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TU Graz besetzt Stiftungsprofessur für „Nachhaltiges Bauen“

01.02.2022 | TU Graz news | Forschung | Universität

Von Susanne Filzwieser

Alexander Passer ist Inhaber der neuen Professur „Nachhaltiges Bauen“ an der TU Graz. Im Fokus stehen die lebenszyklusbasierte Nachhaltigkeitsbewertung sowie emissionsarme, klimarobuste Bauweisen. Stifter ist der Fachverband der Stein- und keramischen Industrie.

Alexander Passer übernimmt die vom Fachverband Steine-Keramik gestiftete Professur für "Nachhaltiges Bauen" an der TU Graz. © Lunghammer – TU Graz

Der Bauingenieur Alexander Passer hat sich schon lange intensiv dem Thema der Nachhaltigkeit im Bauwesen gewidmet: Er leitet die „Arbeitsgruppe Nachhaltiges Bauen“ an der TU Graz, ist wissenschaftlicher Leiter des Universitätslehrgangs „Nachhaltiges Bauen“ von TU Graz und TU Wien sowie Vorstandsmitglied des Climate Change Centre Austria (CCCA). Kürzlich wurde er als wissenschaftlicher Berater für den Bereich Bauwesen in den vom BMK eingesetzten „Klimarat der Bürgerinnen und Bürger“ nominiert. Im Rahmen der mit Jänner 2022 gestarteten Stiftungsprofessur widmet sich der Bauingenieur nun noch intensiver den Schwerpunktthemen Klimaneutralität im Bauwesen, der Modellierung des Gebäudelebenszyklus und Methoden der lebenszyklusbasierten Nachhaltigkeitsbewertung.

„Der Bausektor birgt als großer Einzelverursacher von Treibhausgasen enormes Potential im Kampf gegen die Klimakrise. Das ist einer der Bereiche, in denen wir das Ruder unbedingt herumreißen müssen. Die Einrichtung der Stiftungsprofessur für Nachhaltiges Bauen und die Besetzung derselben mit dem ausgewiesenen Experten Alexander Passer wird starke und wichtige Impulse für nachhaltiges Bauen in Forschung, Lehre und Baupraxis geben“, ist TU-Graz-Rektor Harald Kainz überzeugt.

„Als österreichische Baustoffindustrie unterstützen wir die TU Graz bei der Etablierung des wissenschaftlichen Fachs „Nachhaltiges Bauen“ mit einer Stiftungsprofessur. Diese schafft aus unserer Sicht ideale Voraussetzungen für die Entwicklung von praxisnahen nachhaltigen Bauweisen, Bewertungsmethoden und neuen Modellen. Wir sind glücklich, mit Alexander Passer einen international anerkannten Fachmann gewonnen zu haben und freuen uns auf die Zusammenarbeit mit ihm und seinem Team“ ergänzt Robert Schmid, Obmann des Fachverbands Steine-Keramik.

Der Fachverband der Stein- und keramischen Industrie finanziert die Professur nach §99 des Universitätsgesetz für die Dauer von zumindest drei Jahren, mit der Option auf Verlängerung. Die Einrichtung der Stiftungsprofessur „Nachhaltiges Bauen“ unterstreicht die Nachhaltigkeit von Gebäuden als eigenständige wissenschaftliche Disziplin. Die Professur stellt eine zentrale Anlaufstelle für die Baustoff- und Bauindustrie dar. Darüber hinaus positioniert sich Passer als strategischer Partner für renommierte nationale und internationale Universitäten und Forschungseinrichtungen. Ein inhaltlicher Schwerpunkt ist die Weiterentwicklung und praxisgerechte Aufbereitung der Ökobilanzierung. Die Ökobilanzierung ist ein Instrument für den rechnerischen Nachweis der Umweltwirkungen eines Gebäudes über seinen gesamten Lebenszyklus hinweg. Zudem soll die Umsetzung von nahezu emissionsfreien und klimarobusten Bauweisen forciert werden. Dafür sollen auf Basis wissenschaftlicher Grundlagenforschung konkrete Wege zur Erreichung der Klimaneutralität im Bauwesen, innovative Baustoffe und Baumethoden sowie entsprechende Bewertungswerkzeuge zur Unterstützung des Bausektors entwickelt werden.

„Zu komplex für Einzelgänger“

Rund 40 Prozent des EU-weiten Energieverbrauchs und etwa 36 Prozent der CO2-Emissionen können dem Bausektor zugerechnet werden. Gebäude und Infrastrukturbauwerke sind damit die größten Einzelverursacher von Treibhausgasen. Unter dem Begriff „Nachhaltiges Bauen“ wird seit zwei Jahrzehnten versucht, die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung auf das Bauwesen anzuwenden: Bauwerke sollen ganzheitlich und aus der Lebenszyklusperspektive betrachtet geplant, errichtet und betrieben werden. Das Ziel ist, keine Altlasten für künftige Generationen zu hinterlassen, sondern vielmehr einen Mehrwert. „Das rechtsverbindliche Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2050, das im europäischen Green Deal festgehalten ist, führt zu einer verstärkten Nachfrage nach innovativen und klimaschonenden Baustoffen und Bauweisen. Gleichzeitig wird es zunehmend komplexer, die einzelnen, zahlreichen Aktivitäten zu überblicken, um das Ziel zu erreichen“, sagt der neue Stiftungsprofessor Alexander Passer. In der täglichen Baupraxis zeige sich, dass die Umsetzung eines nachhaltigen Bauens noch auf Hürden und ungelöste Probleme stößt.

