Können Sie kurz Ihren Werdegang beschreiben?
Josef Saurer: Nach der Polytechnischen Schule habe ich eine Lehre als Tischler begonnen. Im Anschluss an die sieben Jahre im Lehrbetrieb war ich 22 Jahre in einer kleinen Tischlerei, hauptsächlich für Einrichtungsmöbel, als Werkstättenleiter und Tischler tätig. Seit fünf Jahren bin ich nun an der TU Graz am Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft und erstelle vorwiegend Modellbauten aus Plexiglas.
Wann wurde Ihnen bewusst, dass Sie in die Tischlereilehre gehen möchten?
Josef Saurer: In der Polytechnischen Schule stand für mich fest, dass ich einen Lehrberuf ausüben möchte. Ich wusste allerdings noch nicht, welche Lehre es werden sollte. Mein Großvater war Tischlermeister und in unserem Ort wurde eine Tischlerei betrieben, bei der ich schlussendlich meine Lehre als Tischler begann.
Wie kam es nach 22 Jahren im Tischlereibetrieb zum Wechsel an die TU Graz?
Josef Saurer: Ich bin auf eine TU Graz Stellenanzeige in der Zeitung aufmerksam geworden. Das Institut Wasserbau und Wasserwirtschaft suchte eine Tischlerin oder einen Tischler. Ich hatte noch keine Vorstellung davon, welche Aufgaben mich an einer Universität als Tischler erwarten würden. Ich war jedoch sofort interessiert, da mich das Element Wasser immer schon in seinen Bann zog. Während der Führung durch das Institut war ich bereits begeistert vom Labor und von den Werkstätten und dem vielseitigen Aufgabenbereich. Ab diesem Moment wusste ich, dieser Job entspricht genau meinen Vorstellungen einer Beschäftigung bis ins Pensionsalter.
Nähere Informationen zum Institut Wasserbau und Wasserwirtschaft finden Sie auf der Institutswebsite. www.hydro.tugraz.at
Wie sieht Ihr Arbeitsalltag als Tischler an der TU Graz aus?
Josef Saurer: Meine Hauptaufgabe in der Tischlereiwerkstatt besteht darin, Modelle für Wasserbauprojekte zu bauen, meist im Maßstab 1:25 (Playmobilgröße) oder 1:40 (Legogröße). Die von den Auftraggeberinnen oder Auftraggebern gefertigten Pläne werden für die Erstellung der Modellbauten abgeändert. Wasserschlösser für Pumpspeicherkraftwerke fertige ich vorwiegend aus Plexiglas. Dafür erstelle ich im Vorfeld Formen aus Holz, um das Plexiglas für das Modell im warmen Zustand darauf zu formen. Im Anschluss werden hydraulische Untersuchungen und bei Bedarf Umbauarbeiten durchgeführt.
Können Sie uns Beispiele Ihrer Modellbauprojekte nennen?
Josef Saurer: Unsere Projekte reichen von wissenschaftlichen Versuchen für Fischaufstiege und Flussläufe, über Modellarbeiten für Laufwasserkraftwerke mit großen Plexiglasrohren und Pumpbecken bis hin zur Fertigung von Abflusssystemen für den Semmering-Basistunnel. Für das Tunnelprojekt haben wir Drainageteile des Abflusssystems im Maßstab 1:1 nachgebaut, welche das Bergwasser ableiten. Ein weiteres Projekt war die Erstellung eines Modells für eine geplante Surfwelle in Graz. Auch wenn das Projekt nicht in die Umsetzungsphase kam, war die Arbeit und die Austauschtermine mit Auftraggebenden und Surferinnen bzw. Surfern sehr spannend, da wir gemeinsam im Labor testeten und im Zuge der Termine bereits das Modell verbesserten. Bei Schulführungen ist das Modell auch sehr beliebt. Zudem fertigte ich ein Modell für ein neues Wasserkraftwerk in Bruck an. Das Modell wurde im Anschluss an das Projekt im alten Wasserkraftwerk ausgestellt und kann seitdem dort besichtigt werden – was mich natürlich besonders stolz macht.
Unsere Projekte reichen von wissenschaftlichen Versuchen für Fischaufstiege und Flussläufe, über Modellarbeiten für Laufwasserkraftwerke mit großen Plexiglasrohren und Pumpbecken bis hin zur Fertigung von Abflusssystemen für den Semmering-Basistunnel.
Vor welchen Herausforderungen standen Sie zu Beginn Ihrer Tätigkeit?
Josef Saurer: Ich hatte mit den meisten Materialien durch meinen Beruf als Tischler bereits gearbeitet. Hauptsächlich natürlich mit Holz. In meiner jetzigen Tätigkeit arbeite ich jedoch vorwiegend mit Plexiglas. Dadurch bekam ich von meinen Kolleginnen und Kollegen auch den Spitznamen „Plexiglastischler“. Die Arbeit mit Plexiglas war zu Beginn eine Herausforderung für mich, denn runde Teile mussten gebogen, geklebt und aufgrund des Maßstabs sehr präzise verarbeitet werden. Ich sage immer, ich bin im 35. Lehrjahr, denn man lernt nie aus!
„Ich sage immer, ich bin im 35. Lehrjahr, denn man lernt nie aus!“
An welchem Projekt arbeiten Sie im Moment?
