Development of an Implicit Cell-Centred Finite Volume Solver for Nonlinear Solid Mechanics

Ausgangslage
Während die Finite Elemente (FE) Methode ein wesentliches Werkzeug für Berechnungen in der Festkörpermechanik darstellt, wird die Finite Volumen (FV) Methode hauptsächlich für Strömungsprobleme herangezogen. In den letzten Jahrzehnten wurden jedoch in etwa 400 wissenschaftliche Beiträge zur Anwendung von FV Methoden in der Festkörpermechanik veröffentlicht. Der allgemeine Ansatz orientiert sich dabei an der Verwendung der Methode für Strömungsprobleme, die im Besonderen im Zusammenhang mit nicht-orthogonalen Gittern einen Ansatz der verzögerten Korrektur (deferred correction approach) vorsieht. Dabei werden im Diffusionsterm Terme sogenannter Kreuzdiffusion (cross diffusion) gebildet, die explizit in den segregierten Lösungsansatz (segregated solution process) einfließen.


Im Gegensatz dazu ist es in der Festkörpermechanik in Kombination mit der FE Diskretisierung gang und gäbe, einen impliziten Lösungsansatz zu verfolgen. Die resultierenden linearen Gleichungen werden dabei in eine Blockmatrix assembliert und gelöst. Im Fall der Festkörpermechanik für große Deformationen ist es dabei üblich, die aufgrund der Kinematik und des Materialgesetzes nichtlinearen Lösungsgleichungen zunächst zu linearisieren und dann zu diskretisieren. Zur Lösungsfindung wird dabei das Newton-Verfahren verwendet. Für FE Methoden ist dieser Vorgang ausführlich in der Literatur beschrieben.


Ziel/Umsetzung
Ziel dieser Arbeit war es, einen zur FE Methode für nichtlineare Festkörpermechanik analogen Lösungsalgorithmus für die FV Methode zu entwickeln. Ausgangspunkt stellten hierbei das Kräftegleichgewicht ohne Volumenkräfte dar, sowie die Linearisierung dieses „Diffusionsflusses“. Die Diskretisierung basiert auf klassischen Ansätzen der Literatur für zellzentrierte Gitter, eine Besonderheit stellt jedoch die Verwendung des Least-Squares-Gradienten und die damit verbundene Entwicklung eines „impliziten“ Gradienten für das inkrementelle Verschiebungsvektorfeld dar.
Die abgeleiteten Gleichungen wurden in MATLAB implementiert. Das resultierende Programm SOOFVAM (Software for Object-Oriented Finite Volume Analysis in MATLAB), welches sich an der hauseigenen Software SOOFEAM (das entsprechende Pendant für Finite Elemente) orientiert, wurde durch Bildung von sechs verschiedenen Test Cases auf Herz und Nieren überprüft. Neben einem Vergleich zu FE Ergebnissen, wurde das Programm mit den beiden Open-Source Paketen OpenFOAM und foam-extend, die jeweils FV Solver für lineare und nichtlineare Festkörpermechanik beinhalten, verglichen. Die Ergebnisse zeigten, dass ähnliche, jedoch weniger präzise, Ergebnisse im Vergleich zu SOOFEAM erzielt werden können, und dass sich nur geringe Unterschiede zu den FV Lösern einstellen.


Herausforderungen
Die Implementierung wurde in drei Schritte unterteilt: Zunächst wurde die 2D Wärmeleitungsgleichung implementiert, um sich mit der Finite Volumen Methodologie auseinanderzusetzen. Ein erster Meilenstein war dabei die Routine für die Netzgenerierung für unstrukturierte Gitter, sowie eine erste Form des „impliziten“ Gradienten für die Lösungsvariablen. Danach wurden die Gleichungen in eine der Kontinuumsmechanik entsprechende Notation übersetzt und zunächst Beispiele für kleine Deformationen berechnet. Die Korrektur der Nichtorthogonalität sowie die Einarbeitung von Dirichlet-Randbedingungen stellten dabei die größten Herausforderungen dar. Schließlich wurden die Gleichungen für große Deformationen hergeleitet, sowie entsprechende Anpassungen der Implementierung vorgenommen. Eine saubere Notation der neu entwickelten Gleichungen sowie die Behandlung der Dirichlet-Randbedingungen im Falle des Newton-Verfahrens bereiteten gegen Ende noch einmal großes Kopfzerbrechen, wurden jedoch auch gemeistert.


Motivation
Ersten persönlichen Kontakt mit dem Institut hatte ich bereits im Bachelorstudium durch den Start meiner Tätigkeit als Studienassistent. Dabei habe ich sehr früh das angenehme und kollegiale Klima am Institut zu schätzen gelernt. Im Zuge meines Masterstudiums konnte ich mein Wissen sowie mein Interesse für die Kontinuumsmechanik der Festkörper vertiefen. Neben den Pflichtlehrveranstaltungen des Instituts, die die theoretischen Grundlagen der Kontinuumsmechanik für kleine und große Deformationen anhand der FE-Diskretisierung vermitteln, besuchte ich auch die mit diesen in Verbindung stehenden LVs „Laborübung Kontinuumsmechanik“ und „Rechnerübungen FE-Methoden“, in denen die erworbenen theoretischen Inhalte praktisch umgesetzt werden. Top aufbereitete Unterlagen, motivierte/motivierende Lehrende und fachliche Professionalität ließen mir damit quasi keine andere Wahl, als eine Masterarbeit an meinem „Heiminstitut“ zu schreiben.
In einem ersten Gespräch mit Hr. Prof. Hochrainer wurde mir das beschriebene Thema zum ersten Mal grob vorgestellt, dem ich mich, ob seines theoretischen Hintergrunds und des neuartigen Terrains für das Institut unbedingt widmen wollte. Die Thematik stellte sich mitunter als harte Nuss heraus, die jedoch aufgrund einer exzellenten Betreuung, welche durch eine eindeutige Vorgabe von Zwischenzielen, wöchentlichen Meetings (die aufgrund des vorgeschriebenen Lockdowns durch die COVID-19-Pandemie kurz unterbrochen und dann über Webex weitergeführt wurden) und fachliche wie persönliche Hilfestellungen geprägt war, mir jedoch auch genug Freiraum ließ, um mich dem Thema in seiner Fülle zu widmen und „auf eigene Faust zu forschen“, niemals als unmöglich erschien.
An dieser Stelle möchte ich erneut Herrn Univ.-Prof. Dipl.-Math.techn. Dr.-Ing. Thomas Hochrainer dafür danken, mir dieses durchaus fordernde, aber interessante Thema anvertraut zu haben und für das rege Interesse am Fortschritt der Arbeit. Weiters möchte ich mich im Besonderen bei Dipl.-Ing. Benedikt Weger, BSc, für alle anregenden Diskussionen, fachlichen Inputs und der im Allgemeinen ausgezeichneten Betreuung bedanken. Ich freue mich bereits darauf, zukünftig ein fester Bestandteil des Instituts zu sein!