„Nachhaltigkeit ist ein Imperativ, der ganzheitliches Denken verlangt“, sagt Passer. Er meint damit auch die fachübergreifende Bündelung aller Kräfte von Architektur und Ingenieursbau bis hin zu Material- und Energieforschung. „Biodiversität und Landverbrauch sind ebenso mitzudenken wie die Umweltverträglichkeit der Baustoffe und der Energieverbrauch der Gebäude“, skizziert Passer. Umso wichtiger ist in seinen Augen, dass die Professur nicht von einem einzelnen Unternehmen gestiftet wurde, sondern vom Fachverband der Stein- und keramischen Industrie. Die über 300 Fachverbandsmitglieder sind Unternehmen vielfältiger Industriesparten des Baustoffsektors, darunter Hersteller von Naturstein-, Ton- und Gipsprodukten oder auch die Zement-, Beton- und Ziegelindustrie. „Die Herausforderungen, die mit der Klimakrise einhergehen sind eindeutig zu komplex für Einzelgänger. Es braucht Lösungen für die gesamte Wertschöpfungskette im Bauwesen“, so Passer.

Alexander Passer wird künftig in den Fakultäten für Architektur sowie für Bauingenieurwissenschaften in Forschung und Lehre wirken. Angesiedelt ist die Stiftungsprofessur am Institut für Tragwerksentwurf (ITE) der Architekturfakultät der TU Graz. Stefan Peters, Leiter des Instituts für Tragwerksentwurf, erwartet mit dem erweiterten Team des Instituts einen deutlichen Schub in der Entwicklung neuer Lösungen für die tägliche Baupraxis: „Für die Errichtung von Baukonstruktionen werden in naher Zukunft neue Planungs-, Bewertungs- und Baumethoden zur Anwendung kommen müssen, um die auf europäischer Ebene vereinbarten Klimaziele zu erreichen. Das Institut für Tragwerksentwurf vereint dazu theoretische und experimentelle Forschung in enger Kooperation mit der Bau- und Baustoffindustrie.“

Etabliertes Thema an der TU Graz

Seit 2012 besteht an der TU Graz die sehr aktive Arbeitsgruppe für Nachhaltiges Bauen, die zunächst am Institut für Materialprüfung und Baustofftechnologie angesiedelt war und nun am Institut für Tragwerksentwurf beheimatet ist. Seit 2010 hat die TU Graz zudem gemeinsam mit der TU Wien den berufsbegleitenden Universitätslehrgang „Nachhaltiges Bauen“ im Weiterbildungsportfolio, dessen wissenschaftliche Leitung an der TU Graz nun auch Alexander Passer inne hat.

In den Startlöchern steht ein neues Forschungszentrum für Nachhaltiges Bauen, das die Aktivitäten mehrerer Gruppen zu Nachhaltigkeitsfragen im Bausektor an der TU Graz zusammenführen soll. Das Zentrum soll bis Mitte 2022 offiziell aus der Taufe gehoben werden und führt in den fünf strategischen Handlungsfeldern Städte und Regionen, Entwurf und Konstruktion, Material und Ressourcen, digitale Verfahren sowie Bewertungsmethoden gezielt Kompetenzen aus unterschiedlichen Instituten und Fakultäten zusammen. Es wird die Themen des neuen Stiftungsprofessors ebenso beheimaten wie andere, aktuelle Forschungsfragen.

Alexander Passer: Biografische Skizze

Alexander Passer wurde 1975 in Innsbruck geboren. Auf ein Bauingenieurwissenschaftenstudium an der TU Graz folgte ein Postgraduate Master im Bereich Sanierungsmanagement an der Donau Uni Krems. In seiner Dissertation befasste sich Passer mit Bewertungsmethoden für die umweltbezogene Qualität von Gebäuden. Seit 2011 war er zuerst Assistant Professor, danach Associate Professor für Nachhaltiges Bauen an der TU Graz und hat in diesen Jahren die Arbeitsgruppe „Nachhaltiges Bauen“ aufgebaut. Seit 2018 ist er Vorsitzender des Nachhaltigkeitsbeirats der TU Graz, seit 2019 ist Passer auch Vorstandsmitglied im Climate Change Centre Austria (CCCA). Passer wurde zudem 2022 als wissenschaftlicher Berater für den Bereich Bauwesen für den hundertköpfigen „Klimarat der Bürgerinnen und Bürger“ des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie nominiert.

Kontakt

Kontakt TU Graz:
Alexander PASSER
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. MSc
TU Graz | Institut für Tragwerksentwurf
Tel.: +43 316 873 5250
alexander.passernoSpam@tugraz.at

Kontakt Fachverband Steine-Keramik:
Andreas PFEILER
Geschäftsführer
Tel.: +43 5 90 900 3531
infonoSpam@baustoffindustrie.at

Im Rahmen der Stiftungsprofessur "Nachhaltiges Bauen" widmet sich Alexander Passer an der TU Graz unter anderem noch intensiver der Klimaneutralität im Bauwesen. © Lunghammer – TU Graz
TU Graz-Forscher Alexander Passer ist ein international anerkannter Fachmann für Nachhaltiges Bauen. © Lunghammer – TU Graz