Josef Saurer: Derzeit arbeite ich an einem hydraulischen Modellversuch. Im Projekt geht es um die Verbesserung und Sanierung eines Pumpbeckens im Tiroler Hochgebirge. Der Bach, welcher grundsätzlich in das Schwarze Meer mündet, wird durch dieses Kraftwerk umgeleitet und fließt in eine andere Richtung in den Rhein und schlussendlich in die Nordsee. Für die Stromerzeugung fließt dieser Bach in ein kleines Becken des Kraftwerkes, wo das Wasser gesammelt und in ein großes Pumpspeicherkraftwerk gepumpt wird. Derzeit gibt es dort Lufteinschlüsse und Verwirbelungen, welche für das Pumpwerk nachteilig sind. Meine Aufgabe war es nun, das Modell im Maßstab 1:30 zu fertigen und Störelemente aus Kunststoff und Plexiglas zu erstellen, mit deren Hilfe wir in Testungen nun versuchen, die Lufteinschlüsse zu reduzieren.
Können diese Versuche nicht auch mit dem Computer simuliert werden?
Josef Saurer: Hydraulische Modellversuche sind oft durch numerische Versuche am Computer nicht ersetzbar. Direkt am Modell können verschiedene Varianten, wie beispielsweise Wasser-Luft Strömung und Turbulenzen, schneller getestet werden. Mittels Lasermessgeräten, fotografischen Aufnahmen, Einfärbungen des Wasserstroms oder der Einstreuung von Materialien werden realistische Situationen nachgestellt. Für Hochwassersimulationen wurden beispielsweise Baumstämme, Gehölz und Äste im entsprechenden Maßstab nachgebaut oder gestufte Sandkörnungen gekoppelt mit der Hochwasserwelle in den Flusslauf zugegeben und der Abtransport und Verlandungen beobachtet.
Was macht das Arbeiten an der TU Graz für Sie als Tischler so besonders?
Josef Saurer: Da ich als gelernter Tischler vorwiegend mit Holz gearbeitet habe, ist die Arbeit mit Wasser an der TU Graz für mich sehr spannend. Was die Modellarbeit für mich jedoch so besonders macht, ist die Beständigkeit der umgesetzten Projekte – das Wissen, dass diese für Jahrzehnte und länger gebaut werden. Auch die Zusammenarbeit mit Studierenden und Forschenden aus dem In- und Ausland macht mir persönlich sehr viel Freude. Generell hat das Arbeiten als Tischler an einer Universität sehr viele Vorteile im Vergleich zur Privatwirtschaft. Ich spreche aus Erfahrung, da ich 22 Jahre in einem Kleinbetrieb gearbeitet habe, wo der Zeitdruck und die körperliche Belastung um ein Vielfaches höher war. Die geregelten Arbeitszeiten und ein äußerst spannendes und abwechslungsreiches Aufgabengebiet mit großen, langfristigen Projekten machen das Arbeiten an der TU Graz besonders.
Besonders macht die Modellarbeit jedoch für mich die Beständigkeit der umgesetzten Projekte. Das Wissen, dass diese für Jahrzehnte und länger gebaut werden.
Welche Ausbildung wird für Ihre Tätigkeit an der TU Graz benötigt?
Josef Saurer: Die Aufnahmebedingung war eine abgeschlossene Lehre in einem holz- oder kunststoffverarbeitenden Beruf oder eine gleichwertige Schulausbildung. Es wurde nicht ausschließlich eine Tischlereilehre vorausgesetzt. Im Anforderungsprofil standen das Interesse an und Erfahrungen in der Modellerstellung, Vorbereitungsaufgaben für Versuchs- und Messaufbauten, sowie die Fähigkeiten zum Erarbeiten von Fertigungsabläufen anhand von Plänen.
Was sind für Sie die Vorteile eines handwerklichen Berufs?
Josef Saurer: Handwerkliche Berufe stellen eine gute Basis für die Weiterbildung dar. Sie sind sehr vielseitig und die erlernten Fähigkeiten und Fertigkeiten können breitgefächert verbessert werden. Es werden zudem im Zuge einer Lehre auch Fertigkeiten in verwandten Berufen erlernt. In jungen Jahren ist es natürlich schwierig, sich für den „richtigen“ beruflichen Weg zu entscheiden. Aber mit einer handwerklichen Lehre stehen viele Türen offen.
„Handwerkliche Berufe stellen eine gute Basis für die Weiterbildung dar. Sie sind sehr vielseitig und die erlernten Fähigkeiten und Fertigkeiten können breitgefächert verbessert werden.“
Wo sehen Sie die Vorteile einer Universität als Arbeitgeberin?
Josef Saurer: Die TU Graz bietet mir als Arbeitnehmer sehr viele Vorteile. Zum einen habe ich aufgrund der geregelten Arbeitszeiten und der Gleitzeit wieder mehr Lebensqualität. So kann ich beispielsweise mit dem Rad zur Arbeit fahren und habe privat auch mehr Zeit für die Familie und Sport. Aufgrund meiner großen Begeisterung für Themen, welche über meinen eigentlichen Tätigkeitsbereich hinausgehen, bin ich auch an Weiterbildungen interessiert. So konnte ich in den vergangenen Jahren einige Schulungen und Ausbildungen absolvieren.
Weitere Informationen zu Karrieremöglichkeiten finden Sie auf der Karriereseite der TU Graz. https://www.tugraz.at/tu-graz/karriere/ueberblick-karriere/
Wenn Sie die TU Graz in drei Worten beschreiben müssten, welche wären das?
Josef Saurer: Spannend, vielseitig und sicher!
Gibt es einen persönlichen Slogan, der sie auf Ihrem Lebensweg begleitet?
Josef Saurer: „Alles geht, wenn man will!“