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Beschäftigt mit Biomolekülen, Lichtenergie und guten Fragen

12/20/2022 | Face to face

By Sabrina Reiter

Universitätsassistentin Lucija Sovic forscht an Biotechnologie und Molekularbiologie und leistet damit einen nachhaltigen Beitrag für eine grüne Zukunft. Was sie sich dabei von Blättern abschaut und was ihr am Job gefällt, verrät sie im Interview.

Lucija Sovic ist Universitätsassistentin im Bereich Zellen- und Proteinengineering am Institut für molekulare Biotechnologie der TU Graz.

Was genau interessiert Sie an der Molekularbiologie und was versteht man unter der Forschung an Biomolekülen? 

Lucija Sovic: Mir hat Molekularbiologie schon gefallen als ich noch nicht wusste, wie diese Disziplin heißt. Denn bei der Molekularbiologie ist Logik gefragt und sie bietet eine gute Kombination aus mehreren Disziplinen, wie beispielsweise Biologie und Chemie. Molekularbiologie ist eigentlich ein Synonym für Biochemie. Das Interessante dabei ist die Beschäftigung mit Biomolekülen, so wie DNA, Proteinen, Kohlenhydraten und Lipiden. Es wird erforscht, was auf der molekularen Ebene im Körper passiert – beispielsweise bei der Ausschüttung eines bestimmten Hormons – und wie der Körper hier reguliert. Wir erklären jedoch anhand von Microscalen wie Enzyme in Mikroorganismen heißen und wie sie für gewünschte Reaktionen exprimiert und gentechnisch verändert werden können. 

Sie forschen als Universitätsassistentin für eine nachhaltigere Zukunft. Was genau kann man sich darunter vorstellen? 

Lucija Sovic: Derzeit bin ich an einem Forschungsprojekt beteiligt, welches das Ziel verfolgt, die Struktur und Funktion von grünen Blättern durch die Entwicklung einer dreidimensionalen „Festkörperzellenfabrik“ zu imitieren. Im FuturoLEAF Projekt geht es um die Co-Kultivierung von verschiedenen Mikroorganismen, unter anderem Cyanobakterien, Mikroalgen und anderen nicht-photosynthetischen Mikroorganismen. Wir versuchen, mit Wasser, Sonnenlicht und Kohlendioxid (CO2) verschiedene Moleküle herzustellen, die wiederum biologisch abbaubare Polymere liefern. Diese sind für die Herstellung von Arzneimitteln, Grundchemikalien oder auch Kraftstoffen relevant. 
In Folge reduzieren wir den CO2 -Anteil – und damit den Treibhauseffekt – in der Atmosphäre und nutzen die Energie des Lichtes als Kohlenstoff- bzw. Lichtquelle. Die zweite Komponente, die wir einsetzen, sind Enzyme, die die Reaktion zu den gewünschten Molekülen innerhalb der Zellen durchführen. Deswegen wirkt unser FuturoLEAF wie ein lebendes, vom Blatt inspiriertes System. 

„Wir versuchen, mit Wasser, Sonnenlicht und Kohlendioxid verschiedene Moleküle herzustellen, die wiederum biologisch abbaubare Polymere liefern. Diese sind für die Herstellung von Arzneimitteln, Grundchemikalien oder auch Kraftstoffen relevant.“

Das alles bewerkstelligen Molekularbiologinnen und Molekularbiologen?

Lucija Sovic: Um solche Vision zu verwirklichen, ist es essentiell, verschiedene Naturwissenschaften zusammen zu bringen. Wir als molekulare Biotechnologinnen und Biotechnologen arbeiten eng mit Kolleginnen und Kollegen aus der Biologie, Materialwissenschaft und Nanobiotechnologie zusammen. Durch die Expertise aus den unterschiedlichen Naturwissenschaften ist eine weitere Entwicklung neuer, nachhaltiger Systeme möglich.Warum das so spannend und cool ist: weil wir mit der Hilfe von Enzymen auf die chemische Synthese verzichten können, die oft toxische Chemikalien braucht, viel Müll produziert und gefährlich sein kann – für Menschen, die in diesem Bereich arbeiten ebenso wie für die Natur.

