. Denn es sind die selben Materialien und ihre herausragenden Eigenschaften, die nicht nur seid Jahrtausenden bewährt, sondern auch ökologisch äusserst vorteilhaft sind. Über Generationen hinweg entwickelten sich aus regionalen Rohstoffen langlebige Konstruktionsweisen mit ausgeklügelten Details. Abseits aller Normen zeigen uns die Bauwerke in Stübing heute, was mit den Materialien Holz, Stroh und Lehm wirklich möglich ist. Die Masterarbeit Strohboid - Entwicklung und Test einer Stroh-Holz-Verbundkonstruktion wurde von Andreas Trummer (Institut für Tragwerksentwurf) betreut.