Die Zeile der 50er - Vitalisierung einer 50er Jahre Siedlung

Felix Zankel

Dem Wohnbau der 50er-Jahre kommt eine wichtige Rolle in der Bereitstellung von Wohnraum in Österreich zu. Besonders der Zeilenbau wurde für die Wohnungsprobleme der Nachkriegszeit eine weit verbreitete Typologie. Der freistehende Bau am Stadtrand ist Sinnbild für den Wunsch der Bevölkerung nach einem Eigenheim im Grünen. Die enormen Schäden des zweiten Weltkrieges, die Probleme mit Flüchtlingen und die Zerstörung vieler Wohnbauten stellten die Architekten nach dem Krieg vor schier unlösbare Aufgaben. Der Bedarf an Wohnungen war riesig, dazu kamen Probleme bei der Finanzierung der Projekte. Förderfonds und gemeinnützige Genossenschaften übernahmen wesentliche Aufgaben im Wohnbau. Diese Massenproduktion führte jedoch zu Monotonie und lässt Entwicklungen der Zwischenkriegszeit, wie etwa die Bauten von Bruno Taut, vermissen. Abgesehen von den baulichen Problemen dieser Siedlungen, haben sich bis heute die Anforderungen der Menschen an den Wohnbau grundlegend weiterentwickelt. Die kleinteiligen Grundrisse, die langen Gänge, die engen Erschließungen und die geringe Flexibilität sind nicht mehr zeitgemäß. Das in den 50er-Jahren präsente Bild der Kleinfamilie hat sich ebenso verändert wie die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Außerdem sind diese Siedlungen nicht mehr in der Lage den Anforderungen des demographischen Wandels und den daraus resultierenden größeren Anforderungen an die Barrierefreiheit gerecht zu werden, was immer öfter zu Problemen führt. Der günstige Wohnraum wird zwar noch immer gerne angenommen, gesellschaftliche Akzeptanz fehlt jedoch. Bei der Modernisierung dieser Siedlungen liegt daher das Augenmerk, neben bauphysikalischen Maßnahmen, vor allem darin, die sozialen Schäden zu kitten. Die simple Fassadenkosmetik allein kann es nicht schaffen grundlegende Probleme in den Griff zu bekommen, es muss wesentlich tiefer in die Substanz der Zeile eingegriffen werden. Die Maßnahmen beginnen bei der Konfiguration der Wohnungsgrundrisse und enden mit einer Lösung für die Belebung der Freiflächen und der Schaffung von Gemeinschaftsräumen. Ohne Eingriffe werden diese Siedlungen über kurz oder lang ihre Bedeutung für den Wohnungsmarkt verlieren und zu Sub-Standard-Ghettos verkommen. Anhand der Grazer Siedlung „Am Hofacker“ werden diese Entwicklungen mit Hilfe einer Umfrage analysiert und Lösungsansätze über einen Entwurf ausgearbeitet. Die gute Lage in der Nähe des Stadtzentrums, die bei 50er-Jahre Bauten sehr oft zu finden ist, macht Entwicklungsstrategien interessant. Darüber hinaus fordern immer stärker wachsende Städte und der daraus resultierende Platzmangel, bestehende Wohnbauten regelrecht zur Nachverdichtung auf, was wegen der geringen Dichte der 50er-Jahre Zeile umso wichtiger erscheint. Der Mensch und die Anforderungen an den Menschen haben sich in den letzten 60 Jahren grundlegend geändert - auch die Zeile der 50er- Jahre wird sich diesen veränderten Bedingungen anpassen müssen: „Wandlungsfähig ist das Haus und der Mensch, beweglich und doch fest.“ (Bruno Taut)  Die Diplomarbeit Die Zeile der 50er - Vitalisierung einer 50er Jahre Siedlung wurde vom Institut für Wohnbau (Andreas Lichtblau) betreut.