Nina Valerie Kolowratnik
Um die bislang ausgeklammerte Frage der Rückkehr palästinensischer Flüchtlinge auf die politische Agenda zu bringen, muss die ideologisch festgefahrene Diskussion überwunden und auf eine greifbare Ebene gebracht werden. Eine Möglichkeit dies zu erreichen, bietet sich dem räumlichen Planer, indem er seine Umgebung mit dem Wiederlesen des Konflikts aus räumlicher Perspektive konfrontiert. Der Maßstab des Architekten dient hierbei nicht der detaillierten Planung sondern dazu, um Diskussionen zu provozieren und eine andere Zukunft vorstellbar zu machen. Was die Rückkehr palästinensischer Flüchtlinge räumlich impliziert und welche Aspekte diese heute beeinflussen, wird durch die stereoskopische Betrachtung zwei parallel existierender Orte der Flucht sichtbar. Dem zerstörten Herkunftsdorf Kafr 'Inan im heutigen Israel wird die gelebte Realität im Flüchtlingslager Nahr El-Bared im Libanon gegenübergestellt. Rückkehr nach Israel bedeutet Rückkehr in eine räumlich veränderte Realität und in eine Landschaft der bewusst überschriebenen Vergangenheit. In diesem Kontext gibt die angewandte Methode des Mappings die Geographie des Ortes als komplexes Wirkungsfeld räumlich-politischer Kräfte zu erkennen. Die Erinnerung an den abwesenden Ort der Herkunft durchläuft den Filter der Gegenwart und liefert die Bilder für eine räumliche Strategie der Rückkehr. Das ausgearbeitete Konzept reagiert auf die Notwendigkeit eines breiten Spektrums an Rückkehrmöglichkeiten und soll als ein Konzept unter vielen diskutiert werden. Die individuellen Praktiken der Rückkehr werden in Kafr 'Inan mit einer produktiven Landschaft verbunden, um die fortwährende Realität der Abwesenheit in einen realen Prozess der Gegenwart zu überführen.
Die Diplomarbeit Kafr 'Inan - Bilder der Präsenz für eine Landschaft der Abwesenheit. Ein räumliches Wiederlesen der palästinensischen Flüchtlingsfrage wurde vom Institut für Zeitgenössische Kunst (Ruby Jana Sircar) betreut.