Nähere Informationen zum FuturoLEAF Projekt finden Sie auf der Webseite des Forschungsprojekts. https://futuroleaf.com/

Können Sie kurz Ihren Werdegang bis zu Ihrer jetzigen Tätigkeit am Institut schildern?

Lucija Sovic: 2015 begann ich mit dem Bachelorstudium Molekularbiologie im Rahmen von NAWI Graz. Das Masterstudium Biotechnologie an der TU Graz hatte einen sehr guten Ruf als Grundlage für gute zukünftige Jobmöglichkeiten. Am Ende meiner Masterarbeit hat mir mein betreuender Professor eine Stelle als Universitätsassistentin angeboten. Das war eine große Chance für mich, die ich gerne annahm. Derzeit bin ich im zweiten Jahr meines vierjährigen Doktoratsstudiums.

NAWI Graz-Studien sind naturwissenschaftliche Studien, die Uni Graz und TU Graz gemeinsam anbieten. Studierende lernen im Studium beide Universitäten kennen und finden viele Spezialisierungsmöglichkeiten vor.

Woran forschen Sie im Doktoratsstudium?

Lucija Sovic: Wir sind eine Biokatalyse- und Protein-Engineeringgruppe. Generell arbeiten wir mit Bakterien und Cyanobakterien, die rekombinante Enzyme exprimieren, für die Produktion von „Biopharmaceuticals and valuable products“. Mithilfe der Biokatalyse können Medikamente ohne Chemikalien und toxischen Substanzen hergestellt werden. Komponenten müssen nicht gekauft und entsorgt werden, weil der Stoffwechsel der Zelle dafür sorgt, wenn die Biokatalyse in vivo abläuft. Ein Beispiel für ein Endprodukt der Biokatalyse ist „Bioplastik“ – biologisch abbaubares Plastik, welches in der Medizin und Pharmaindustrie seine Anwendung findet. 

Lebendiger wissenschaftlicher Austausch, eine Ausbildung auf hohem Niveau und international beachtete Forschungsprojekte - das zeichnet die Doktoratsstudien an der TU Graz aus.

Gibt es neben der Forschung noch weitere Schwerpunkte?

Lucija Sovic: Am Institut bin ich neben meiner Forschung unter anderem verantwortlich für die Laborgerätewartungen sowie die Einschulungen in deren Nutzung. Ich übernehme viele Aufgaben in der Lehre aber auch organisatorische Tätigkeiten. Zusätzlich betreue ich Master- und Bachelorstudierende sowie Laborkurse für Bachelorstudierenden aus dem Molekularstudium. Hier geht es um das Bestellwesen der Laborutensilien und die Organisation der Kurse. Ich halte auch Präsentationen ab, korrigiere Protokolle und führe Prüfungen mit Studierenden durch.  

Warum entschieden Sie sich für ein Doktoratsstudium an der TU Graz und nicht für eine Karriere in der Wirtschaft? 

Lucija Sovic: In der Wirtschaft erfordert der Aufbau eines eigenen Labors sehr viele Ressourcen. Zum einen wird eine Lizenz für genetisch modifizierte Mikroorganismen benötigt, welche für die Abluftsysteme im Labor zugelassen sind. Zum anderen müssen Investoren und ein breites Netzwerk vorhanden sein. Der Vorteil an einem Doktoratsstudium ist für mich die Expertise aus mehreren Disziplinen, auf die ich an einer Universität zurückgreifen kann, die Zusammenarbeit mit den Forschenden, die diese Expertise mitbringen. Außerdem entstehen aus der gemeinsamen Forschung an einer Universität häufig Spin-offs, das heißt neu gegründete Unternehmen auf Basis neuer Forschungsergebnisse. Diese werden an der TU Graz sehr gut durch die Universitätsstrategie und die Professorinnen und Professoren unterstützt – und davon profitiert man auch als Forschender bzw. Forschende. 

