IGE/LEHRE/THEMEN

Domed City

Choose your Sky

2014/15

Die Idee einer „Domed City“ fasziniert seit langer Zeit The idea of a domed city has intrigued science fiction Science-Fiction-Schriftsteller und Wissenschaftler. writers and scientists for a long time now.

1960 schlug Buckminster Fuller eine geodätische Kuppel mit einem Durchmesser von 3 km über Midtown Manhattan vor, die das Wetter regulieren und die Luftverschmutzung reduzieren sollte.

Zwischen 1991 und 1992 lebten acht Menschen in „Biosphere 2“ in der Wüste von Arizona, einem Kom- plex von miteinander verbundenen Kuppeln und Glaspyramiden, konzipiert und gebaut als ein von der Außenwelt abgeschlossenes System, mit dem Ziel, ein unabhängiges sich selbst erhaltendes geschlossenes ökologisches System zu schaffen. Die Ergebnisse des Experiments waren nicht schlüssig.

2010 wurde ein zwei Millionen Quadratmeter großer Dom für die Innenstadt von Houston, Texas vorge- schlagen, die das Klima regeln und die Stadt vor Hurrikans schützen sollte.

Ebenfalls im Juli 2010 wurde in Astana, der Haupt- stadt von Kasachstan, das Khan Shatyr Entertainment Centre eröffnet. Diese 150m hohe, hochtransparente Zeltkonstruktion wurde von Foster + Partners entwi- ckelt und bietet in einer der kältesten Städte der Welt, mit Wintertemperaturen bis zu -35°C ein Vergnüguns- zentrum auf über 100 000m2, darunter auch in Sand gebettete Swimmingpools mit Palmen und künstli- chem tropischen Klima.

2013 errichtete die International School of Beijing eine künstlich belüftete Domkonstruktion mit Luftfilteranla- gen über ihrem Sport- und Spielplatz, um ihre Schüler- vor der hohen Luftverschmutzung zu schützen.

2014 kündigten die Machthaber des wohlhabenden Persischen Golf Emirats Dubai an, dass sie bald mit dem Bau der weltweit ersten vollklimatisierten „Domed City“ in Dubai, einer der heißesten Städte der Welt, beginnen werden.

Im kommenden Studienjahr werden wir das Konzept einer „Domed City“ nach Buckminster Fuller aufgrei- fen und das Potenzial dieses Ansatzes ausloten und untersuchen, insbesondere vor dem Hintergrund der massiven technologischen Fortschritte die im Bereich der Materialforschung seit 1960 stattgefunden haben (z.B. jüngste Durchbrüche in Forschung machen den Einsatz von vollständig transparenten Solarzellen möglich). Es geht uns dabei vor allem um mögliche Antworten auf die Herausforderungen, mit denen un- sere Gesellschaft heute schon konfrontiert ist.

Neueste Arbeiten in Forschung und Lehre wie „Hyper Building City“, „Vertical Farming“ und „Teleworking and Energy Efficiency“ sowie Kollaborationen bei Projek- ten wie der Ecole Centrale Paris mit OMA Architekten haben unsere Entscheidung beeinflusst, noch einmal in die Stadt unter dem Dom zu schauen sowie die Idee von der Schaffung von Makroklimazonen in einer Klimahülle aufzugreifen.

Die Hauptforschungsfragen sind, welche Vor- und Nachteile die Umschließung eines großen Stadtge- bietes und die Schaffung einer klimatisch kontrol- lierbaren städtischen Umgebung innerhalb eines Doms haben könnte und welche Eigenschaften diese Umgebung haben sollte. Ist das System offen oder geschlossen? Ist die Haut luftdicht oder porös? Wird die Stadt aktiv klimatisiert oder passiv? Befinden sich die Energieversorgungssysteme innerhalb des Doms oder außerhalb? Wie würden sich diese Entscheid- ungen auf die Energieeffizienz der Stadt auswirken? Wie wäre das Wetter? Würde es mehr oder weniger vorhersehbar sein? Würde es Wind, Wolken und Re- gen oder sogar Schnee geben?

Weitere Fragen, die sich stellen sind: In welchen Klima- zonen und Regionen der Welt könnte ein Dom über ein größeres Gebiet eine sinnvolle Lösung darstellen? Ist es denkbar oder wünschenswert eine Vielfalt von möglichen Lebensräumen, Klimazonen und Nischen für unterschiedliche Lebensstile innerhalb eines Doms herzustellen? Eine Vielzahl von Mikroklimazonen in einem großen Makroklima? Und welche sozialen Aus- wirkungen könnte eine solche Abschottung für die Stadt haben? Dies ist kein neues Thema im Städte- bau: vor dem 19. Jahrhundert war es üblich, Städte zu befestigen und zu umschließen. Was für eine Gesell- schaft wird eine solche Architektur produzieren auch im Kontext von Gated Communities und totaler Über- wachung? Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, ob ein solcher Ansatz Potentiale bietet, andere Pro bleme und Herausforderungen unserer Städte zu lösen? In London, New York City und anderen Metropo- len gehören heute große Teile der Innenstadt reichen Spekulanten und Investoren, die selbst nicht Bewohner der Stadt sind. In diesen Städten kann nur die wohl- habende Bevölkerungsgruppe sich leisten, in der In- nenstadt zu wohnen, während die große Mehrheit der Bewohner gezwungen ist, weite Strecken zu pendeln. Könnte das Konzept eines Doms über der Innenstadt den Stadtbewohnern ihre Stadt zurückgeben?

Interessante architektonische Fragen stellen sich auch, insbesondere im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Gestaltung von Architektur und Plätzen innerhalb des Doms. In diesem Studienjahr werden die Studierenden der Projektübung mit einer Dom-Konstruktion basierend auf der Geometrie des Buckminster Fuller Projekts für New York City konfrontiert werden, zusammen mit all den möglichen Potentialen und Herausforderungen, die damit einhergehen. Sie werden die Freiheit haben - und auch die Verantwortung - Materialeigenschaften für die Domhülle zu wählen, wie Licht und Wärmeüber- tragung, Porosität, mögliche Energieproduktion usw. Als Team werden sie ein einen Masterplan für die Stadt entwickeln sowie in Einzelarbeit ein Gebäude inner- halb der „Domed-City“ entwerfen.

Wie immer am Institut für Gebäude und Energie werden auch dieses Jahr alle Lehrveranstaltungen am Jahresthema beteiligt und darin integriert sein. Durch Untersuchung verschiedener Aspekte, Analy- sen von Case-Studies sowie Arbeiten an Entwurfspro- jekten soll dieses spannende Gedankenexperiment behandelt werden. Die einzige Ausnahme stellt die Lehrveranstaltung „Gebäudetechnik“ dar, diese ge- hört zu den ersten Lehrveranstaltungen, die die Stu- dierenden des Bachelor-Studiengangs besuchen. Hier werden die Studierenden in die faszinierende Welt der Gebäudekonditionierung und Energiesysteme einge- führt. Durch einen neuen didaktischen Ansatz sollen an von den Studierenden gebauten architektonischen Modellen das Verständnis für das Zusammenspiel der beteiligten Systeme geschärft und deren architek- tonische Konsequenzen veranschaulicht werden.

Jahresbroschüre