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Die Abgasgesetzgebung Euro 6d für Dieselmotoren

01.07.2018 |

Von Eberhard Schutting

Neue Fahrzeugtypen müssen im Typprüfverfahren u.a. die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte nachweisen. Alte Verfahren wurden kritisiert, die reale Betriebsweise von Fahrzeugen ungenügend zu zeigen.

Eberhard Schutting ist Teamleiter im Forschungsbereich Antriebssysteme des Instituts für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik.

Aus diesem Grund wurde Ende 2017 von der Gesetzgeberin (der Europäischen Union) eine neue, zusätzliche Testprozedur eingeführt, bei der die Emissionen im realen Straßenverkehr gemessen werden. Diese Prozedur ist gemeinhin unter dem Kürzel RDE (Real Driving Emissions) bekannt. Durch die regelmäßige Verschärfung der Grenzwerte (2020 kommt mit Euro 6d die nächste) besteht nach wie vor großer Forschungsbedarf.

Am Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik wird im Rahmen des internationalen Forschungsprojekts ECO-PowerDrive 2 an Strategien zur Einhaltung dieser RDE-Gesetzgebung für Pkw-Dieselmotoren geforscht. Dafür werden sowohl experimentelle Untersuchungen am Motorprüfstand (siehe Abbildung 1) als auch umfangreiche Simulationen durchgeführt.

Die RDE-Gesetzgebung erfordert die Einhaltung der Grenzwerte unter einer großen Bandbreite an Bedingungen: Stadt- und Autobahnfahrt, defensive und aggressive Fahrweise, Sommer und Winter. Das bringt für die Abgasnachbehandlung außerordentliche Herausforderungen mit sich. Eines der größten Probleme ist es dabei, die nötige Betriebstemperatur der Katalysatoren zu erreichen und zu halten.

Das Temperaturproblem

Die Katalysatoren der Abgasnachbehandlung benötigen eine bestimmte Temperatur, um gut zu funktionieren. Dabei ist vor allem die untere Temperaturgrenze von etwa 200 °C problematisch. Die – aufgrund des hohen Wirkungsgrades – niedrigen Abgastemperaturen von Dieselmotoren führen nämlich oft dazu, dass diese Temperatur gar nicht oder zu langsam erreicht wird. Je weiter weg ein Katalysator vom Motor angeordnet ist, umso langsamer erwärmt er sich. Eine typische Anordnung für die aktuelle Gesetzgebung ist in Abbildung 2 schematisch dargestellt.

Typische Architektur einer Abgasanlage für die aktuelle Gesetzgebung.

Für die Konvertierung von Kohlenmonoxid (CO), Kohlenwasserstoffen (HC) und Stickoxiden (NOx) sind insgesamt zwei Katalysatoren nötig, dazu kommt noch der Partikelfilter. Bei einem sehr langsamen Stadtzyklus kann es beispielsweise vorkommen, dass sich die benötigte Temperatur auch nach einer halben Stunde Fahrt bei Weitem nicht einstellt – siehe Abbildung 3.

Technisch gesehen ist es kein Problem, die Abgasanlage in kürzester Zeit auf Temperatur zu bringen, aber die Herausforderung ist es, das möglichst effizient zu tun. Im ECO-PowerDrive 2 werden dazu verschiedenste Maßnahmen und Strategien untersucht. Zwei davon sollen hier vorgestellt werden.

Temperatur der Abgasnachbehandlung bei städtischem Stop-and-go-Verkehr

Lösungen

Eine naheliegende und überraschend effiziente Methode ist die Verwendung eines elektrischen Heizers. Dieser erwärmt den Katalysator sofort nach dem Start oder auch schon davor mit Strom aus der Batterie. Das funktioniert im Prinzip wie eine Sitzheizung, nur mit der zwanzigfachen Leistung. Damit kann der sogenannte „Katalysator Light-off“ hier bereits nach etwa 100 Sekunden erreicht werden. Ganz ohne Heizmaßnahme würde es über elf Minuten dauern, bis die Temperatur von 200 °C erreicht ist (hier am Beispiel des weiter entfernten Stickoxid-katalysators, siehe Abbildung 4).

Schnelleres Erwärmen des Katalysators durch einen elektrischen Heizer.

Die für das Heizen benötigte elektrische Energie muss vom Motor selbst erzeugt werden, und zwar mithilfe des Generators („Lichtmaschine“). Das erhöht natürlich den Kraftstoffverbrauch, aber es konnte gezeigt werden, dass diese Methode im Vergleich zu anderen dennoch günstiger ist. Leider steigen mit dem erhöhten Kraftstoffverbrauch auch die Schadstoffemissionen, was wiederum ein Problem ist, wenn das Abgassystem noch nicht warm ist. Bei einem elektrischen Heizer gilt es also vor allem, ein intelligentes Energiemanagement zu entwickeln, sodass in Summe ein Vorteil bei den Emissionen erzielt werden kann.

Da Katalysatoren hauptsächlich von den heißen Motorabgasen erwärmt werden, ist es vorteilhaft, sie so nahe wie möglich am Motor zu verbauen. Ein besonders radikaler Ansatz ist es, den Katalysator als erstes Bauteil nach dem Motor zu verbauen. Das ist deshalb radikal, weil der erste Bauteil normalerweise der Turbolader ist. Man spricht dann vom sogenannten „pre-turbine catalyst“.

Schnelleres Erwärmen eines Katalysators vor dem Abgasturbolader.

In Abbildung 5 kann man erkennen, dass der preturbine catalyst bereits nach etwa dreißig Sekunden seine Betriebstemperatur erreicht hat, während der standardmäßig angeordnete Kat erst nach über 100 Sekunden warm ist (hier am Beispiel des motornahen Oxidationskatalysators). Der Vorteil dieser Methode ist, dass nicht mehr Kraftstoff verbraucht wird. Der Nachteil ist, dass der Katalysator in Leerlaufphasen auch schnell wieder auskühlt. Ein weiterer Nachteil ist, dass dem Turbolader Energie weggenommen wird, was das sogenannte Turboloch deutlich verlängert.

Beide Technologien haben das Potenzial eines zukünftigen Serieneinsatzes, greifen aber auch sehr stark in das Gesamtsystem des Fahrzeugs ein, wodurch sie schwierig zu erforschen und zu entwickeln sind.

Kontakt

Eberhard SCHUTTING
Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik
Inffeldgasse 19/III
8010 Graz
Tel.: +43 316 873 30050
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