Džana Ajanović
Betreuung:
Univ.-Prof. Mag.
Milica Tomić
Institut für Zeitgenössische Kunst
2025
Link zur Diplomarbeit
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Der Vraca-Gedenkpark in Sarajevo ist nicht nur ein physischer Ort, sondern ein umkämpftes Erinnerungsfeld, geprägt von sich überlagernden Geschichten von Imperium, Krieg, antifaschistischem Widerstand und Nachkriegsmarginalisierung. Errichtet 1981 um eine ehemalige k.u.k.-Festung, erinnert er an Tausende von Zivilist*innen und Widerstandskämpfer*innen, die an diesem Ort während des Zweiten Weltkriegs hingerichtet wurden. Dieses Projekt nutzt Vraca als Fallstudie, um genauer zu untersuchen, wie kollektive Erinnerung in postkonfliktiven Gesellschaften konstruiert, instrumentalisiert und letztlich gefährdet wird.
Anstatt den Ort als statisches Monument zu behandeln, wird er in dieser Forschung als dynamisches, vielschichtiges Archiv gerahmt – eines, das die breiteren politischen und kulturellen Verschiebungen in Bosnien und Herzegowina der letzten 150 Jahre reflektiert. Unter Rückgriff auf Architektur, kuratorische Theorie und Memory Studies führt sie das Konzept des collective curating als methodischen Ansatz ein, um mit fragmentierten Erinnerungsstätten umzugehen. Dies bedeutet, konkurrierende Narrative anzuerkennen, Vereinfachungen zu widerstehen und Abwesenheit nicht als Defizit, sondern als kritisches und konstruktives Element historischen Verstehens zu begreifen.
In einer Zeit, in der nationalistischer Geschichtsrevisionismus und institutionelle Vernachlässigung die öffentliche Erinnerung in der Region neu formen, plädiert die Arbeit für neue frameworks of care – solche, die Pluralität, kritische Auseinandersetzung und langfristige Verantwortung in den Vordergrund stellen. Sowohl ein Ort des Schreckens als auch ein Ort der Ehre ist Vraca kein isolierter Fall, sondern eine Linse, durch die wir neu darüber nachdenken können, wie wir uns mit einem schwierigem Erbe der Erinnerung in geteilten und ethnifizierten Gesellschaften auseinandersetzen.
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