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„Interessant wird es doch erst in der echten Welt!“

06.05.2024 | TU Graz news | Events | Planet research | FoE Information, Communication & Computing

Von Philipp Jarke

Der RoboCup soll Jugendliche für Naturwissenschaften und Technik begeistern. Gerald Steinbauer-Wagner erzählt, wie die Initiative entstanden ist und warum sie auch in Zeiten von generativer KI wichtig bleibt.

Beim RoboCup spielen Roboter einzeln oder in Zweierteams Fußball. Bildquelle: Verein RoboCupJunior Austria

News+Stories: Spätestens seit Chat-GPT scheint Künstliche Intelligenz allgegenwärtig. Spürt man das auch bei Events wie dem RoboCup?

Gerald Steinbauer-Wagner: Wir erleben derzeit einen Hype um Künstliche Intelligenz. Generative KI wie Chat-GPT ist in der Tat ein Meilenstein und funktioniert auch schon sehr gut. Aber: All das passiert rein in der virtuellen Welt! In der virtuellen Welt hat man immer Zugriff auf alle nötigen Informationen. Interessant wird es aber doch erst in der echten Welt! Wenn ich mit nicht vorhersehbaren dynamischen Situationen konfrontiert werde, und diese in einem Team lösen soll. Und genau darum geht es im RoboCup!

Der RoboCup ist mittlerweile eine Weltweit Initiative. Wie ist er ursprünglich entstanden?

Steinbauer-Wagner: Entstanden ist die Idee zum RoboCup, als Deep Blue gegen den amtierenden Schachweltmeister Kasparow gewonnen hatte. Damals dachten viele, jetzt sind die Computer uns Menschen überlegen. Aber das ist nicht so. Denn im Grunde ist das Schachspiel konzeptionell eine recht einfache Aufgabe: Ein Programm sucht in einem Spielbaum nach den besten nächsten Zügen. Durch die hohe Anzahl möglicher Züge ist der Computer dem Menschen gegenüber im Vorteil. Aber das hat nichts mit Intelligenz zu tun. Beim RoboCup sollte es um die Entwicklung intelligenter Systeme gehen. Also kamen die Gründer des RoboCup auf Fußball als Anwendungsfeld: Roboter müssen in einem dynamischen Umfeld agieren, im Austausch mit anderen Agenten und dabei eine nicht triviale Aufgabe lösen. Das war geniale Idee, denn Fußball interessiert sehr viele, wodurch wir viele für Robotik und Technik generell interessieren. Außerdem liefert Roboter-Fußball viele Erkenntnisse für die Forschung. Und drittens: Es steht keinerlei kommerzielles Interesse dahinter: Mit fußballspielenden Robotern kann man kein Geld verdienen, man macht es aus reiner Freude!

Viele Jugendliche verbringen sehr viel Zeit in der virtuellen Welt. Die Robotik und der RoboCup ist eine gute Brücke zur haptischen Welt.

Steinbauer-Wagner: Ja, und zur handwerklichen Komponente kommt noch etwas hinzu: Man muss die Umgebung verstehen und ich muss dieses Verständnis der Umgebung in den Computer übertragen. Die Umgebung ist aber „unsicher“, d.h. es können unvorhergesehene Dinge geschehen. Das macht den RoboCup so interessant. Und mit RoboCupJunior möchten wir Jugendlichen an diese Fragestellungen heranführen und ihnen ganz generell Lust auf Naturwissenschaft und Technik machen.

Wobei mit persönlich gar nicht mehr so wichtig ist, dass die Jugendlichen durch den RoboCup motiviert werden in einen technischen Beruf zu gehen oder ein Studium im Bereich Robotik oder Künstliche Intelligenz aufzunehmen. Wenn jemand durch den RoboCup ganz generell ein Interesse an Wissenschaft entwickelt und beispielsweise Meeresbiolog*in wird, dann ist das auch wunderbar. Wichtig ist, dass die Jugendlichen lang im Bildungssystem bleiben und dort etwas Sinnvolles tun! Für Menschen ohne guten Bildungsabschluss gibt es immer weniger Arbeit. Daher wollen wir möglichst viele Junge Leute erreichen und ganz generell zur höheren Bildung motivieren.

Erreicht man mit Initiativen wie dem RoboCup auch Jugendliche aus benachteiligten Milieus?

Steinbauer-Wagner: Wenn man ehrlich ist, erreichen wir zu wenige Jugendliche aus den sogenannten bildungsfernen Milieus. Es machen meist Schulen und Jugendliche mit, die eh schon ein Interesse am Thema haben. Um auch andere Gruppen zu erreichen, gehört mehr gemacht. Aber dafür haben wir derzeit leider zu wenig Ressourcen, materiell wie zeitlich. Da müssten wir zukünftig die Kräfte und Ressourcen stärker bündeln.

Zudem braucht es sicher auch Lehrkräfte in den Schulen, die den Drive haben, die Schüler*innen für solche außerschulischen Projekte zu motivieren.

Steinbauer-Wagner: Deswegen bin ich ja sehr froh, dass wir an der TU Graz nach wie vor Lehramtsstudien anbieten. Denn kreative und gut ausgebildete Lehrkräfte sind als Multiplikatoren unersetzlich.

 

Die RoboCupJunior Austrian Open finden am  9. und 10. Mai 2024 in der Messe Graz statt. Gastgeber ist die TU Graz, die die jährlich stattfindenden Wettbewerbe gemeinsam mit der FH Kärnten und der FH Technikum Wien koordiniert. Das Event in Graz ist zugleich die Qualifikationsrunde für die RoboCupJunior Europameisterschaft in Hannover und die RoboCup Weltmeisterschaft, die im Juli in den Niederlanden stattfindet.

Der RoboCupJunior ist Teil der weltweiten Bildungsinitiative RoboCup und hat das Ziel, Interesse an Naturwissenschaften und Technik zu wecken. Die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler erwerben auf spielerische Art Wissen über Robotik und Künstliche Intelligenz sowie andere relevante Gebiete wie Mathematik oder Physik.

Kontakt

Gerald STEINBAUER-WAGNER
Assoc.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn.
TU Graz | Institut für Softwaretechnologie
Tel.: +43 316 873 5723
gerald.steinbauer-wagnernoSpam@tugraz.at

Gerald Steinbauer-Wagner vom Institut für Softwaretechnologie. Bildquelle: Thomas Meier - FF TU Graz