Nähere Informationen zu „Gründen an der TU Graz“ finden sie auf der TU Graz Website.

Was gefällt Ihnen an Ihrem Job als Universitätsassistentin am meisten?

Lucija Sovic: Die Zusammenarbeit mit Studierenden. Ich lerne dabei auch persönlich viel, nicht zuletzt, weil ich Abstand zur eigenen Forschung bekomme. Oft sehe ich selbst nicht, warum etwas nicht funktioniert, doch durch den Austausch mit Studierenden bekomme ich objektives Feedback, das wiederum beim Vorankommen in der Forschung weiterhilft. Durch Fragen der Studierenden erkenne ich zudem, wie die Studierenden sich im Verlauf des Laborkurses entwickeln und zunehmend einen Überblick über den Stoff bekommen. 

Weitere Informationen zu Karrieremöglichkeiten finden Sie auf der Karriereseite der TU Graz.

Wo sehen Sie die Herausforderungen?

Lucija Sovic: Weil wir mit biologischen Zellen arbeiten, sind wir an deren Entwicklung gebunden. Je nach Mikroorganismus brauchen die Zellen zwei bis acht Tage zum Wachsen. Erst dann ist es möglich, mit der Forschung an diesen Zellen zu beginnen. Durch die zeitliche Begrenzung des Doktoratsstudiums entsteht manchmal Zeitdruck, da sich Zellen oftmals anders verhalten als erwünscht. Manchmal sterben sie, anstatt zu wachsen. An diesen Tagen ist die Zeit verloren, weil die notwendigen Experimente für die Forschung mit diesen Zellen nicht durchgeführt werden können. Generell sind Kontrollen sehr wichtig. Denn wenn beispielsweise eine von fünf Komponenten falsch pipettiert ist, muss ich von vorne beginnen. 

„Weil wir mit biologischen Zellen arbeiten, sind wir hier an deren Entwicklung gebunden. Je nach Microorganismus brauchen die Zellen zwei bis acht Tage zum Wachsen. Erst dann ist es möglich, mit der Forschung an diesen Zellen zu beginnen.“ 

Was sind Ihre Ziele für die Zukunft? Streben Sie eine Professur an? 

Lucija Sovic: Der Weg zur Professur ist streng definiert. Mein wahrscheinlicheres Ziel für die Zukunft nach meinem PhD-Studium wäre ein Job in der Industrie, da es dort mehrere Möglichkeiten für mich gibt. Ich bin auch offen für Auslandserfahrung. Allerdings ist Graz eine perfekte Kombination von guten westlichen und südlichen Gegebenheiten. Ich komme ursprünglich aus Kroatien und hier in Graz gibt es das Beste aus beiden Regionen. 

Mehr Informationen zu Graz, der zweitgrößten Stadt Österreichs, gibt es auf der TU Graz-Webseite „Leben in Graz für Studierende“. 

Ratschläge an Ihr jüngeres Ich?

Lucija Sovic: Initiative ist ein wichtiger Punkt – trau dich! Wichtig ist jedoch auch, nicht zu stur zu sein und sich Feedback einzuholen. Es kann in der Forschung nicht immer alles funktionieren. Dafür müssen sich Forschende nicht schämen, wichtig ist, es erneut zu probieren. Die Kommunikation mit Kolleginnen und Kollegen ist dabei wesentlich. Sie arbeiten täglich im Labor und an ähnlichen Themen. Daher bekomme ich viel schneller Informationen im direkten Austausch als aus der Literatur. Und wichtig ist es auch, im Berufsalltag flexibel zu sein, um sich auf verschiedene Gegebenheiten leichter einzustellen. 

Initiative ist ein wichtiger Punkt – trau dich!

Information

Name: Dipl.-Ing. Lucija Sovic, BSc
Aktuelle Position: Universitätsassistentin ohne Doktorat im Bereich molekulare Biotechnologie
Organisationseinheit: Institut für molekulare Biotechnologie der TU Graz
Ausbildung: Bachelorstudium Molekularbiologie, Masterstudium Biotechnology

Contact

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